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Bundestag stimmt für »Sicherheitspaket«, Bundesrat lehnt Teile ab
Bundesrat verweigerte Zustimmung für die geplante Erweiterung der Behördenbefugnisse zur Terrorbekämpfung
Nach kontroverser Debatte hat der Bundestag das sogenannte Sicherheitspaket angenommen – doch wenig später stoppte der Bundesrat einen Teil davon. Während Verschärfungen im Aufenthalts- und Waffenrecht damit auf den Weg gebracht sind, liegen Pläne für mehr Internet-Befugnisse der Sicherheitsbehörden vorerst auf Eis.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte das Paket nach dem Messeranschlag von Solingen auf den Weg gebracht. Sie stimmten den Neuregelungen auch weitgehend zu, während CDU/CSU, AfD, Linke und BSW dagegen votierten.
Was der Bundesrat ablehnte
In dem Gesetz, das der Bundesrat jetzt abgelehnt hat, geht es um mehr Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden. Sie sollten die Befugnis erhalten, in bestimmten Fällen biometrische Daten im Internet abzugleichen. Die Suche nach Gesichtern und Stimmen mittels einer automatisierten Anwendung sollte aber nur dann erlaubt sein, wenn dies der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) oder seine Vertretung von einem Gericht genehmigen lässt. Bei Gefahr im Verzug hätten der BKA-Chef oder einer der drei Stellvertreter selbst die Anordnung für maximal drei Tage treffen müssen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser reagierte entgeistert und nannte die Ablehnung »völlig unverständlich und verantwortungslos«. Die SPD-Politikerin erklärte: »Die Union verweigert unseren Ermittlungsbehörden Befugnisse, die angesichts der aktuellen Bedrohungen absolut notwendig sind.«
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) kritisierte bei »Bild« (Samstag): »Von den harten Ankündigungen ist besonders im Bereich Terrorismus-Bekämpfung und Befugnissen für unsere Sicherheitsbehörden nicht mehr als ein Stäubchen übriggeblieben.« Mit dem Paket werde die Bevölkerung getäuscht. Im Bundesrat enthielt sich sein grün-schwarz regiertes Land.
Was beschlossen ist
Asylbewerber, für deren Schutzersuchen nach den sogenannten Dublin-Regeln ein anderes europäisches Land die Verantwortung trägt, sollen von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden – wenn die Ausreise für sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Ausnahmen soll es hier geben, wenn Kinder betroffen sind.
Zudem sollen Migranten künftig leichter vom Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden können, wenn sie Straftaten begangen haben – und zwar Straftaten »mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund«.
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Außerdem soll das Waffenrecht verschärft werden. So wird nun deutlich gemacht, dass das Verbot, Waffen bei Volksfesten oder Sportveranstaltungen mitzuführen, auch für Messer gilt, die an dieser Stelle im Waffengesetz künftig ausdrücklich erwähnt werden sollen. Es soll aber Ausnahmen geben, zum Beispiel für bestimmte Berufsgruppen.
»Wir verbieten Messer auf öffentlichen Veranstaltungen und ermöglichen den Ländern, weitergehende Messerverbote zu erlassen. Und das kann auch anlasslos kontrolliert werden«, sagte Faeser.
Wie es weitergeht
Damit sie in Kraft treten können, müssen alle Gesetze vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden – was dieser in der Regel auch tut. Dieser Schritt steht noch aus, auch für jene Regelungen, die den Bundesrat passiert haben.
Bei dem nun gescheiterten »Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung« könnten Bundestag und Bundesregierung noch einen Rettungsversuch machen und den Vermittlungsausschuss anrufen. Das Gremium ist mit Vertretern von Bundestag und Bundesrat besetzt und kann in solchen Fällen nach Lösungen suchen.
Einige Kritik auch im Bundestag
Die Unionsfraktion hätte sich weiterreichende Regelungen gewünscht. »Dieses sogenannte Sicherheitspaket ist weitgehend wirkungslos«, sagte der innenpolitische Sprecher Alexander Throm (CDU). Die AfD beklagte eine aus ihrer Sicht verfehlte Migrationspolitik. Clara Bünger (Linke) sprach hingegen von ineffektiven Scheinlösungen gegen Extremismus und Islamismus.
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle räumte ein, das Paket gehe nicht weit genug, sei aber ein Schritt in die richtige Richtung. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz verteidigte die Neuerungen als sinnvoll und angemessen. Die Forderungen der Union in der Migrationspolitik nach pauschalen Zurückweisungen an den deutschen Grenzen gefährdeten Europa.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verurteilte die Pläne. »Dieses Gesetzesvorhaben führt zu vorsätzlich herbeigeführter Wohnungslosigkeit und Verelendung bei Schutzsuchenden«, erklärte sie. Vorgesehen ist unter anderem, dass Menschen, für deren Asylverfahren ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, leichter dorthin zurückgebracht werden können.
Der Auslöser
Der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag auf einem Stadtfest am 23. August in Solingen löste eine heftige Debatte aus. Drei Menschen wurden getötet, acht weitere verletzt. Der tatverdächtige Syrer hätte eigentlich 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte.
Nach dem Anschlag verständigte sich die Bundesregierung auf Verschärfungen im Migrations- und Waffenrecht sowie auf mehr Befugnisse für Ermittler. Nach einer Expertenanhörung machten die Koalitionäre Abstriche an den Plänen. Hinter dem Paket stehen die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP – jedenfalls mehr oder weniger.
Wie viele Stimmen gab es von SPD und Grünen?
Bei SPD und Grünen gab es Bedenken, dass das Vorhaben zu weit geht. Die drei Ampel-Fraktionen stellen zusammen 415 von 733 Bundestagsabgeordneten. Sie haben also 48 Stimmen mehr als die absolute Mehrheit.
Jene Regelungen zu mehr Befugnissen für Sicherheitsbehörden, die kurz darauf im Bundesrat scheiterten, wurden aus den Reihen der Ampel-Fraktionen weitgehend unterstützt. Bei der SPD gab es 178 Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und 22 nicht abgegebene Stimmen. Auch bei Grünen und FDP gab es klare Mehrheiten, bei je drei Nein-Stimmen und je zwei Enthaltungen sowie einigen nicht abgegebenen Stimmen.
Beim zweiten Teil des Pakets zu Migration und Messerverboten sah es ähnlich aus, allerdings mit 15 Nein-Stimmen bei der SPD gegenüber 171 Ja-Stimmen. Bei den Grünen stimmten 101 Abgeordnete zu, sechs dagegen. Die FDP votierte mit 85 Abgeordneten dafür. In allen drei Fraktionen gab es Enthaltungen. dpa/nd
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