»So wenig Pflegeprodukte wie möglich«

Wichtig für eine gesunde Gesichtshaut: die abendliche Reinigung und Sonnenschutz tagsüber

  • Angela Stoll
  • Lesedauer: 5 Min.
Bestimmt gut für gesundes Aussehen: die richtige Kosmetik und noch Spaß dabei
Bestimmt gut für gesundes Aussehen: die richtige Kosmetik und noch Spaß dabei

Abends schnell das Gesicht waschen und ab ins Bett? Von wegen. Wer das koreanische Zehn-Schritte-Hautpflege-Programm befolgt, wird noch eine ganze Weile das Bad blockieren. »Korean Skincare«, die inzwischen auch hierzulande beliebt ist, sieht einen mehrstufigen Arbeitsplan vor, bei dem diverse Wässerchen, Cremes und Masken angewandt werden. Meist kommen nicht weniger als zehn verschiedene Pflegeprodukte zum Einsatz.

So viel Zeit, Disziplin und Geld soll am Ende mit einem strahlenden, taufrischen Teint belohnt werden. Aber lohnt sich die Investition? Um die Antwort vorwegzunehmen: eher nicht. »Das ist viel zu viel«, sagt Utta Petzold, Dermatologin bei der Krankenkasse Barmer. »Ich empfehle, so wenig Pflegeprodukte wie möglich zu verwenden.« Wer es übertreibt, kann dem Ökosystem der Haut schaden – vor allem dann, wenn die Mittel nicht auf den tatsächlichen Bedarf der Haut abgestimmt sind, nicht zum Hauttyp passen oder unverträglich sind.

Neben Sonnenschutz ist der Verzicht auf das Rauchen das beste Mittel, um Hautalterung vorzubeugen.

»Eine gesunde Haut, die nicht spannt, braucht nichts – außer Sonnenschutz«, sagt Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie bei den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden. Wichtig ist aber die abendliche Reinigung. »Eine Umfrage hat ergeben, dass etwa 70 Prozent der Jugendlichen am Wochenende ins Bett geht, ohne Make-up, Schweiß und Schmutz aus dem Gesicht zu entfernen. Das ist natürlich nicht gut.« Schminkreste und Talg verstopfen nämlich die Poren, sodass leicht Pickel entstehen können.

Abgesehen davon können auch Luftschadstoffe auf der Haut anhaften und ihr zusetzen. Inzwischen weiß man, dass Feinstaub die Haut reizt und Krankheiten wie Neurodermitis befördert. Zudem lassen uns Schadstoffe auf Dauer alt aussehen: Schon vor Jahren zeigten Forschende der Uni Düsseldorf in einer Studie mit 400 älteren Frauen, dass es wahrscheinlich einen Zusammenhang zwischen Umweltbelastung und Hautalterung gibt. So hatten Teilnehmerinnen, die an ihrem Wohnort vielen Luftschadstoffen ausgesetzt waren, auch mehr Altersflecken als solche, die in einer weniger verschmutzten Umwelt lebten.

Daher empfiehlt Bayerl, die Gesichtshaut abends sanft zu reinigen. »Wasser allein reicht nicht. Man sollte schon eine waschaktive Substanz verwenden«, sagt die Expertin der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Geeignet sind Produkte mit einem pH-Wert um die 5. Anders als Seife greifen sie den Säureschutzmantel der Haut, der ebenfalls in diesem Bereich liegt, nicht an.

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Und das reicht? Kommt darauf an. »Es ist individuell ganz verschieden, was die Haut braucht«, sagt der Münchner Hautarzt Christoph Liebich. »Trockene Haut zum Beispiel braucht Unterstützung.« Dann gilt es, mit Cremes mit Fett- und Feuchtigkeitsfaktoren, die speziell für trockene Haut entwickelt wurden, die natürliche Schutzbarriere zu stärken. Welches Produkt das richtige ist, hängt von weiteren Gegebenheiten ab: Im Winter sind tendenziell fettreichere Cremes empfehlenswert, da Kälte und Heizungsluft die Haut weiter austrocknen.

Wichtig ist, dass die Produkte zum Hauttyp passen. Wer sich unsicher ist, profitiert von einer Beratung durch eine Dermatologin oder einem medizinischen Kosmetiker. Manches ist aber auch offensichtlich: »Wenn zum Beispiel Teenager die Anti-Aging-Creme der Eltern verwenden, kommt es schnell zu Pickeln oder anderen Problemen«, sagt Liebich. Produkte für reife Haut sind – unter anderem – eher fetthaltig und daher ohnehin für fettige Haut völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund sorgten im Frühjahr Tiktok-Videos für Aufregung, in denen Kinder teure Anti-Falten-Cremes anpriesen.

