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Immer mehr LGBTQ-Athleten feiern Erfolge bei Olympia
Die Zahl der LGBTQ-Athleten ist in Paris auf Rekordniveau. Auch sportlich hat die Szene viel zu bejubeln
Als María Pérez im Saal für die Pressekonferenz Platz nahm, wirkte sie souverän. »Alles, was sich jetzt für mich ändert, ist, dass sich ein Kreis geschlossen hat«, sagte die Frau, die kurz zuvor noch mit schmerzverzerrtem Gesicht hinter der Ziellinie gejubelt hatte. In der Mixed-Staffel im Gehen hatte die Spanierin am Mittwoch zusammen mit ihrem Teamkollegen Álvaro Martín Gold geholt. Für Pérez war es schon die zweite Medaille in Paris, nachdem sie zuvor Silber im Einzel gewonnen hatte.
Und Pérez gab sich gleich als Familienmensch. »Diesen Erfolg müssen wir nun mit unseren Liebsten feiern. Die stecken ja am meisten zurück.« Während so ein Statement wie eine Allerweltsfloskel des Hochleistungssports klingt, hatte es im Fall der 28-Jährigen auch im Jahr 2024 noch eine gesellschaftspolitische Dimension. Pérez lebt mit ihrer Ehefrau, der Musikerin Noe Moorillas zusammen. In Spanien ist sie nicht nur als Athletin bekannt, sondern auch als Verfechterin der Anerkennung sexueller Vielfalt.
In Paris ist Pérez mittlerweile in illustrer Gesellschaft. Bei den Olympischen Spielen sehen sich mehr Athletinnen und Athleten als je zuvor der LGBTQ-Gemeinschaft zugehörig, identifizieren sich also offen als lesbisch, schwul, bi, trans oder auf eine andere Weise queer. Und zählt man all diese Personen als imaginäre Athletendelegation zusammen, so spielen sie im Medaillenspiegel sogar eine starke Rolle. Mit Stand vom Dienstagnachmittag würde es für so ein »Team LGBTQ« für Rang elf reichen.
Damit stünde man knapp hinter den Niederlanden und Deutschland, aber vor Kanada, Neuseeland, Ungarn oder Schweden. Dies berichtet das Portal outsports.com, das sich auf LGBTQ-Themen und Sport spezialisiert hat und seit mehreren Jahren ein solches imaginäres Team listet, das aus allen aktuellen Olympiateilnehmenden besteht, die sich hier zugehörig fühlen. In Paris hat »Team LGBTQ« bis jetzt sechsmal Gold gewonnen, elfmal Silber und acht Bronzemedaillen. Es dürfte noch nicht das Ende gewesen sein.
Jene Delegation besteht in Paris aus 195 Athletinnen und Athleten. Noch nie war sie so groß. Zahlenmäßig würde das Team mittlerweile auf Rang 15 liegen, direkt vor Ungarn und Belgien. Zum Vergleich: Deutschland ist durch 428 Personen vertreten. Der derzeitige Platz im Medaillenspiegel ist insofern schon als starkes Abschneiden zu werten.
Die Betreiber jener Website finden aber noch einen wichtigeren Grund, stolz auf die dargebotenen Leistungen zu sein, denn mit den bisherigen Ergebnissen sei man »jedem einzelnen Land voraus, das Homosexualität unter Strafe stellt«. Zudem wächst die Zahl von Elite-Athleten, die sich offen den LGBTQ-Stempel geben, in den jüngsten Olympia-Ausgaben rasant. 2021 in Tokio waren es noch 186 Personen, 2016 in Rio bloß 56 und 2012 in London gar nur 23.
Die sexuelle Identität oder Orientierung privat zu halten, ist dabei nicht immer auch eine private Entscheidung. Am Rande der Spiele von Paris erklärte die Belgierin Charline Van Snick gegenüber der Nachrichtenagentur AP: »Während meiner Karriere wurde mir gesagt, ich müsste hetero sein, um mediale Aufmerksamkeit und Sponsoren zu generieren. Dorthin hat man mich gedrängt, sodass ich nicht wirklich sein konnte, wer ich sein wollte.« Olympiabronze im Judo 2012 in London reichte nicht, um Sponsoren zu finden? Ähnliche Beispiele gibt es viele.
Ohnehin ist zu vermuten, dass die wahre Zahl eines LGBTQ-Teams deutlich höher liegt. Geht man von der üblichen Schätzung aus, dass rund zehn Prozent aller Menschen homosexuell sind, müssten von den rund 10 000 Athletinnen und Athleten in Paris etwa 1000 schwul oder lesbisch sein. Weitere queere Personen könnten die Anzahl noch erhöhen.
Was außerdem für eine hohe Dunkelziffer spricht: Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern steht im »Team LGBTQ« bei etwa 9 zu 1, offenbar weil schwule Sportler nach einem Outing noch immer mehr Anfeindungen fürchten. Und während mehr als 200 Nationen am Start sind, setzt sich das geoutete Team aus Athletinnen und Athleten aus nur 26 Ländern zusammen – zuzüglich des internationalen Flüchtlingsteams, dem Cindy Ngamba angehört. Die Länder, die offene LGBTQ-Personen ins Rennen schickten, liegen vor allem in Amerika, Westeuropa und Südostasien.
Aus Frankreich kommen neun. Schon das aber scheint einigen im sich als weltoffener Gastgeber präsentierenden Land zu viel zu sein. Die konservative Lobbygruppe Citizen Go startete vor den Spielen eine Petition gegen das Pride House in Paris, das ein queerfreundliches Programm bietet. 13 500 Personen haben unterschrieben. Ihr Argument: Ein Pride House würde all jene ausschließen, die damit nichts anfangen können. Nun ja, das ist auch der Sinn des Ganzen. Es soll ein Safe Space sein.
Der Versuch, das Haus zu stoppen, ist gescheitert. Im Zentrum der französischen Hauptstadt ist es nicht nur in Betrieb, sondern hochfrequentiert. Für das »Team LGBTQ« gibt es derzeit ja auch viel zu feiern.
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