Wie starb Mouhamed Lamine Dramé?

Neue Details im Prozess gegen Polizisten

  • David Bieber, Dortmund
  • Lesedauer: 3 Min.
Sidy und Lassana Dramé sitzen in den Räumen ihrer Rechtsanwältin hinter einem Foto ihres von Polizeischüssen getöteten Bruders Mouhamed Dramé.
Sidy und Lassana Dramé sitzen in den Räumen ihrer Rechtsanwältin hinter einem Foto ihres von Polizeischüssen getöteten Bruders Mouhamed Dramé.

Fast genau zwei Jahre nach dem Tod von Mouhamed Lamine Dramé, dem jungen senegalesischen Flüchtling, der in Dortmund auf ein besseres Leben hoffte, kommen immer mehr Details an die Öffentlichkeit. Durch sie lassen sich allmählich die Umstände, die zu seiner Tötung führten, rekonstruieren. Der 16 Jahre alte Mouhamed war am 8. August 2022 von der Dortmunder Polizei erschossen worden. Dabei sollen die beteiligten Polizisten ihn nicht vor dem Gebrauch von Pfefferspray, Tasern und vor allem Schusswaffen gewarnt haben.

Ein Sachverständiger des Landeskriminalamts in Düsseldorf hat am Mittwoch vor dem Schwurgericht des Landgerichts Dortmund über die Funktionsfähigkeit der Maschinenpistole, aus der die tödlichen Schüsse auf Mouhamed abgefeuert wurden, ausgesagt. Demnach war die Maschinenpistole »voll funktionsfähig und wies keine Mängel auf«. Tests im Labor, so der Gutachter, bestätigten eindeutig, dass die Projektile, die Mouhamed getroffen haben, nur aus der Maschinenpistole des sogenannten Sicherungsschützen Fabian S. abgefeuert worden waren.

Erörtert wurde auch, ob der Beamte die Maschinenpistole im Einzel- oder Dauerfeuer benutzt hatte. Es macht nämlich einen Unterschied, ob ein Schütze seine Pistole selbst bedienen muss, um Schüsse abzugeben, oder ob er den »Dauerfeuer-Modus« eingeschaltet hat. Hierbei geht es um die Frage, ob Fabian S. gezielt einzelne Schüsse oder ob er kaum steuerbare Schüsse im Dauerfeuer abfeuern ließ. Das festzustellen, war dem Sachverständigen nicht mehr möglich. Der Gutachter will aber beides nicht ausschließen. Zeugen sagten zuvor aus, dass der »Sicherungsschütze« die Waffe nicht auf Dauerfeuer eingestellt hatte.

Als Folge aus der Erschießung des jungen Senegalesen hat das Landesamt für die Ausbildung von Polizisten in NRW ein neues Einsatztraining mit Fokus auf den Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen entwickelt. Mouhamed war in einer solchen. Er hatte ein langes Messer gegen seinen Bauch gehalten – in »suizidaler Absicht«, heißt es laut Polizeiangaben.

Wie der WDR berichtet, sollen Beamte künftig unbedingt versuchen, solche Situationen so lange wie möglich statisch, also ruhig, zu halten, zur Not auch unter Einbeziehung externer Hilfen wie Dolmetschern, Psychologen oder einem Sondereinsatzkommando. Im vergangenen Jahr waren Dienstgruppenleiter der NRW-Polizeien bereits diesbezüglich verpflichtend geschult worden. Das Landgericht verhandelt seit vergangenem Dezember gegen fünf beteiligte Beamt*innen unter anderem gegen den Einsatzleiter Thorsten H. sowie den Todesschützen Fabian S. Mouhamed Lamine Dramé starb, nachdem er von fünf Schüssen aus der Maschinenpistole getroffen und zuvor mit Pfefferspray sowie Tasern angegriffen worden war.

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