Aber nicht nur zu viel Fett, auch zu viel Feuchtigkeit kann ein Problem sein. Eine Überversorgung mit entsprechenden Cremes und feuchtigkeitsspendenden Masken führt dazu, dass die Hornschicht der Haut aufquillt. Ein solches »Zu viel« an Pflege oder auch die Verwendung ungeeigneter Produkte kann zum Beispiel eine periorale Dermatitis auslösen: lästige Pusteln, die sich im ganzen Gesicht zeigen können. »Früher dachte man, Kortisonbehandlungen seien die Ursache. Inzwischen ist klar, dass auch Überpflege zu diesen Hautproblemen führen kann«, sagt Utta Petzold von der Barmer. »Das Ökosystem der Haut wird überlastet.«

Wer vor diesem Hintergrund sämtliche Kosmetika einsparen möchte, sollte auf eines nicht verzichten: das Gesicht täglich mit Sonnenschutzmittel einzucremen. »Ein hoher Lichtschutzfaktor ist das A und O bei der Gesichtspflege«, sagt der Münchner Hautarzt Liebich. Das hat medizinische und kosmetische Gründe: Sonnencreme beugt sowohl Hautkrebs als auch Falten und vorzeitiger Hautalterung ein Stück weit vor. Reicht auch eine Tagescreme mit Lichtschutzfaktor? Optimal ist das nicht. Solche Pflegeprodukte schützen zwar vor UVB-, aber meist nicht ausreichend vor UVA-Strahlung, warnt Christiane Bayerl. »Sie können daher eine klassische Sonnencreme nicht ersetzen.« Auf der sicheren Seite ist man, wenn man auf das UVA-Siegel (ein Kreis mit den Buchstaben UVA) achtet. Nur Produkte, bei denen der UVA-Schutz mindestens ein Drittel des UVB-Schutzes beträgt, dürfen dieses Siegel tragen.

Neben Sonnenschutz ist der Verzicht auf das Rauchen das beste Mittel, um Hautalterung vorzubeugen. Wer etwas gegen bestehende Fältchen tun möchte, sieht sich mit einer gigantischen Flut an Produkten konfrontiert, die von ihren Herstellern vollmundig angepriesen werden. Haben sie überhaupt eine Wirkung? Viel sollte man nicht erwarten. Immerhin ist für einige Stoffe nachgewiesen, dass sie Anti-Aging-Effekte haben. Das heißt aber nicht, dass Cremes, die den Stoff beinhalten, ebenfalls wirken – es kommt nämlich auf Dosierung, Zusatzstoffe und viele weitere Faktoren an.

»Am besten untersucht sind Vitamin-A-Säure-Präparate wie Retinol und Retinaldehyd«, sagt Bayerl. »Sie regen unter anderem den Kollagenaufbau an.« Frauen mit Kinderwunsch oder Schwangere sollten sicherheitshalber aber auf den Stoff verzichten, da Vitamin-A-Säure das ungeborene Kind schädigen kann. Außerdem macht sie lichtempfindlich, sodass man die Produkte nur abends anwenden und tagsüber Sonnencreme auftragen sollte.

Ein ebenfalls bewährter Anti-Aging-Klassiker ist laut Bayerl Vitamin C, das die Haut elastischer macht und gegen Pigmentflecken wirken kann. Daneben gibt es weitere Vitamine, pflanzliche Polyphenole und Hormone, bei denen Effekte gezeigt wurden. Auch Hyaluronsäure dient als Feuchtigkeitsspender und kann die Haut vorübergehend frischer aussehen lassen. Theoretisch gibt es also viele Möglichkeiten – aber wie könnte eine Gesichtspflege für die reife Haut ganz praktisch aussehen? Bayerl schlägt Folgendes vor: Morgens ein Produkt mit einer »Radikalfängermischung« (etwa Vitamin C, E, Niacin) und darauf Sonnenschutz auftragen, abends Retinol-Creme. Das klingt zum Glück um einiges einfacher als ein Zehn-Punkte-Plan. Die gewonnene Zeit könnte man in Schlaf investieren – auch der soll schließlich schön machen.

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