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75 Jahre DGB: Jubiläum in unsicheren Zeiten
Der DGB wird 75 Jahre alt, aber die Zukunft wichtiger Industriezweige steht auf der Kippe
Berlin. Am Sonntag wurde der 75. Gründungstag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin mit einem Festakt begangen. Unter den Gratulanten befanden sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit einer Videobotschaft. Scholz verwies auf Errungenschaften wie die Fünf-Tage-Woche und den Acht-Stunden-Tag, die es ohne Gewerkschaften gar nicht geben würde. Er nutzte das Jubiläum zugleich, um für das Tariftreuegesetz zu werben, das in der Ampel-Koalition umstritten ist.
DGB-Chefin Yasmin Fahimi fordert die Bundesregierung in diesem Zusammenhang zur zügigen Auflösung ihrer politischen Blockaden auf. Fahimi warf insbesondere Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine solche Obstruktionspolitik vor. Aktuell beträfe das auch das Rentenpaket. Zur Situation der Gewerkschaften im Jubiläumsjahr verwies die DGB-Chefin auf ein neues Selbstbewusstsein der Belegschaften gerade auch in Ostdeutschland.
Fahimi forderte zudem einen Transformationsfonds – zum erfolgreichen Wandel und zur Rettung der Industrie, wie sie sagte. »Sonst verlieren wir Akzeptanz für die klimaneutrale und digitale Transformation unserer Wirtschaft – und letztlich auch der Demokratie.« Der DGB tritt für staatliche Kaufförderung von E-Autos und Plug-in-Hybriden ein. Zugleich warnte Fahimi hier vor einer Abkehr von getroffenen Entscheidungen zur Mobilitätswende. Würde die Abschaffung des Verbrenners verschoben, käme es zu weiteren Irritationen auf dem Markt.
Der DGB war am 13. Oktober 1949 in München gegründet worden. Heute versammelt er nach eigenen Angaben acht Gewerkschaften mit insgesamt gut 5,6 Millionen Mitgliedern unter seinem Dach.
Erster Vorsitzende war Hans Böckler, ein SPD-Politiker, der im Nationalsozialismus untergetaucht und gefangen genommen worden war. Von Böckler ist als Motto unter anderem überliefert: »Bürger, nicht Untertan wollen wir sein! Wollen mitraten, mittaten und mitverantworten in allen wichtigen Dingen des Lebens der Gemeinschaft. Vor allem in den Angelegenheiten der Wirtschaft unseres Volkes.«
Im von den Alliierten befreiten Aachen hatten im März 1945 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund gegründet. Sie kamen aus der sozialdemokratischen, kommunistischen und christlichen Arbeiterbewegung. Für den DGB wurden 16 Einzelgewerkschaften mit rund fünf Millionen Mitgliedern verschmolzen.
Organisiert wurde der Verband föderal, nach den unterschiedlichen Industriezweigen sowie den Bereichen Verkehr und öffentlicher Dienst sowie nach dem Prinzip der Einheitsgewerkschaft – über politische und weltanschauliche Grenzen hinweg. Zu seiner Gründung forderte der DGB neben Mitbestimmung ausdrücklich auch die Vergemeinschaftung von Schlüsselindustrien und eine zentrale volkswirtschaftliche Planung. Agenturen/nd
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