Zusammen für LGBTIQ*-Gerechtigkeit und gegen Rechtsextremismus

Warum die Kämpfe für Klimagerechtigkeit und Rechte queerer Menschen zusammengehören

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 4 Min.
Drag Queen Grasa Guevara (Mitte) kämpft sowohl für die Rechte queerer Menschen und gegen den Rechtsruck als auch für eine sozial gerechte Klimawende.
Drag Queen Grasa Guevara (Mitte) kämpft sowohl für die Rechte queerer Menschen und gegen den Rechtsruck als auch für eine sozial gerechte Klimawende.

Wenn Fridays for Future diesen Freitag wieder zum Klimastreik aufruft, wird Daniela Zysk in Wiesbaden mit auf die Straße gehen. Seit 30 Jahren engagiert sich die 48-Jährige als lesbische Aktivistin sowohl gegen Faschismus als auch für Klimaschutz und die Rechte von Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Personen (LGBTIQ). »Für mich hängt das alles miteinander zusammen«, sagt Zysk.

Eine wichtige Verbindung der Kämpfe für Klima- und LGBTIQ*-Gerechtigkeit sei es, dass queere Menschen überdurchschnittlich stark von der Klimakatastrophe betroffen sind – und das nicht nur im globalen Süden. Der Artikel »Queere und gegenwärtige Gefahr« dreier US-Wissenschaftler*innen aus dem Jahr 2021 untersucht dieses Phänomen in den Vereinigten Staaten. Dort heißt es: »Prozesse der Stigmatisierung, Gewalt und Diskriminierung gegenüber LGBTQ+-Gemeinschaften haben soziale Ungleichheiten geschaffen, die sich bei Katastrophen noch verschärfen können.«

Sie seien häufiger von Armut betroffen, wodurch es unwahrscheinlicher sei, »dass sie über die Mittel verfügen, sich auf Katastrophen vorzubereiten, beispielsweise durch den Abschluss einer Versicherung oder Investitionen in den Schutz vor Waldbränden«. So treffe die wachsende Zahl verheerender Brände in Kalifornien queere Menschen besonders hart, auch, weil sie von der Katastrophenhilfe und bei der Suche nach einer neuen Wohnung diskriminiert würden.

Letzteres sei in Deutschland nicht anders, sagt Grasa Guevara von Movement Hub, einer Organisation für sozial-ökologischen Wandel. Bei der Wohnungssuche versuche sie als Mann durchzugehen, erzählt die 33-jährige nonbinäre Drag Queen. Als Migrant*in aus Argentinien werde sie aber immer noch rassistisch diskriminiert. Wie solle das erst werden, wenn der Klimawandel immer größere Teile des Planeten unbewohnbar mache und immer mehr Menschen nach Europa fliehen? »Auch queere Menschen brauchen einen Ort zum Leben, an dem nicht alles zerstört ist«, sagt Guevara.

Zysk sieht zudem »ideelle« Schnittmengen zwischen queerer und Klimabewegung: »Beide hinterfragen patriarchale und hegemoniale Strukturen und fordern einen Systemwandel hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren Welt.« Klimagerechtigkeit schließe soziale und damit auch LGBTIQ*-Gerechtigkeit ein. Andersherum sei es theoretisch genauso, in der Praxis sieht Zysk hier allerdings Nachholbedarf. Teile der queeren Szene würden sich mit einer Art »Regenbogenkapitalismus« zufriedengeben, der die Welt nicht retten werde. Viele interessierten sich nicht für die Nachhaltigkeit von CSD-Paraden, auf denen viel CO2 ausstoßende Trucks fahren, Fast-Fashion-Outfits getragen, Glitzer, Konfetti und Verpflegung aus Einweggeschirr zum Einsatz kommen, kritisiert Zysk.

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Guevara sieht eine Individualisierung von Kämpfen, die eigentlich zusammengehören: ob für Klimaschutz, Queers, Migrant*innen oder bezahlbare Mieten – zu Ende gedacht sollte es immer um gesamtgesellschaftliche Veränderungen gehen. Die Rechte queerer Menschen seien kein ausschließlich identitätspolitisches Thema. Zwar sei der Zugang dazu häufig an das Bedürfnis geknüpft, sich selbst mehr Sicherheit und Freiheit und einen Safe Space innerhalb einer Community zu erkämpfen. »Aber ich will mich ja nicht nur in einer Berliner Blase aufhalten, um sicher zu sein. Ich will mich auch in Brandenburg frei und gefahrlos bewegen können«, erklärt sie. Dann komme man sehr schnell darauf, dass Gerechtigkeit für LGBTIQ-Personen auch Bildung, Gesundheit, Wohnungs- und Arbeitsmarkt umfasse. Bei der Klimakrise sei der Weg genau umgekehrt: von der gesamtgesellschaftlichen hin zur individuellen Perspektive. Zuerst sehe man die teils abstrakt erscheinende Gefährdung des Planeten, meint Guevara. »Und dann merkt man: Oh, ich bin auch betroffen.«

Zusammenarbeiten sollten Queers und Klimaaktivist*innen aber noch aus einem anderen Grund, meint Zysk: Wie nicht weiß gelesene Menschen und Migrant*innen sind sie immer häufiger Angriffen, Hass und Hetze von rechts ausgesetzt. Wenn die AfD irgendwann an einer Regierung beteiligt sei, könne man sich wohl von vielen Minderheitenrechten ebenso wie vom Klimaschutz verabschieden. Also gelte es, Rechtsextremismus mit vereinten Kräften zu bekämpfen, appelliert Grasa Guevara.

Dieser Beitrag erschien in längerer Fassung zuerst auf dem Portal siegessaeule.de

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