Tarifstreit bei Reporter ohne Grenzen

Gewerkschaft ruft zu »aktiver Mittagspause« auf

Die Organisation »Reporter ohne Grenzen« setzt sich für Pressefreiheit ein. In Deutschland ringen ihre Beschäftigten derzeit um einen Tarifvertrag.
Die Organisation »Reporter ohne Grenzen« setzt sich für Pressefreiheit ein. In Deutschland ringen ihre Beschäftigten derzeit um einen Tarifvertrag.

Es wäre das erste Mal in der 30-jährigen Geschichte des Vereins »Reporter ohne Grenzen«: Die derzeit 47 Beschäftigen der deutschen Sektion könnten bald von einem Tarifvertrag profitieren. »Daran kommt der Verein nicht mehr vorbei«, schätzt Jörg Reichel, Gewerkschaftssekretär bei der Deutschen Journalisten Union (DJU) für Berlin-Brandenburg, im Gespräch mit »nd«. Über die Ausgestaltung gibt es allerdings noch keine Einigung zwischen der Gewerkschaft und der Geschäftsführung.

Bislang gibt es lediglich ein Gehaltsmodell mit automatischen Stufensteigerungen, erklärt Maik Thieme, einer der Geschäftsführer bei der deutschen Sektion der internationalen Organisation, auf »nd«-Anfrage. Die Nichtregierungsorganisation setzt sich weltweit für Pressefreiheit und gegen Zensur ein. Die deutsche Sektion ist Teil der 1985 gegründeten internationalen Organisation »Reporters sans frontières« mit Hauptsitz in Paris. Sie ist organisatorisch und finanziell eigenständig.

Die Geschäftsführung in Deutschland hatte sich vor knapp vier Monaten zu Verhandlungen bereit erklärt. Bislang ist aber noch keine Einigung erzielt worden, da auch nach der vierten Tarifverhandlungsrunde Ende Juli von der Arbeitgeberseite kein verbessertes Angebot vorgelegt wurde, erklärt Reichel. Vielmehr wolle die Geschäftsführung lediglich den Status quo mit einem Haustarifvertrag fortschreiben.

»Das reicht uns nicht«, sagt der Gewerkschaftssekretär. »Uns geht es um die Tarifierung von relevanten Entgeltsteigerungen mit der Perspektive einer Angleichung der Entgelte Richtung TV-L sowie weitere signifikante materielle Verbesserungen.« Konkret geht es um zwei zusätzliche Urlaubstage, eine Fortschreibung der Tarife je nach Länge der Betriebszugehörigkeit und eine Arbeitszeitverkürzung auf 37 Stunden für alle Beschäftigten ohne Gehaltsverlust.

Der laut Verdi »längst überfällige« Tarifvertrag soll dabei in zwei Etappen umgesetzt werden. In der ersten Phase geht es um einen Manteltarifvertrag und Gehaltserhöhungen. Dieser Tarifvertrag soll bis Ende März kommenden Jahres beidseitig kündbar sein, um danach in Phase zwei einzusteigen. So jedenfalls der Plan von Verdi.

Die Geschäftsführung soll sich dazu bislang ablehnend verhalten haben, wollte sich aber zu den laufenden Verhandlungen nicht äußern. »Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Einzelheiten der Forderungen unserer Mitarbeitenden nicht öffentlich kommentieren, sondern in den dafür vorgesehenen Gesprächsrunden mit Verdi sowie unseren Mitarbeitenden«, hieß es auf nd-Anfrage.

Die Organisation finanziert sich überwiegend über Spenden. Im Jahr 2023 verzeichnete der Verein Einkünfte in Höhe von knapp 3,5 Millionen Euro, ein Rückgang von zwei Millionen gegenüber dem Vorjahr. Zudem überstiegen die Ausgaben im vergangenen Jahr erstmals seit 2019 wieder die Einnahmen, um etwa 350 000 Euro, wie aus dem Jahresbericht der Organisation hervorgeht. Dabei machen die Personalkosten mit zwei Millionen den größten Teil der Ausgaben aus.

Angesichts der derzeit angespannten finanziellen Lage des Vereins geht Verdi davon aus, dass die Geschäftsführung »uns nur minimal entgegenkommen wird, wenn überhaupt.« Um dennoch den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen, ruft Verdi für Montag zu einer ersten öffentlichkeitswirksamen Protestaktion in Form einer »aktiven Mittagspause« vor dem Vereinssitz in Berlin auf.

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