Lars Katzmarek: Als Rapper in den Brandenburger Landtag yeah aha

Der Cottbuser SPD-Kandidat Lars Katzmarek wirbt mit einem Lied für sich und seine Lausitzer Heimat

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.
Lars Katzmarek singt beschwörend: »Wir gemeinsam, wir gemeinsam, wir gemeinsam ...«
Lars Katzmarek singt beschwörend: »Wir gemeinsam, wir gemeinsam, wir gemeinsam ...«

»Das ist der Song für jeden, der hier in der Lausitz lebt, ob Zwei-Zimmer-Wohnung oder Haus am See, für jeden, der die Gegend liebt wie ich es tu«, singt Lars Katzmarek. »Viele sind gegangen, sie hielten es hier nicht mehr aus. Brauchen euch jetzt wieder ...«

»Wir gemeinsam« ist ein Lied über den Strukturwandel im Lausitzer Revier, über die Schwierigkeiten und die Chancen, die mit dem geplanten Ausstieg aus der Braunkohle verbunden sind. Es ist ein Lied, das Mut macht – und sich mit der AfD auseinandersetzt, ohne diese Partei ein einziges Mal zu nennen.

Katzmarek, der bei der Brandenburger Landtagswahl am 22. September für die SPD im Wahlkreis Cottbus I antritt, wirbt mit diesem Rap-Song auf seine ganz eigene Weise dafür, sich nicht abschrecken zu lassen von dem, was erzählt wird – in die alte Heimat zurückzukehren oder aus der Fremde zu kommen, um hier eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. An diesem Fleck werde noch so vieles Neues entstehen, meint Katzmarek. »Nicht aufgeben«, lautet seine Parole.

Dass die Laustitz eine »braune Gegend« sei und »politisch schwierig«, sagen »Spinner«, heißt es im Songtext. Das sei jedoch »Quatsch« und es sei egal, woher einer komme: »Hier ist keiner verkehrt, egal ob schwarz, gelb, gefedert – jeder Mensch ist was wert.« Lars Katzmarek ist überzeugt: »Aus Fremden werden Freunde, weil wir lernen, uns zu verstehen.« Und einladend formuliert er: »Zu einem Wir gehörst auch du, yeah aha.«

Allerdings erzielte die AfD bei der Kommunalwahl am 9. Juni im Landkreis Spree-Neiße 38,2 Prozent der Stimmen. Und Adeline Abimnwi Awemo, die im Cottbuser Wahlkreis von Lars Katzmarek für die CDU kandidiert, wurde beim Aufhängen von Plakaten vor zwei Monaten wegen ihrer schwarzen Hautfarbe rassistisch beleidigt und angegriffen. Die Angst vor Intoleranz ist also keineswegs unbegründet.

Doch Lars Katzmarek erklärt seinen Liedtext so: »Die Region durch eine positive Brille zu betrachten, hilft uns sehr, zumal die Leute hier mehr sind als das, was von außen wahrgenommen wird.«

»Nur im Team sind wir stark. Wenn wir uns gegenseitig auf Augenhöhe begegnen, werden die Dinge besser.«

Lars Katzmarek SPD-Kandidat

Von der ersten Idee bis zum Videodreh hat es anderthalb Jahre gedauert. Katzmarek hatte sich überlegt: »Nur im Team sind wir stark. Wenn wir uns gegenseitig auf Augenhöhe begegnen, werden die Dinge besser. Auf unser Zusammen kommt es an.« Das klingt bei ihm ehrlich. Weil es von Herzen kommt, geht es auch zu Herzen – anders als die hohle Phrase von Gemeinsinn und Erneuerung, die als Überschrift über dem 2019 zwischen SPD, CDU und Grünen geschlossenen Koalitionsvertrag stand, der nie wirklich mit Leben erfüllt wurde.

Der 1992 geborene Katzmarek hat eine Ausbildung zum Mechatroniker gemacht und sich in der Abendschule zum Eletrotechniker qualifiziert. Er arbeitet bei der Lausitzer Energie AG (Leag), dem Betreiber der Tagebaue und der Kohlekraftwerke im Revier. Bis Ende 2023 gehörte er dem Betriebsrat an. Die Leag sucht sich neue Geschäftsfelder. Windräder, Solaranlagen, Wasserstofftechnologie, Geothermie und Wärmepumpen sind die Stichworte. Das ist seit Anfang 2024 das Tätigkeitsfeld von Lars Katzmarek, der bei der Leag eine neue Stelle als Regionalmanager für das grüne Geschäft angetreten hat.

Darum betrachtet er die Diskussionen über einen auf das Jahr 2030 vorgezogenen Kohleausstieg mit anderen Augen. Es gebe da einen »sauber gearbeiteten Prozess«. Im Kohleausstiegsgesetz sei ein dreijähriger Prüfzyklus vorgesehen, wie der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Speichertechnologie und der Stromnetze vorangekommen sei. Zusätzlich sei die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen ein absolutes Muss. So lasse sich die Geschwindigkeit beim Kohleausstieg bemessen. »Deshalb ist die Diskussion für mich hinfällig«, erklärt Katzmarek. »Sind Grundlast und Arbeitsplätze gesichert, kann man auch aussteigen.« So sachlich handelt der SPD-Kandidat ein Thema ab, das im Revier immer noch Emotionen auslöst. Das Umweltnetzwerk Grüne Liga hatte die AfD am 11. September schriftlich aufgefordert, die Partei solle sagen, welche Dörfer zwangsumgesiedelt werden sollen. Denn in ihrem Programm lehnt die AfD den Kohleausstieg grundsätzlich ab. Dann wären aber neue Tagebaue erforderlich, die es eigentlich in Brandenburg nicht mehr geben soll. »Bisher können die Wählerinnen und Wähler in der Lausitz gar keine informierte Wahlentscheidung treffen, weil die Transparenz in dieser Frage völlig fehlt«, bemängelte René Schuster von der Grünen Liga.

Im Landtagswahlkreis Spree-Neiße I, in dem sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) um einen Parlamentssitz bewirbt, stellte die AfD mit dem Landtagsabgeordneten Steffen Kubitzki einen Mann auf, der von Beruf Richtmeister im Kohlekraftwerk ist. Im Wahlkreis Cottbus I bekommt es Lars Katzmarek mit dem Feuerwehrmann und AfD-Abgeordneten Lars Schieske zu tun. Die Linke schickt hier mit der 1999 geborenen Krankenpflegerin Yasmin Kirsten ihre jüngste Kandidatin ins Rennen.

Den Chor in Katzmareks »Wir gemeinsam« singt übrigens das Cottbuser Kinder Musical. Das tolle Video hat mit GetYours die Produktionsfirma des Lausitz-Rückkehrers Martin Ha Matz gedreht. Es zeigt den Rapper Katzmarek unter anderem vor gigantischer Bergbautechnik.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.