- Politik
- Kirchen und sexualisierte Gewalt
Weitere Fälle von Gewalt an Heimkindern in kirchlicher Obhut
Evangelische Landeskirche Hannover macht neue Erkenntnisse über Misshandlung und Sexualverbrechen öffentlich
Die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers und der Kirchenkreis Bremervörde-Zeven haben öffentlich gemacht, dass Kinder und Jugendliche in der Obhut kirchlicher Einrichtungen sexualisierte Gewalt erlitten haben. In einer Pressemitteilung vom Montag heißt es, dass die diakonische Pestalozzi-Stiftung in Burgwedel bei Hannover in den 50er und 60er Jahren in Zusammenarbeit mit dem Pfarramt in Elsdorf im Landkreis Rotenburg/Wümme Schutzbefohlene in Pflegestellen vermittelt hat. Dabei handelte es sich um Handwerksbetriebe und Bauernhöfe, wo die Mädchen und Jungen auch arbeiten mussten. Nun gebe es konkrete Hinweise darauf, dass sie in vielen Fällen misshandelt und Opfer von Sexualverbrechen wurden.
Im Juli und September habe man auf dem Dachboden des Elsdorfer Pfarrhauses Akten zu den vermittelten Kindern und Jugendlichen gefunden, teilt die Landeskirche mit. Diese enthielten demnach auch Briefe, die die Mädchen und Jungen an einen kirchlichen Mitarbeiter in Elsdorf geschickt hatten und in denen sie Gewalt schilderten, die sie in ihren Pflegestellen erlitten hatten. Auch vorher habe es schon Hinweise auf Gewalt gegeben.
Mitarbeiter der Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche haben die Dokumente zunächst gesichtet, es soll aber weiter nachgeforscht werden. Ein Opfer hat nach Angaben der Landeskirche bereits 2014 Anerkennungsleistungen wegen sexualisierter Gewalt durch einen kirchlichen Mitarbeiter in Elsdorf beantragt und auch bekommen. Der Beschuldigte sei zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen.
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Die Landeskirche und der Kirchenkreis Bremervörde-Zeven, zu dem Elsdorf heute gehört, bitten weitere Betroffene und Personen, die Hinweise zu den Vorfällen geben können, sich bei externen Stellen, bei der Fachstelle oder beim Kirchenkreis zu melden. Der für den Kirchenkreis verantwortliche Superintendent Carsten Stock erklärte: »Es erschreckt mich zutiefst, was Kinder und Jugendliche offenbar in der Nachkriegszeit an Gewalt und sexualisierter Gewalt erlitten haben.« Dass ein kirchlicher Mitarbeiter davon Kenntnis hatte und mutmaßlich »selbst sexualisierte Gewalt gegenüber einem jungen Menschen begangen« habe, sei »furchtbar«. Allen Hinweisen zu Übergriffen in Heimen und Pflegestellen werde konsequent nachgegangen, versicherte Stock.
Sebastian Bernschein, Vorstand der damals für die Vermittlung der Kinder mitverantwortlichen Pestalozzi-Stiftung, sagte, es sei »unvorstellbar, dass die Verantwortlichen der damaligen Zeit im Rahmen ihrer Vermittlung und Begleitung den Vorwürfen nicht nachgegangen sein sollen und Gewalt vielleicht sogar tolerierten«.
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