Metalle gegen Menschenrechte

Der Handel mit Kupfer und Co ist intransparent, ausbeuterisch und kaum reguliert, zeigt eine Recherche der NGO Powershift

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Kupferbergbau ist Teil einer undurchsichtigen Lieferkette voller Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung.
Der Kupferbergbau ist Teil einer undurchsichtigen Lieferkette voller Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung.

Ganze Dörfer wurden in Peru umgesiedelt, zum Beispiel Morococha in der Provinz Yauli. Der Grund: Der chinesische Bergbaukonzern Chinalco hat an dieser Stelle eine Kupfermine errichtet. Damit verbunden sind Umweltverschmutzungen, die die Gesundheit vieler Arbeiter*innen und Anwohner*innen beeinträchtigt. »Gleichzeitig sind wir abhängig vom Kupfer-Bergbau«, berichtet Vanessa Schaeffer-Manrique vom peruanischen Netzwerk Red Muquí.

Sie ist froh, dass die Berliner NGO Powershift nun eine umfassende Recherche zu den Auswirkungen des Metallhandels vorgelegt hat, wie sie in einer Pressekonferenz am Donnerstag zur Vorstellung der Publikation erklärte. Bislang sei kaum etwas über die Branche bekannt, die Rohstoffe liefert, die unter anderem für den Ausbau erneuerbarer Energien und die Digitalisierung wichtig sind.

Unternehmen berufen sich auf ihre Geschäftsgeheimnisse, sagt Vanessa Fischer, Autorin von »Metallhandel: Der blinde Fleck in der Lieferkette«. »Das war zunächst sehr frustrierend für uns.« Doch dann sei sie bei der Recherche auf einen Vertrag zwischen dem kanadischen Bergbauunternehmen Adventus Mining und der niederländischen Rohstoffhandelsfirma Trafigura gestoßen. Ersteres habe sich mit einer Mine in Ecuador heftigen Widerstand der lokalen Bevölkerung und einen Gerichtsprozess eingehandelt, weil es eine wichtige Umweltverträglichkeitsprüfung nicht richtig durchgeführt haben soll. Trafigura unterstützte das Projekt mit mindestens 55 Millionen US-Dollar, so Fischer.

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Während der Bergbau früher oft von staatlicher Seite subventioniert wurde, werde die Finanzierung heute meist von privaten Rohstoffhändlern übernommen. Allein Trafigura habe dafür Kreditlinien von 75 Milliarden US-Dollar bei insgesamt etwa 150 Banken aufgenommen. Außerdem würden solche Händler verschiedene Teile der komplizierten metallischen Lieferkette durch Kauf und Verkauf verbinden. Da dieses Geschäft kaum reguliert werde, gehe es häufig mit Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen einher.

Bei einer Mine in Namibia, in der stark arsenhaltiges Kupfer abgebaut wurde, seien giftige Abfälle unter freiem Himmel gelagert worden und viele Beschäftigte an Krebs gestorben. Fischer sieht »eine Mitverantwortung« bei der Schweizer Firma IXM, die Alleinabnehmer des Rohstoffs gewesen sei und »die volle wirtschaftliche Kontrolle hatte«. Trafigura wiederum arbeite mit dem chinesischen Aluminiumproduzenten Tianshan zusammen, der uigurische Zwangsarbeiter*innen einsetze.

Ein weiterer Kniff, den unter anderem Trafigura anwende: Die Firma kaufe stark arsenhaltiges Kupfer – laut eigener Publikation »zum Discountpreis« – und mische es vor dem Weiterverkauf mit anderen Konzentraten. So betreibe sie Minen, die wegen ihrer Umweltauswirkungen gar nicht erlaubt sein dürften. Gleichzeitig erschwere sie die Rückverfolgbarkeit im Lieferkettengeflecht.

Ein besonderes Problem sieht Powershift in der Schweiz, über die im vergangenen Jahr 60 Prozent des kaum regulierten globalen Metallhandels gelaufen sei. Dieser lasse sich bis in die Kolonialzeit zurückverfolgen und habe 2021 zu 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Alpenrepublik beigetragen – »mehr als die Banken«, erklärt Anna-Sophie Hobi, die an der Norwegian University of Life Sciences zu Rohstoffhandelsnetzwerken forscht. Gleichzeitig wisse man in der Schweiz nicht genau, wie groß der Sektor sei. Der Bund gehe von 950 Unternehmen und 10 000 Arbeitsplätzen aus; in der Branche würden zum Teil aber ganz andere Zahlen kursieren. »Die Intransparenz ist Teil des Wirtschaftskonzepts«, so Hobi. Ihrer Ansicht nach fehlt der Schweiz ein Konzernverantwortungsgesetz – eine entsprechende Volksabstimmung war 2020 gescheitert.

Es brauche dringend verbindliche Standards für eine Regulierung des Rohstoffmarkts, schlussfolgert Vanessa Fischer. Also vor allem ein Verbot des Handels mit Produkten, für die Menschenrechte verletzt oder die Umwelt zerstört werden. Dass Bergbaufirmen entsprechende Standards einhalten, müsse bei der Kreditvergabe sichergestellt werden. Die Unternehmen sollten Daten über die Herkunft gemischter Konzentrate an alle Kund*innen der Lieferkette weitergeben, eine Wertschöpfung im Globalen Süden ermöglichen und Abhängigkeiten vermeiden, fordert Powershift. Dafür müsse sich auch die deutsche Regierung einsetzen.

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