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Ein Spurwechsel für Volkswagen
Die drastische Krise des VW-Konzerns könnte ein Hebel sein, um den sozial-ökologischen Spurwechsel voranzutreiben, findet Stefan Kalmring.
Volkswagen steckt tief in der Krise. Werksschließungen drohen. Dabei hatte der Konzern 2023 noch riesige Rücklagen gebildet und einen Nettogewinn von 16 Milliarden Euro ausgewiesen. Davon wurden 2024, also noch in diesem Jahr, 4,5 Milliarden Euro ausgeschüttet. Zwar spielen Faktoren wie gestiegene Energiekosten in der Volkswagen-Krise eine Rolle, die Konzernleitung hat aber vor allem wichtige Trends am Markt verschlafen und Investitionen, die wichtig gewesen wären, unterlassen.
Nicht nur, aber insbesondere für den zentralen Markt von VW, China, fehlt ein kostengünstiges E-Auto im Angebot. Wer solche Entwicklungen verpasst, muss sich nicht wundern, wenn er ökonomisch hart bestraft wird. Die Gesetze der Konkurrenz sind halt unerbittlich. Die riesigen Gewinnausschüttungen hinterlassen angesichts der jetzigen Situation aber so oder so schlicht nur ein Kopfschütteln.
Stefan Kalmring ist Referent für Kritische Politische Bildung in der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin.
VW hat nun Kostensenkungen und einen harten Sparkurs angekündigt. Das wird nicht reichen. Zugleich haben Politiker und Gewerkschaften konkrete Vorstellungen, wie VW gerettet werden kann. Für das BSW ist die ganze Situation recht peinlich, hatte sich Sahra Wagenknecht doch in den letzten Monaten immer wieder für ein Zurück zum Verbrenner ausgesprochen, statt die auch hier wieder sichtbar notwendige Wende zur E-Mobilität mitzutragen. Und die Gewerkschaften und der Betriebsrat bemühen sich jetzt um sozialverträgliche Lösungen. Auch öffentliche Hilfen werden ins Gespräch kommen.
All dies ist prinzipiell nicht falsch. Aber Die Linke sollte zum Beispiel darüber hinausgehen und kenntlich machen, dass ein mitarbeitergeführter Konzern mit den Gewinnen der Vergangenheit verantwortlicher umgegangen wäre und nachhaltiger in die eigene Zukunft investiert hätte. Mitbestimmung und relevante Anteile des Landes Niedersachsen an VW geben dem Konzern bereits eine Sonderstellung in der deutschen Wirtschaftslandschaft. Es gälte hier weitere Akzente zu setzen und weitreichende Vergesellschaftungsideen endlich wieder selbstbewusst in die Debatte einzubringen.
Gut zu Gesicht stünde es einer politischen Linken auch, die VW-Krise mit der anstehenden sozialen Mobilitätswende eng zu verknüpfen. Diese ist mehr als nur E-Mobilität, gerade wenn diese sozial sein soll. Denn Mobilitätsfragen sind Klassenfragen. Ärmere Menschen in Stadt und Land sind auf ein dichtes und funktionsfähiges öffentliches Nahverkehrsnetz angewiesen. In Flächenländern ist dieses aufgrund stark variierender Bevölkerungsdichten deutlich schwieriger zu gewährleisten.
Sowohl in Städten als auch auf dem Land muss es gut ausfinanziert sein. Es braucht aber auch Forschung, Entwicklung und eine Produktion, die die notwendige Technologie, die Fahrzeuge und Infrastruktur nicht nur des Individualverkehrs, sondern auch des ÖPNV schafft. Die VW-Krise könnte ein Hebel sein, um den sozial-ökologischen Spurwechsel voranzutreiben. Dafür müsste VW in die Pflicht genommen werden und die Politik gleichzeitig die notwendigen Rahmenbedingungen für den Wandel schaffen.
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