Berliner Friedhöfe: Vandalismus statt Ruhe

Mehr als hundert Diebstähle oder Sachbeschädigungen werden pro Jahr auf Friedhöfen registriert

Auf einem Friedhof zu klauen oder zu vandalieren sei pietätlos, findet Besucher Hans-Joachim Gottwald.
Auf einem Friedhof zu klauen oder zu vandalieren sei pietätlos, findet Besucher Hans-Joachim Gottwald.

Regenbogenfarbige Plastikwindräder drehen sich im Rhythmus des Windes. Frische Blumen liegen neben Stofftieren und Engel-Figuren. Die Kindergräber auf dem evangelischen Sankt Petri-Luisenstadt-Friedhof strahlen viel Liebe aus.

Doch zuweilen herrscht auf dem Friedhof eine ganz andere Stimmung. »Achtung Vandalismus«, steht auf einem eingeschweißten Zettel eines Baumes. »Leider mussten wir am 23.07.2024 einen großflächigen Vandalismus auf unserem gesamten Friedhofsareal feststellen. Wir haben Anzeige gegen unbekannt bei der Polizei erstattet!«, heißt es weiter in der Warnung, die von der Verwaltung des evangelischen Friedhofsverbands Berlin Stadtmitte verfasst wurde.

Auf eine nd-Anfrage erklärt Antje Kochanowski, Assistentin der Geschäftsführung des Verbandes, dass Mitarbeiter*innen an jenem Tag Blumen entdeckt hätten, die aus Gräbern herausgerissen worden waren. Zusammen mit einzelnen Dekorationsobjekten hätten diese auf dem Friedhof verteilt herumgelegen. Die Mitarbeitenden hätten sich sofort an die Wiederherstellung der Ordnung gemacht. Warum Menschen so etwas tun, kann Kochanowski nicht erklären – sie sei ohne Worte.

Doch Vandalismus und Diebstahl auf Friedhöfen kommen immer wieder vor. Eine Antwort des Innensenats auf eine schriftliche Anfrage des Linke-Abgeordneten Kristian Ronneburg ergibt, dass 2023 insgesamt 170 solcher Fälle polizeilich registriert worden sind. In 13 Fällen konnte mindestens eine tatverdächtige Person ermittelt werden.

Welche Objekte konkret von Diebstahl betroffen sind sowie eine nähere Beschreibung der Art des Vandalismus können weder die Polizei noch die Friedhofsverwaltungen auf Presseanfrage bis Redaktionsschluss sagen. Mehrere Friedhöfe ziehen Konsequenzen und schließen nachts ihre Tore ab, andere halten die Hecken- und Buschbepflanzung kurz. Neukölln hätte bei der Auswahl der verwendeten Materialien darauf geachtet, »andere Materialien zu verbauen, um den Anreiz zu reduzieren«, heißt es in der Senatsantwort.

»Das können nur Leute machen, die keinerlei Anstand haben.«

Hans-Joachim Gottwald
Besucher auf dem evangelischen Sankt Petri-Luisenstadt-Friedhof

Um präventiv vorzugehen, könne die Polizei Bildaufnahmen aufzeichnen, erklärt Staatssekretärin Franziska Becker. Doch »Brennpunkte an Friedhöfen sind statistisch nicht zu erkennen, sodass kein Einsatz präventiver polizeilicher Videotechnik geplant ist«, so Becker.

In der Tat ist auch auf dem Sankt Petri-Friedhof trotz mehrerer Warnschilder von ausgerissenen Blumen keine Spur. Lediglich rote, punktförmige Farbflecken auf einzelnen Grabsteinen lassen einen stutzig zurück. Doch diese hätten nichts mit Vandalismus zu tun, erklärt Friedhofsbesucher Hans-Joachim Gottwald.

»Das kann bei meiner Oma auch sein, die wohnt da«, sagt Gottwald, zeigt mit dem Finger nach rechts und schmunzelt über seine eigene Wortwahl. »Die liegt da unten«, korrigiert er schnell. Er erklärt, dass die roten Farbflecken lediglich ein Zeichen dafür seien, dass das Nutzungsrecht für ein Grab ausgelaufen ist.

Der 73-Jährige ist gekommen, um den Grabstein seines Vaters zu pflegen. Drei-, maximal viermal im Jahr sei er hier. Früher seien besonders Blumen geklaut worden, erinnert er sich zurück. Das sei in der DDR gewesen, als Blumen noch teuer und selten waren. Mittlerweile sei das anders. Vom Vandalismus habe er nichts mitbekommen, sollte es passieren, sei es »eine Pietätlosigkeit«, sagt er. »Das können nur Leute machen, die keinerlei Anstand haben«.

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