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3x3-Basketball: Ein Abend für die Ewigkeit

Die deutschen 3x3-Basketballerinnen feiern in Paris ihr Olympiagold und viele wundersame Geschichten

Marie Reichert, Svenja Brunckhorst, Elisa Mevius und Sonja Greinacher (v.l.) suchten im Moment des Sieges einander und ein bisschen Ruhe.
Marie Reichert, Svenja Brunckhorst, Elisa Mevius und Sonja Greinacher (v.l.) suchten im Moment des Sieges einander und ein bisschen Ruhe.

Als die Goldmedaille sicher war, schufen sich die deutschen 3x3-Basketballerinnen einen Moment der Stille inmitten der tosenden Arena La Concorde: Soeben war die Uhr abgelaufen. Höchstens zehn Netto-Minuten dauert ein Basketballspiel in der Variante drei gegen drei, nur zwölf Sekunden hat jedes Team, um einen Korb zu erzielen, vielleicht die komprimierteste Variante aller Ballsportarten, ein Dauersprint unter nur einem Korb.

Am Montagabend um 22.45 Uhr jedenfalls standen Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Marie Reichert und Elisa Mevius im Viereck, die Köpfe zusammengesteckt und versuchten, zu Atem zu kommen. Niemand sagte ein Wort: Kein Freudentänzchen, stattdessen Besinnung. Innehalten. Den Moment inhalieren.Was sagt man da einander nach so einem unglaublichen Erfolg? »Wir haben uns erst angeschwiegen, es musste kurz sacken«, verriet Greinacher, als sie und ihre Mannschaftskameradinnen die Arena nach der umjubelten Siegerehrung schließlich verlassen hatten, die Goldmedaille um den Hals. »Und dann haben wir uns gesagt, wie unglaublich stolz wir aufeinander sind und wie froh, dass wir vier zusammengespielt und uns so gefunden haben! Ich meine, Deutschland hat Gold im 3x3! Ich bin überwältigt.«

Tatsächlich war es ein märchenhaftes Turnier für das Quartett, das erst kurz vor dem Turnier in dieser Konstellation zusammengefunden hatte. Die 20-jährige Elisa Mevius war erst eine gute Woche vor Olympia nach dem Kreuzbandriss einer Mitspielerin ins Team gerutscht. Nun narrte die Studentin im olympischen Finale ihre spanischen Konkurrentinnen mit ihren schnellen Drehungen, zwang sie zu mehreren Fouls und steuerte vier wichtige Punkte zum Endstand von 17:16 bei.

Oder die wundersame Story von Sonja Greinacher (32) und der gleichalten Svenja Brunckhorst, zwei verdiente Nationalspielerinnen im »normalen« Basketball der Variante fünf gegen fünf, bei denen schon die Gedanken über das Karriereende aufgeflammt waren, ehe sich beide vor drei Jahren entschieden, sich an den Stützpunkt Hannover zu begeben, um in die Finessen jener Streetballvariante eingeweiht zu werden, mit der der organisierte Basketball-Sport vom Boom der Straßenversion profitieren will. Greinacher und Brunckhorst hatten schließlich auch mit dem 5x5-Team die erste Olympiaqualifikation eines deutschen Frauen-Teams geschafft und sich dann entscheiden müssen: 5x5 oder 3x3? Sie wählten das Richtige.

Oder die 23-jährige Marie Reichert aus Kassel, die vor dem Halbfinale noch spekuliert hatte, ob der Übervater des deutschen Basketballs womöglich mal beim 3x3 der Frauen vorbeischauen würde: Dirk Nowitzki, einer der besten Spieler der nordamerikanischen Profiliga NBA. »Als er dann wirklich da war, haben wir uns natürlich noch mal mehr gefreut«, sagte Reichert. »Es ist natürlich eine super Ehre, vor solchen Legenden zu spielen.«

Auf der VIP-Sitzbank am Rand des 15 mal 11 Meter großen Spielfelds hatte neben Nowitzki noch ein weiterer europäischer NBA-Superstar der Vergangenheit Platz genommen. Pau Gasol drückte seinen Spanierinnen die Daumen, wie auch der spanische König Felipe VI. Ihre Landsfrauen auf dem Feld durfte man wie die Deutschen als Überraschungsfinalistinnen bezeichnen, auch sie waren als erstes spanisches Quartett bei einem olympischen 3x3-Finale dabei. »Ich bin absolut glücklich über Silber«, verriet Gracia Alonso nach dem verlorenen Endspiel. »Die Deutschen waren heute einfach in den entscheidenden Momenten besser.«

Tatsächlich behielten die Frauen des Deutschen Basketball-Bundes die Nerven, auch als sie früh zurücklagen. Svenja Brunckhorst zog wie gewohnt die Fäden, während Sonja Greinacher ihre Körpergröße wie im gesamten Turnier zum Scoren einsetzte. Nach einem 8:12 arbeitete sich das Team Schritt für Schritt wieder zurück, bevor die 1,88 Meter große Punktelieferantin den entscheidenden Distanzwurf zum 17:15 traf. »Dieses Team ist mental so stark. Das ist unglaublich wichtig. Generell im Sport, aber im 3x3 noch mal mehr«, so Greinacher. »Es ist ja ein sehr, sehr kurzes Spiel. Die Fähigkeit, da nicht die Nerven zu verlieren, spricht für dieses Team.«

Ganz nebenbei schafften die DBB-Frauen auch die allererste Olympiamedaille für ihren Verband überhaupt: »Dass es die Frauen sind, die das geschafft haben, freut mich besonders«, sagte Brunckhorst, die nun mit Olympiagold ihre Karriere beendet und künftig bei Alba Berlin als Managerin für die Frauen und Mädchen arbeiten wird. »Ich hoffe, dass jetzt ganz viele kleine Mädchen und Jungen in Deutschland sehen, was das für ein toller Sport ist – wie viel Passion darin steckt.«

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