Urteil gegen Monopolisten Google

US-Gericht: Milliardenschwere Deals für die Voreinstellung der Suchmaschine im Web-Browser sind illegal

  • Andrej Sokolow, Washington
  • Lesedauer: 3 Min.
Was das Urteil für die Dominanz der Suchmaschine bedeutet, ist unklar.
Was das Urteil für die Dominanz der Suchmaschine bedeutet, ist unklar.

Google muss eine empfindliche Niederlage gegen US-Wettbewerbshüter einstecken. Ein Richter in Washington urteilte, der Konzern habe ein Monopol bei der Internet-Suche – und habe es mit unlauteren Mitteln gegen Konkurrenz verteidigt. Google will gegen das Urteil in Berufung gehen.

Die Klage war noch unter Präsident Donald Trump eingereicht worden. Unter Nachfolger Joe Biden führte die Regierung das Verfahren fort. »Der Sieg über Google ist ein historischer Sieg für das amerikanische Volk«, jubelte Justizminister Merrick Garland nach dem Urteil. Es zeige, dass kein Unternehmen über dem Gesetz stehe.

Welche Folgen die Gerichtsentscheidung vom Montag für Google, Internet-Nutzer und den Wettbewerb am Ende haben wird, ist offen. Es soll ein weiteres Verfahren zu möglichen Konsequenzen geben. Zudem dürfte eine Berufung Jahre dauern.

Im Mittelpunkt des Verfahrens standen die milliardenschweren Deals, mit denen sich Google jahrelang den Platz als voreingestellte Suchmaschine etwa im Web-Browser Safari auf Apple-iPhones oder bei Firefox sicherte. Der Richter Amit Mehta kam bei der Analyse des Falls zunächst zu dem Schluss, Google habe ein Monopol im Suchmaschinenmarkt. Dafür spreche, dass der Konzern Preise für Werbekunden erhöhen könne, ohne negative Folgen zu befürchten. Die Deals, mit denen Google zur Standard-Suchmaschine auf iPhones und in anderen Browsern wurde, hätten diese Marktposition zementiert – und das sei verbotenes Handeln gewesen, urteilte Mehta.

Welche Auflagen das US-Justizministerium als Kläger fordern wird, ist noch unbekannt. Auch ist unter Experten umstritten, wie effiziente Maßnahmen für mehr Wettbewerb im Suchmaschinen-Markt überhaupt aussehen könnten. In der EU etwa werden Nutzer seit Greifen des Digital-Gesetzes DMA im März bereits gefragt, welche Suchmaschine sie aus einer Liste als standardmäßig genutzte auswählen wollen. Sehr viele entscheiden sich dabei für Google, weil sie gute Erfahrungen damit gemacht haben, sodass sich kaum etwas an den Marktanteilen ändert.

Auch ist fraglich, ob vom Gericht einfach so angeordnet werden kann, dass Apple und der Firefox-Entwickler Mozilla in den USA ihr Verfahren zur Auswahl einer Standard-Suchmaschine ändern. Denn beide Firmen sind nicht Teil des Verfahrens. Der Richter selbst betonte in seinem rund 280 Seiten langen Urteil mehrfach, dass Google anderen Suchmaschinen überlegen sei. So verwies er auf die Äußerung von Apple-Manager Eddy Cue, es gebe gar keinen Betrag, für den Microsoft seiner Suchmaschine Bing die Voreinstellung auf Apple-Geräten erkaufen könne.

So könnte eine mögliche Konsequenz der Entscheidung sein, dass Google seine Marktposition behält, ohne sie sich mit Zahlungen an andere Plattformen zu sichern. Doch während Apple locker ohne die Google-Milliarden auskommen kann, sind sie für die Firefox-Entwickler eine zentrale Einnahmequelle.

Auch in den vergangenen Jahren konnten Nutzer in den USA zwar jederzeit eine andere Suchmaschine als Standard festlegen – viele bleiben jedoch bei der Voreinstellung. Richter Mehta kam zu dem Schluss, dass dadurch Rivalen keine Chance gehabt hätten, in den Web-Browsern Fuß zu fassen.

Kamyl Bazbaz von Google-Konkurrent DuckDuckGo sagte dem Branchen-Newsletter »Platformer«, eine Gegenmaßnahme wäre, die Nutzer von Zeit zu Zeit zu fragen, ob sie eine andere Suchmaschine ausprobieren wollen. Auch könne das Gericht anordnen, dass Google neue Schnittstellen für Rivalen schaffen muss – oder dem Konzern untersagen, abgewanderte Nutzer mit Pop-up-Nachrichten zu fragen, ob sie wieder zurückkehren wollten.

Der Internet-Riese konterte in dem Verfahren, Nutzer griffen auf Google zu, weil sie mit der Qualität der Suchergebnisse zufrieden seien. So sei Firefox einst auf Yahoo als Standard-Suchmaschine umgeschwenkt – nach zwei Jahren aber zu Google zurückgekehrt. Auch nach dem Urteil betonte der Konzern, der Richter habe mehrfach anerkannt, dass von Google die beste Suchmaschine komme. Deshalb werde man in Berufung gehen. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.