Streik bei Süßwarenherstellern: Für ein größeres Stück vom Kuchen

Gewerkschaft fordert 9,9 Prozent mehr Lohn in der Süßwarenindustrie

Kein fairer Handel: Streikender vor dem Bahlsen-Firmengelände
Kein fairer Handel: Streikender vor dem Bahlsen-Firmengelände

Müssen Naschkatzen um ihren Nachschub bangen? Nach Gewerkschaftsangaben sind in Berlin 400 Mitarbeiter der Süßwarenindustrie in den Warnstreik getreten. Betroffen sind unter anderem die Storck-Fabrik in Reinickendorf, in der die bekannte Merci-Schokolade produziert wird, und das Bahlsen-Werk in Neukölln, wo die populären Pick-Up-Riegel hergestellt werden. Die Warnstreiks begannen schon am frühen Montagmorgen um vier Uhr. Am Vormittag versammelten sich die Streikenden zu einer zentralen Kundgebung vor dem Bahlsen-Betriebsgelände.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert 9,9 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 360 Euro Lohnsteigerung. »Die Unternehmen haben im vergangenen Jahr Rekordgewinne gemacht«, sagt Gewerkschaftssekretärin Rebecca Rahe zu »nd«. Die Konzerne konnten in Verhandlungen mit dem Einzelhandel Preissteigerungen durchsetzen. »Diejenigen, die den Gewinn erwirtschaftet haben, sollen jetzt auch beteiligt werden«, fordert Rahe.

Bislang konnte noch keine Einigung erzielt werden. In einer ersten Tarifrunde Anfang August hatten die Süßwarenhersteller ein Angebot vorgelegt: 3,1 und 2,6 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten über 28 Monate sollten die Beschäftigten erhalten. Verhandelt wird in sechs der bundesweit insgesamt neun Tarifgebieten.

Auf Gewerkschaftsseite sorgte das Angebot für Kritik: Vor allem die geplante Laufzeit von mehr als zwei Jahren ist den Arbeitnehmervertretern zu lang. »Aktuell würde das eine leichte Reallohnsteigerung bedeuten«, sagt Gewerkschaftssekretärin Rahe. »Aber kein Mensch weiß, wie sich die Inflation in den kommenden Jahren entwickeln wird.« Die Gewerkschaften fordern daher eine Laufzeit von zwölf Monaten.

Auch dass das Angebot keine absoluten Mindestbeträge enthält, kritisieren Gewerkschaftsvertreter. »Fast 50 Prozent der Beschäftigen in der Industrie werden nach den unteren Tarifgruppe bezahlt«, so Rahe weiter. Betroffen seien vor allem Mitarbeiter an den Verpackungsmaschinen. Von prozentualen Lohnsteigerungen würde diese Gruppe absolut weniger profitieren. Auch bei einer Ausbildungsvergütung würde das Angebot nur minimale Lohnsteigerungen bedeuten. Hier fordert die NGG einen Mindestbetrag von 190 Euro.

Dass sich die NGG schon nach einer Tarifrunde zum Warnstreik entschlossen hat, stößt bei den Arbeitgebern auf Empörung. »Anstatt wie vereinbart im Frühherbst weiter zu verhandeln, sehen wir uns nun völlig überzogenen Streiks gegenüber – und dies trotz fairer Angebote, die die Arbeitgeber in wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterbreitet haben«, kommentiert Mario Mundorf, tarifpolitischer Geschäftsführer des Bundesverbands der Süßwarenindustrie, in einer Pressemitteilung. Angesichts gestiegener Rohstoff- und Energiekosten könnten die Unternehmen keine höheren Lohnsteigerungen leisten.

»Wenn die Arbeitgeber produktive Verhandlungen gewollt hätten, hätten sie ein vernünftiges Angebot vorgelegt«, entgegnet Gewerkschaftssekretärin Rahe. Bei den Tarifverhandlungen habe man »ein Konzert des Gejammers« erlebt, sagt sie. Dabei gehe es den Unternehmen gut. »Wir lassen uns davon nicht verarschen«, sagt Rahe. Die nächste Tarifrunde ist für Oktober vereinbart.

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