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IOC-Chef Bach: »Bin nicht mehr der beste Kapitän«

Thomas Bach macht den Platz an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees frei

  • Christian Hollmann
  • Lesedauer: 5 Min.
IOC-Präsident Thomas Bach glaubt daran, dass ein Führungswechsel dem Olympischen Komitee helfen wird.
IOC-Präsident Thomas Bach glaubt daran, dass ein Führungswechsel dem Olympischen Komitee helfen wird.

Kurz brach Thomas Bach die Stimme weg. Tief bewegt von dem Moment, in dem er seinen baldigen Abschied vom höchsten Amt des Weltsports verkündete, musste sich der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) noch einmal sammeln. Für das digitale Zeitalter »bin ich in meinem Alter nicht mehr der beste Kapitän. Neue Zeiten brauchen neue Anführer«, sagte der 70-Jährige am Ende der 142. Generalversammlung des Internationalen Olympischen Komitees im Palais des Congrès von Paris.

Anders als von so manchem Beobachter erwartet will Bach nicht die olympische Charta aushebeln lassen um über die seit 1999 geltende Amtszeitbegrenzung hinaus an der Spitze des IOC zu bleiben. Im kommenden März soll bei der nächsten Sitzung des Olympischen Komitees sein Nachfolger gewählt werden, am 24. Juni 2025 wird der neue Chef sein Amt antreten. »Unserer Organisation hilft ein Führungswechsel am meisten«, versicherte Bach.

Fast ein Jahr hatte der Fechtolympiasieger von 1976 die olympische Welt im Unklaren darüber gelassen, ob er eine erneute Wiederwahl anstrebt. Der gebürtige Würzburger hatte den Chefposten beim IOC 2013 als Nachfolger des Belgiers Jacques Rogge übernommen. Nach acht Jahren an der Spitze war er 2021 für vier weitere Jahre im Amt bestätigt worden. Eine erneute Wiederwahl ist gemäß der olympischen Charta nicht möglich.

Bach: »Gespräche haben mich sehr beeindruckt«

Mehrere IOC-Mitglieder hatten sich zu Beginn der IOC-Session in Mumbai im vergangenen Oktober aber für eine Reform der Statuten ausgesprochen, um Bach eine weitere Amtsperiode zu ermöglichen. »Diese Gespräche haben mich sehr beeindruckt und mein Herz berührt«, sagte Bach zu den internen Diskussionen über eine Fortsetzung seiner Präsidentschaft.

Unter Berufung auf eine Empfehlung der IOC-Ethikkommission hatte sich Bach nicht vor dem Ende der Sommerspiele in Paris zu seiner Zukunft äußern wollen. Das hinderte auch potenzielle Thronerben daran, in einen offenen Wahlkampf einzusteigen. Die große Mehrheit der aktuellen IOC-Mitglieder ist unter Bach in das Gremium aufgerückt und dem Deutschen damit verbunden.

Doch nun macht Bach den Weg frei. Inmitten eines Bestechungsskandals und einer tiefen Vertrauenskrise um das IOC hatte der Jurist 1999 selbst an der Reform der olympischen Agenda hin zu einer Amtszeitbegrenzung mitgewirkt. Dieser Vorgabe wolle er sich jetzt beugen, um die Glaubwürdigkeit des IOC nicht zu beschädigen, beteuerte Bach.

»Ich weiß, dass ich mit dieser Entscheidung viele von Euch enttäusche. Ich kann Euch nur bitten zu respektieren, dass ich überzeugt bin, dass dies im besten Interesse unserer geliebten olympischen Bewegung ist«, sagte der IOC-Chef. Er habe vor seinem Entschluss lange überlegt und ausführlich auch mit seiner Familie diskutiert.

Dem Tempo der technologischen Veränderungen aber sei er nicht mehr gewachsen, machte Bach klar. Ein neuer Chef des IOC müsse tief in die digitale Welt eintauchen, »sonst kann man unsere olympische Bewegung nicht durch die hohen Wellen dieses Tsunamis steuern«, erklärte Bach.

Hinweise für die Suche nach einem Nachfolger

Das dürfte ein Fingerzeig für die IOC-Mitglieder gewesen sein. Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletik-Weltverbands und zuletzt Widersacher von Bach, ist 67 Jahre alt und damit nur drei Jahre jünger als der Deutsche. Den Aufstieg des Briten an die IOC-Spitze dürfte Bach verhindern wollen.

Als weitere Anwärter auf die Nachfolge werden Juan Antonio Samaranch junior (64), Sohn des früheren IOC-Präsidenten aus Spanien, Prinz Feisal bin al-Hussein aus Jordanien (60) und der Franzose David Lappartient gehandelt. Der 51 Jahre alte Chef des Radsport-Weltverbands holte zuletzt als Bewerbungschef die Winterspiele 2030 nach Frankreich und ist einer der Aufsteiger in der Weltregierung des Sports.

Als Signal des Umbruchs könnte es Bach aber auch gefallen, das Zepter an eine Frau zu übergeben. IOC-Vizepräsidentin Nicole Hoevertsz (60) aus Aruba oder Simbabwes Sportministerin Kirsty Coventry (40) könnten Kandidatinnen dafür sein, die seit 130 Jahren währende Ära der Männer an der IOC-Spitze zu beenden.

Russlands Staatsdoping als Schatten über Bach-Ära

Bach versprach in jedem Fall einen geordneten Übergang und ein bestelltes Feld. Bis 2034 sind die Sommer- und Wintergastgeber für Olympia bereits ausgewählt. Für die Spiele 2036 und 2040 gebe es bereits eine zweistellige Zahl an Bewerbern. Zudem verwies Bach auf die Milliardenverträge mit Sponsoren und Medienpartnern, die bis weit ins nächste Jahrzehnt abgeschlossen seien.

Unter Bachs Führung hat das IOC eine Reihe von Reformen beschlossen, mit denen die Olympischen Spiele moderner und finanziell noch erfolgreicher wurden. Zugleich wurden dem früheren Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbunds immer wieder ein autokratischer Führungsstil und eine zu große Nähe zu Kreml-Chef Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping vorgeworfen.

Der Skandal um Russlands staatlich organisiertes Doping bei den Winterspielen 2014 in Sotschi liegt als großer Schatten über der Bach-Era. Auch in seiner Amtszeit umrankten die Olympischen Spiele Korruptionsaffären. Gerade in seinem Heimatland sehen viele daher Bach und sein IOC weiter sehr kritisch. dpa/nd

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