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  • »From the River to the Sea«

Amtsgericht Tiergarten: Parolenstreit endet mit Festnahmen

Verhandlung zur umstrittenen Parole »From the River to the Sea« in Berlin wurde ausgesetzt

Dei Kundgebung vor dem Amtsgericht wurde von der Polizei aufgelöst
Dei Kundgebung vor dem Amtsgericht wurde von der Polizei aufgelöst

Der Richter am Amtsgericht Tiergarten plante einen kurzen Prozess. Ganze 45 Minuten sah er vor, um eine höchst strittige Frage zu klären. Daria M. wird vorgeworfen, die Parole »From the River to the Sea – Palestine will be free« gerufen und damit ein Kennzeichen der verbotenen Hamas verwendet zu haben. Doch aus der Verhandlung wurde nichts. Die Verteidiger*innen hätten angekündigt, Anträge zu stellen, was dem Gericht nicht bekannt gewesen sei, sagte eine Gerichtssprecherin. »Deswegen sieht sich das Gericht nicht in der Lage, in der anberaumten Verhandlungszeit heute zu einer Entscheidung zu kommen.«

»Das ist ein Ausweichen«, sagt eine der Verteidiger*innen der Angeklagten, Nadija Samour, im Gespräch mit »nd«. Der Richter wisse, dass die Frage kontrovers sei. »Das ist ein Eingeständnis, dass er mit der Wucht an Aufmerksamkeit, aber auch an Solidarität für meine Mandantin nicht gerechnet hat.«

Anders als bei anderen Gerichtsverhandlungen, bei denen es um den Inhalt der Parole ging, etwa die Frage, ob man sich mit dem Rufen der »Volksverhetzung« oder der »Billigung von Straftaten« schuldig mache, fußt die Anklage in diesem Fall auf einer Entscheidung des Bundesinnenministeriums (BMI). Dieses hatte im November 2023 gleichzeitig die islamistische Hamas und das Gefangenennetzwerk Samidoun verboten. Im Zuge dessen erklärte das Ministerium die Parole »From the River to the Sea« – ohne zweiten Teilsatz – zum Symbol beider Vereinigungen. Für Nadija Samour eine Falschbehauptung. »Die Zuordnung zu diesen Organisationen ist eine Erfindung, um Demonstrationen kleinzuhalten, um Leute einzuschüchtern, um Abschiebungen möglich zu machen«, so die Anwältin.

Eine solche Kundgebung fand vor dem Gericht in Solidarität mit der Angeklagten statt. Nach mehreren Redebeiträgen, die sich einerseits mit der Parole, andererseits der Situation Palästinas befassten, wurde auch dort die inkriminierte Parole gerufen. Die Polizei löste die Kundgebung just in dem Moment auf, als eine Aktivistin eine Rede über die Polizeigewalt hielt, mit der sich die palästinasolidarische Bewegung in Deutschland in den letzten Monaten konfrontiert sieht. Eine Gruppe Polizist*innen unterbrach die Rede, indem sie von hinten in die Menge drängte und Kabel aus der Lautsprecheranlage riss. Anschließend hinderte die Polizei Kundgebungsteilnehmer*innen am Gehen und erteilte per Lautsprecheransage Platzverweise. Daraufhin folgten brutale Festnahmen: Eine Person wurde am Kopf gepackt und zu Boden gerissen. Umstehende, die versuchten, den Betroffenen zu Hilfe zu eilen, wurden gestoßen und vereinzelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die Polizei nahm auch die ursprünglich Angeklagte fest.

Eine Polizeisprecherin teilt »nd« auf Anfrage mit, dass auf der Kundgebung volksverhetzende Parolen gerufen worden seien. Da der Anmelder nicht auf die Versammlung eingewirkt habe, sei die diese aufgelöst worden. Zu wie vielen Festnahmen es insgesamt kam, konnte die Sprecherin nicht sagen.

Der Anmelder sieht das im Gespräch mit »nd« anders: Die Polizei habe auf Vorwände gewartet, um die Kundgebung aufzulösen, und dann reihenweise Leute gewaltsam festgenommen. »Nachdem der Richter den Prozess hat platzen lassen, wollte die Polizei ein Zeichen setzen, dass die Parole in Berlin nicht erwünscht ist.« Dauerhaft werden sich die Gerichte allerdings vor Entscheidungen nicht drücken können.

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