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Rettungspaket für Meyer-Werft geschnürt
IG Metall sieht Zukunft der Standorte Papenburg und Rostock gesichert
Der Haushaltsausschuss des Bundestags machte den Weg frei für die Rettung der angeschlagenen Meyer-Werft mit Stammsitz im niedersächsischen Papenburg. Der Bund darf sich an der Stabilisierung des Unternehmens mit 200 Millionen Euro beteiligen. Noch einmal 200 Millionen fließen dem Eigenkapital des Unternehmens vom Land Niedersachsen zu. Die Regierung in Hannover hatte das bereits zuvor beschlossen.
Ein Placet des Haushaltsausschusses des Landtags ist dazu nicht erforderlich, wie »nd« vom Landesfinanzministerium erfuhr. Wohl aber hat das niedersächsische Gremium, das ebenfalls am Mittwoch tagte, der Bürgschaft über rund einer Milliarde Euro zugestimmt, mit der das Land Kredite für Meyer absichert. Mit gleichfalls einer Milliarde Euro tut dies auch der Bund, und auch hierzu gab der Haushaltsausschuss in Berlin seine Einwilligung. Parlamentarisch ist also das Rettungspaket für die traditionsreiche Werft, von der rund 17 000 Arbeitsplätze direkt und indirekt abhängig sind – rund 3000 allein am Stammsitz Papenburg – gut und fest geschnürt.
Schieflage auch wegen Pflicht zur Vorfinanzierung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vor wenigen Wochen, als er in Papenburg die staatliche Hilfe angekündigt hatte, auch die Europäische Kommission erwähnt, mit der noch Gespräche geführt werden sollten. Aber das war nicht notwendig, weil es sich bei dem Einstieg von Bund und Land nicht um eine Beihilfe im rechtlichen Sinne handelt, die eine Zustimmung der EU erfordert hätte. Eine solche Beihilfe, die einem Unternehmen wirtschaftliche Vorteile gegenüber Mitbewerbern verschaffen und dadurch den Wettbewerb verfälschen könnte, würde das Einverständnis der EU-Kommission benötigen.
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Die Zustimmung der Politik zum Rettungsplan dürfte bei der Meyer-Werft für Erleichterung sorgen, besonders angesichts der 2,8 Milliarden Euro, die das Unternehmen zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 aufbringen muss. Die Vorfinanzierung des Baus teurer Kreuzfahrtschiffe mit von Meyer aufzunehmenden Krediten – die Besteller müssen 80 Prozent des Kaufpreises erst bei Lieferung zahlen – hat zur wirtschaftlichen Schieflage der Werft beigetragen. Hinzu kommen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Interesse an Kreuzfahrten sowie Preissteigerungen bei Rohstoffen und im Energiesektor.
Industriepolitik über Parteigrenzen hinweg gewürdigt
Die Industriegewerkschaft Metall (IGM) Küste begrüßt den Rettungsplan für Meyer. »Durch den Einstieg von Bund und Land werden nicht nur die Standorte Papenburg und Rostock gerettet, sondern wichtige Teile des Schiffbaus in ganz Deutschland«, sagte IGM-Bezirksleiter Daniel Friedrich. Die Bundesregierung und die niedersächsische Landesregierung, so der Gewerkschafter, »geben der Werft und den Beschäftigten eine riesige Chance für einen Neuanfang, die nun genutzt werden muss«. Es werde mit dem Rettungspaket »vorbildliche Industriepolitik über Parteigrenzen hinweg geleistet, mit der Werftkapazitäten und tausende Arbeitsplätze gesichert werden«, stellte Friedrich fest.
Das Agieren ungeachtet der Parteigrenzen würdigte auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). In einer Regierungserklärung hatte er sich unlängst im Landtag bei den Abgeordneten der oppositionellen CDU bedankt: »Ihre Unterstützung ist für uns von enormer Bedeutung.« Die enge Zusammenarbeit »in diesem Projekt« zeige, »dass wir uns dann, wenn es um Niedersachsen und die Menschen geht, als demokratische Parteien aufeinander verlassen können«.
Lies stellte heraus, mit dem Rettungspaket hätten Bund und Land nicht den Plan, Gesellschafter einer Werft zu werden. Auch habe die staatliche Seite nicht das Ziel, langfristig Mehrheitsgesellschafter zu bleiben. »Wir bevorzugen eine erfolgreiche Zukunft der Werft in privaten Händen«, unterstrich der Sozialdemokrat.
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