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Die neue Antipode beim FC Bayern
João Palhinha soll in Barcelona für die nötige Balance im Spiel der Münchner Fußballer sorgen
Gut vier Jahre liegt das Spektakel inzwischen zurück. Doch jetzt ist es wieder präsent, weil der FC Bayern erneut beim FC Barcelona antritt. Auch bei Hansi Flick und Robert Lewandowski weckt die Begegnung am dritten Spieltag der Champions League Erinnerungen. Denn am 14. August 2020 standen der Trainer und der Stürmer des FC Barcelona noch aufseiten des FC Bayern, als die Münchner auf ihrem Weg zum Titel im Viertelfinale mit 8:2 über Barça hinwegfegten. Durch insgesamt sechs Titel sicherten sich Flick und Lewandowski danach mit dem erfolgreichsten Jahr in der Bayern-Geschichte einen prominenten Platz in der Vereinschronik.
Beim Wiedersehen an diesem Mittwochabend in Barcelonas Olympiastadion mit zahlreichen damaligen Mitstreitern von Manuel Neuer über Joshua Kimmich bis Thomas Müller werden Flick und Lewandowski viele Blicke auf sich ziehen. Doch wenn der Ball ab 21 Uhr rollt, dürften sich viele Augenpaare auch auf jenen Mann richten, der aus Münchner Sicht maßgeblich dazu beitragen soll, dass Flicks beeindruckende Offensive um Lewandowski, Lamine Yamal und Raphinha nicht erfolgreich ist.
Am Samstag beim 4:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart hatte João Palhinha bereits im Fokus gestanden, nachdem er früh eingewechselt werden musste, um Aleksandar Pavlović nach dessen Schlüsselbeinbruch zu ersetzen. Doch wirklich gefordert wurde der Portugiese von den Stuttgartern nicht, ebenso wenig wie von Holstein Kiel beim 6:1-Sieg der Bayern am dritten Spieltag, als er zum ersten und bisher einzigen Mal von Beginn an spielen durfte.
Das ist natürlich zu wenig für einen Spieler, der im Sommer für rund 50 Millionen Euro Ablöse im zweiten Anlauf vom FC Fulham nach München wechselte. Doch Palhinha wartete bisher geduldig auf seine Chance. Nun ist sie da. Weil Mittelfeldtalent Pavlović monatelang fehlen wird, dürfte Palhinha regelmäßig als Kimmichs Ko-Pilot im defensiven Mittelfeld gefragt sein. Bei seinem zweiten Startelf-Einsatz wird er von Barcelonas Offensive, die in der aktuellen Saison in zwölf Pflichtspielen schon 39 Treffer produziert hat, erstmals so richtig gefordert werden.
Viel Lob erhielt Palhinha schon nach seinem couragierten Einsatz gegen Stuttgart. »Fantastisch« sei dessen Leistung gewesen, sagte Harry Kane. »Wir haben gewechselt und sind stark geblieben oder sogar noch stärker geworden«, befand Trainer Vincent Kompany. »Super gemacht« habe Palhinha seine Sache, lobte Kimmich und verwies auf das gute Stellungsspiel des Kollegen in der Defensive, auf einige »sehr gute Ballgewinne«, aber auch auf dessen Ballsicherheit. Mit der besten Passquote (96 Prozent) lag Palhinha sogar über dem durchschnittlich passsichersten Bundesliga-Profi Pavlović (94,3). Allerdings spielte Palhinha meist risikoarme Bälle.
Besonders freute sich Palhinha am vergangenen Samstag über eine gelungene Grätsche gegen Jamie Leweling an der Seitenlinie, mit der er einen Konter unterband. Palhinha ballte die Faust und rannte schnell zurück auf seine Sechser-Position, um sofort wieder dazwischengehen zu können, wenn es jemand wagen sollte, in sein Revier einzudringen. Die Szene verdeutlichte, mit welchem Geist Palhinha agiert.
Der 29 Jahre alte João Maria Lobo Alves Palhinha Gonçalves mit dem Namen wie eine Sechserkette versteht sich vor allem auf das Spiel gegen den Ball. Er ist als Mann fürs Grobe der neue Antipode im Münchner Spiel. Als Kämpfer unter den Künstlern hat er andere Vorzüge als Pavlović. »Aleks ist schon einer, der viel den Ball will, der viel zocken will, viele Ballkontakte haben möchte, der es liebt, das Spiel zu gestalten«, sagte Kimmich. »João ist einer, der auch mal gegen den Ball reinfahren kann, der auch sehr physisch spielen kann.« Inwieweit sich das Spiel der Bayern mit Palhinha verändern werde, wollte Kimmich nicht prognostizieren.
Sein neuer 1,90 Meter großer Nebenmann wusste sofort, dass die Verletzung von Pavlović »eine große Chance« für ihn bedeutet, wie er offen sagte, ehe er dem Kollegen gute Genesungswünsche schickte. Nun will Palhinha in Barcelona den nächsten Nachweis seiner vornehmlich defensiven Qualitäten erbringen.
Was Palhinha nicht möchte, ist der Vergleich mit dem früheren Bayern-Profi Javi Martínez. Schon vor mehr als zehn Jahren wurde dieser Vergleich angestellt, als Palhinha für eine Nachwuchsauswahl Portugals gegen die USA gespielt hatte und der gegnerische Trainer danach zu ihm sagte: »Du bist der nächste Javi Martínez.« Das habe er zwar als schmeichelhaft empfunden, aber kopieren wolle er niemanden, nicht einmal eine Münchner Legende, sagte Palhinha jüngst im »Bayernmagazin«. Richtig sei aber, dass auch er es als seine Aufgabe ansehe, »für die nötige Balance zu sorgen«, zum Beispiel bei Kontern. Aber: »Er ist Javi, ich bin João.«
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