Hartes Wochenende für Die Linke

In Halle wählt die Partei ihren Vorstand neu und will mit Leitantrag Grundpositionen abstecken

Augsburger Parteitag der Linken 2023: Auch dort spielten die innerparteilichen Debatten um Ukraine-Krieg und die Haltung zu Israel bereits eine große Rolle.
Augsburger Parteitag der Linken 2023: Auch dort spielten die innerparteilichen Debatten um Ukraine-Krieg und die Haltung zu Israel bereits eine große Rolle.

Die, die noch dabei sind, wollen Die Linke retten. Als Kraft, die die Interessen der »90 Prozent« vertritt, vor allem aber derer, die trotz harter Arbeit wenig Lohn bekommen, der Erwerbslosen und derer, die mehrfach diskriminiert und dadurch besonders marginalisiert sind. Und als Kraft, die sich der immer rasanteren Militarisierung der Gesellschaft entgegenstellt. Der Verlauf des Parteitags am Wochenende in Halle wird wesentliche Weichen dafür stellen, ob das gelingt. Oder ob die Partei weiter auf dem Abstellgleis unterwegs ist.

Ines Schwerdtner und Jan van Aken, die die neue Doppelspitze der Partei werden wollen, wirken sehr motiviert, wissen um die Bedeutung dieser politischen Kraft. Beide wollen mit unterschiedlichen Schwerpunkten auch den Markenkern der Linken als einzige Friedenspartei, als pazifistische Kraft erhalten.

Außer ihnen kandidieren nur zwei Männer für den Vorsitz, ohne Unterstützung von Parteigliederungen. In der Linken dürfte man froh sein über die gemeinsame Kandidatur. Schwerdtner hatte auf dem undankbaren fünften Listenplatz zur Europawahl kandidiert. Erst vor gut einem Jahr ist die 35-jährige Publizistin, Journalistin, Moderatorin in die Linke eingetreten. Van Aken dagegen ist lange in ihr aktiv, hat sie lange auch im Bundestag vertreten.

Für das Amt des Bundesgeschäftsführers bewirbt sich bislang mit Janis Ehling nur eine Person, ebenso für das des Bundesschatzmeisters. Dafür kandidiert Sebastian Koch vom Berliner Landesverband. Beide sind noch jung und dennoch schon lange in der Partei aktiv. Koch war bereits Berliner Landesgeschäftsführer und zuletzt kommissarisch Landesschatzmeister.

Die Linke wählt erneut auch vier stellvertretende Vorsitzende. Auffällig ist, dass sich bislang nur zwei Frauen und drei Männer um diese Ämter bewerben. Insbesondere im Juni 2022 gab es heftige Auseinandersetzungen um deren Besetzung und deutlich mehr Kandidatinnen und Kandidaten.

Von den bisherigen Vizevorsitzenden tritt nur der Bundestagsabgeordnete Ates Gürpinar erneut an. Dagegen bewerben sich die bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Katina Schubert und Jana Seppelt nicht mehr. Auch Lorenz Gösta Beutin tut das nicht. Er kandidiert aber, anders als die beiden Frauen, als einfaches Vorstandsmitglied.

Aber: Für den Vizevorsitz bewerben sich auch zwei Frauen, die auf Landesebene bereits eine größere Rolle spielen. Eine von ihnen ist Sabine Ritter, Ko-Landeschefin in Hamburg. Die 56-Jährige wurde am vergangenen Wochenende auch zu einer der Spitzenkandidatinnen zur Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2025 gewählt. Mitglied der Partei ist sie seit Ende 2018. Sie steht für einen pragmatischen Kurs auch bei Regierungsbeteiligungen.

Das tut auch Luise Neuhaus-Wartenberg, die sich ebenfalls für einen der Vize-Posten bewirbt. Die 44-Jährige ist seit 2014 Landtagsabgeordnete in Sachsen und gehört zu denen, die trotz der großen Verluste bei der Wahl am 1. September wieder zur Fraktion gehören. Seit 2009 ist sie Linke-Mitglied und seit 2014 Sprecherin des Forum Demokratischer Sozialismus, in dem sich Teile des Reformerlagers der Linken und vorher der PDS zusammengeschlossen haben.

Für die weiteren 18 Plätze im Gesamtvorstand gibt es immerhin 36 Kandidat*innen, unter ihnen auch bisherige Vorstandsmitglieder und Personen, die bereits in der Vergangenheit dem Gremium angehörten. Zur letzteren Gruppe gehören Thies Gleiss von der Antikapitalistischen Linken und Ulrike Eifler, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb und Gewerkschaft. Eifler beteiligt sich intensiv an der innerparteilichen Debatte. In Positionspapieren kritisiert sie die Arbeit der Parteigremien teils scharf, unter anderem mit Blick auf das Heraushalten der Friedensfrage aus den Landtagswahlkämpfen.

In seinem Leitantrag hat der bisherige Vorstand noch einmal versucht, eine gemeinsame Linie für die Partei abzustecken. Und erneut Position gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, für das Recht der Bevölkerung auf ein Leben ohne Krieg und gegen Aufrüstung und Militarisierung bezogen. Ob eine Verabschiedung des Papiers und weiterer Anträge speziell zum Krieg gegen die Palästinenser seit den Massenmorden an israelischen Bürgern durch die Hamas am 7. Oktober 2023 gelingt, bleibt nach den Ereignissen auf dem Berliner Landesparteitag am vergangenen Wochenende abzuwarten. Beobachter erwarten, dass unter jenen, die in Berlin eine nicht ausreichende Positionierung gegen »jeden Antisemitismus« kritisierten, etliche sind, die nach dem Parteitag die Partei verlassen wollen.

In der Parteizentrale gibt es derweil offenbar Bestrebungen, die künftige Parteispitze möglichst ausgewogen und mit den Landesverbänden abgestimmt zu besetzen. Wie »nd« aus Parteikreisen erfuhr, gab es vorab zwischen der bisherigen Bundesspitze sowie dem Kandidatenduo für den Vorsitz und den Landesvorständen ausführliche Gespräche zum Thema. Es ging demnach darum, weniger dem Zufall und Eigeninitiativen zu überlassen, sondern eine Parteispitze zu bekommen, die von Landesverbänden und Basis besser akzeptiert und unterstützt wird.

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