Ukraine: Rotation für die Macht

Daniel Säwert über die ukrainische Regierungsumbildung

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 2 Min.
Neue Leute für den Machterhalt: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sein Kabinett massiv umgebaut.
Neue Leute für den Machterhalt: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sein Kabinett massiv umgebaut.

Großes Stühlerücken in Kiew. Dort hat Präsident Wolodymyr Selenskyj in den vergangenen Tagen sein Kabinett ordentlich durchgerüttelt und den seit Monaten erwarteten größten Regierungsumbau seiner Amtszeit durchgebracht. Eine offizielle Begründung, warum gleich neun Machtpositionen neu besetzt wurden, gibt es nicht. Lediglich inhaltsleere Phrasen wie »Wir brauchen neue Energie«.

Eben jene Energie soll Außenminister Dmytro Kuleba gefehlt haben, der als prominentestes Kabinettsmitglied seinen Posten räumen musste. Bei den ausländischen Amtskollegen beliebt, war Kuleba bei seinem Präsidenten schon länger in Ungnade gefallen. Der forderte von seinem Chefdiplomaten weniger Diplomatie und dafür mehr Waffen. Die besorgte Kuleba zwar, aber nicht genug, weshalb der Präsident ihm fehlende Aggressivität bescheinigte. Nun soll es der Karrierediplomat Andrij Sybiha richten, der aus dem Präsidentenbüro nachrückt.

Selenskyj fehlt es aber nicht nur an Waffen, sondern vor allem an Rückhalt der Menschen im Land. Gerade einmal 54 Prozent der Ukrainer sprachen ihm im Juni das Vertrauen aus, 15 Prozent weniger als im Januar. Selenskyjs Beliebtheitswerte sind auf Vorkriegsniveau gesunken. Viele Männer versuchen vor der Mobilisierung zu fliehen, nach Moldau, Rumänien und neuerdings sogar nach Belarus. Drei Viertel der Ukrainer misstrauen ihrer Regierung, die drängende Probleme nicht in den Griff bekommt und auch nicht den Willen versprüht, wirklich etwas zu bewegen. Das Lebensniveau sinkt weiter und im kommenden Winter könnte sich die Lage vielerorts weiter verschärfen.

Daran wird auch das neue Kabinett nichts ändern. Mehr Versorgungssicherheit und weniger Korruption bleiben eine Illusion. Die Ministerrotation dient lediglich einem Zweck: die Macht noch weiter rund um Wolodymyr Selenskyj und sein Präsidentenbüro zu konsolidieren.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal