- Gesund leben
- Vegane Ernährung
Weihnachtsbäckerei ohne Ei
Lebkuchen, Zimtsterne, Spekulatius – Naschen im Advent mit rein pflanzlichen Zutaten
»Was ich noch sagen wollte«, ergänzt der erwachsene Sohn, der anlässlich der Feiertage zusammen mit seiner Freundin zu Besuch kommt: »Meine Freundin isst vegan.«
»Das muss man sich auch leisten können«, antwortet die Schwiegermutter in spe. Bislang hörte sie nur davon, dass (fertige) vegane Ersatzprodukte wie Mandelmus, Sojasahne, Cashew-Drink oder Johannisbrotkernmehl vor allem im Bio-Laden erhältlich und teuer sind.
Der Ersatz von Hühnereiern gerät unter veganen Hobbybäckern manchmal zu einem regelrechten Wettkampf um die kreativste Idee.
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Zudem stellt sich die Frage, ob es aus ökologischer Sicht anzustreben ist, Kuhmilchprodukte und Hühnereier durch exotische pflanzliche Zutaten aus fernen Ländern zu ersetzen. Vegan lebende Menschen nennen oft gesundheitliche Gründe (etwa Hautprobleme) für ihre Konsumentscheidung, erheben aber auch den ethischen Anspruch, die Ausbeutung und das Leid von Tieren zu beenden.
Die saisonale Verfügbarkeit von Eiern aus Freilandhaltung ist traditionell in den Herbst- und Wintermonaten eingeschränkt. Nur industrielle Stallhaltung mit starker künstlicher Beleuchtung über mehr als zwölf Stunden am Tag führt dazu, dass die Legehennen weiterhin täglich ein Ei produzieren. Hühnerzüchter im Nebenerwerb berichten hingegen von einer deutlichen Verringerung der Zahl gelegter Eier, sobald die natürliche Tageslänge abnimmt und die herbstliche Mauser (der Federwechsel) beginnt.
Ebenso gilt es für artgerecht gehaltene Milchkühe, eine Zeit des Trockenstehens (ohne Melken) zu gewährleisten, bevor sie im Frühsommer das nächste Kälbchen austragen. Weniger Kuhmilch in den Wintermonaten bedeutet dann auch, dass unter natürlichen Bedingungen weniger Butter vorhanden wäre.
Der Butterstollen, ein typisches Weihnachtsgebäck, kommt ganz ohne Hühnerei aus, da die Lockerung des Teigs durch Hefe sowie die gute Bindung der Zutaten durch fein ausgemahlenes Mehl von Weizen oder Dinkel erreicht wird. Das sozusagen vorletzte Stück Butter wird im Dezember für diesen Weihnachtsstollen verarbeitet, der sich bei kühler Lagerung lange frisch hält.
Für eine rein pflanzliche Ernährung muss die gute Butter nicht zwangsläufig durch Margarine ersetzt werden. Kritiker üblicher Margarine bemängeln, dass dieser für die gewünschte feste Konsistenz oft beträchtliche Mengen an Palmfett untergemischt werden. Dafür werden Palmen in Monokulturen auf fernöstlichen Inseln angebaut, was ursprüngliche Wälder als Lebensräume für dort lebende Tierarten zerstört. Daher empfiehlt die kulinarische Autorin Marie Laforêt, einheimische pflanzliche Öle wie Oliven-, Sonnenblumen-, Raps- oder Traubenkernöl zu verwenden, die eine leichte Mittelhitze beim Backen vertragen.
Der Ersatz von Hühnereiern gerät unter veganen Hobbybäckern manchmal zu einem regelrechten Wettkampf um die kreativste Idee. Doch muss es für eine bessere Welt möglicherweise nicht um einen hundertprozentigen Verzicht gehen: Weniger und seltener tierische Produkte konsumieren und die kulturelle Geschichte von Festtagsspeisen mit den Vorteilen für die Gesundheit vereinbaren, darum geht’s!
Um weniger oder auch gar keine Hühnereier beim Backen zu verwenden, ist es sinnvoll, sich deren Funktion klarzumachen: Sie sollen den Teig lockern und zusammenhalten. Dafür sind auch regionale und recht simple Zutaten geeignet. So kann Apfelmus eine Mohnfüllung für den beliebten Mohnstriezel lockern oder in einem Kuchen mit weihnachtlichen Gewürzen, Kakao und Backpulver anstelle der schaumig gerührten rohen Eier verwendet werden.
Elisenlebkuchen dient eine fruchtige Aprikosenkonfitüre als Basis. Zur besseren Lockerung und Bindung wird in diesen Teig unter anderem etwas geschrotete Leinsaat eingerührt. Hier gilt es, zusätzlichen Zucker zu reduzieren oder ganz wegzulassen, weil die Konfitüre bereits reichlich Zucker enthält. Auch kleine fertige Tütchen mit Ei-Ersatz, wie sie in Drogerien angeboten werden, enthalten gemahlene Leinsaat, dazu Lupinenmehl und Maisstärke. Wer selten bäckt, dem sind diese Ersatzmehl-Tütchen durchaus nützlich. Es geht aber auch simpler mit einem Päckchen Puddingpulver zur besseren Bindung eines Knetteiges für Vanillekipferl.
100 Milliliter Aq꾫a (abgekühltes Kichererbsen-Kochwasser) mit einem halben Teelöffel Backpulver drei bis fünf Minuten mit dem elektrischen Rührgerät oder Schneebesen zu einem schaumigen Schnee aufschlagen, zwei Teelöffel Zitronensaft und einen Teelöffel Johannisbrotkernmehl zufügen, weitere zwei bis drei Minuten schaumig schlagen, drei Esslöffel Puderzucker unterrühren, etwa 200 Gramm gehackte Haselnüsse unterheben, mit zwei Teelöffeln kleine Berge auf das gefettete Blech geben, bei 125 Grad Celsius circa 25 Minuten backen. anu
Weil Veganer den Verzehr von Bienenhonig meiden, kann für klassische Lebkuchen stattdessen Zuckerrübensirup verwendet werden. Diese Variante findet sich seit Langem in schwedischen Pfefferkuchenrezepten.
Komplizierter wird es, wenn das Gebäck nicht nur vegan, sondern auch glutenfrei sein soll. Das Protein Gluten, auch Klebereiweiß genannt, kommt in einheimischen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel und Roggen vor. Dieses für die menschliche Gesundheit umstrittene Protein sorgt dafür, dass Kuchen- und Brotteig beim Verarbeiten eine gewisse Elastizität erhalten und alle Zutaten gut zusammen »kleben«.
Bei glutenfreiem Backen mit Mais, Buchweizen oder Hirse können besondere Bindemittel wie Pfeilwurzelstärke oder Johannisbrotkernmehl dafür sorgen, dass das fertige Gebäck nicht zu sehr bröselt oder ein glutenfreier Weihnachtsstollen in dünne Scheiben geschnitten werden kann, ohne zu zerkrümeln. Der in subtropischen Zonen gedeihende Johannisbrotbaum gehört wie die Robinie zur Ordnung der Schmetterlingsblütenartigen und zur Familie der Hülsenfrüchtler.
Während jedoch die Früchte der aus Amerika eingeführten Robinie giftig sind, ist das Innere der Hülsen des Johannisbrotbaumes essbar und wird sogar für eine Anti-Reflux-Nahrung für Säuglinge verarbeitet. Das Mehl aus den Johannisbrotkernen enthält vornehmlich gut verträgliche Ballaststoffe und einen geringen Anteil an Protein und Kohlenhydraten.
Seit ein paar Jahren sorgt die pflanzliche Zutat Aquafaba, »Bohnenwasser«, für Furore. Mit der abgekühlten, eingedickten Kochflüssigkeit von Hülsenfrüchten wie Kichererbsen und Bohnen lässt sich unter Zusatz von etwas Backpulver eine Art »veganer Eischnee« aufschlagen, der die Funktion des Originals vom Huhn erfüllt, zum Beispiel in Mandel-, Nuss- oder Kokosmakronen, in Baiser oder Mousse au Chocolat. Wichtig für das Gelingen des »veganen Eischnees« sind gut gereinigte, fettfreie Rührwendel und Gefäße. Erfahrene Zuckerbäcker erinnern sich, dass kein Quäntchen Eigelb oder Butter in das Eiklar gelangen durfte, das gilt für das pflanzliche Bohnenwasser auch.
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