Kommen und Gehen bei Brandenburgs Linken

Schon am Tag nach der verlorenen Landtagswahl trat Stefan Kunath aus der Partei aus, blieb aber ein Einzelfall

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
»Mut für Brandenburg« lautete das Motto des letzten Landesparteitags vor der Wahl. Nun braucht es mehr Mut als je zuvor.
»Mut für Brandenburg« lautete das Motto des letzten Landesparteitags vor der Wahl. Nun braucht es mehr Mut als je zuvor.

Schon drei Wochen nachdem die Freien Wähler am 22. September mit knapp 2,6 Prozent der Stimmen den Wiedereinzug in den Landtag verpassten, meldeten sie sich mit einem Hoffnungszeichen zurück. Bei der Bürgermeisterwahl in Kremmen schrammte ihre Kandidatin Stefanie Gebauer mit 47,5 Prozent »knapp an der Sensation vorbei«, so die Freien Wähler. Mit einem Rückstand von nur rund 200 Stimmen hätte Gebauer den Amtsinhaber Sebastian Busse (CDU) beinahe geschlagen – und das wäre so kurz nach der schmerzlichen Niederlage der Freien Wähler tatsächlich ein Ding gewesen. Der Landesvorsitzende Péter Vida erklärte begeistert, das Resultat sei weit mehr als ein Achtungserfolg, und freute sich schon, dass das »Comeback« der Freien Wähler »früher beginnt, als es sich viele vorgestellt haben«.

Ein ähnlicher Trost blieb der Linken versagt, die mit weniger als 3 Prozent der Stimmen aus dem Landtag ausgeschieden ist. Zwar waren 13,3 Prozent für ihren Kandidaten Alexander Horn bei der Bürgermeisterwahl in Werneuchen am 22. September angesichts des am Boden liegenden Landesverbandes keine Blamage. Sie reichten aber nicht ansatzweise, um wenigstens in die Stichwahl vorzustoßen. Gleichzeitig leitete der 22. September auch den Abschied vom Amt für Münchebergs Bürgermeisterin Uta Barkusky (Linke) ein. Nach 16 Jahren in dieser Funktion war sie nun nicht wieder angetreten.

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Eine einzige gute Nachricht gibt es für den Landesverband: 30 bis 40 Neueintritte sind seit der Landtagswahl zu verzeichnen, wie Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg sagt. Auf der anderen Seite wurde nur ein Austritt bekannt. Erklärt hat ihn schon am Tag nach der Wahlniederlage Stefan Kunath. Der 35-Jährige war einst Kreisvorsitzender in Frankfurt (Oder) gewesen und bei der Bundestagswahl 2021 angetreten. Es gab die leise Hoffnung, er könnte mit viel Glück den Einzug in den Bundestag schaffen. Weil Die Linke aber schon damals enttäuschend abschnitt, wurde nichts daraus. Stadtverordneter in Frankfurt (Oder) ist Kunath noch und möchte es bleiben, auch weiter in der Linksfraktion mitarbeiten und für das Blättchen »Roter Hahn« schreiben, wenn man ihn lässt.

Seinen Parteiaustritt hat Kunath in sich stimmig begründet, auch wenn seine Argumentation verblüfft. Denn in einem Schreiben an den Landes- und den Kreisverband schildert Kunath durchaus nachvollziehbar, dass Parteien sterben, wenn sie ihre Stammwähler verlieren. »Die Linke hat nur dann eine Überlebenschance, wenn das BSW scheitert und Die Linke in der Friedensfrage wieder ein politisches Angebot für ihre Stammwählerinnen und Stammwähler darstellt«, analysiert Kunath. »Allerdings unterstütze ich die Forderung nach einem Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine nicht – ganz im Gegenteil.« Daher könne er der Linken in ihrem Überlebenskampf keine glaubwürdige Unterstützung leisten. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine habe er seine außen- und sicherheitspolitischen Ansichten grundlegend überdacht, schreibt Kunath. »Die Schärfung des Friedensprofils als Voraussetzung für ein Comeback der Linken steht im Widerspruch zu meinen persönlichen Überzeugungen und meinem Gewissen.«

Sie hätte sich gefreut, wenn Kunath innerhalb der Partei für seine Überzeugungen gestritten hätte, »denn er ist mit diesen Gedanken und Zweifeln nicht allein«, sagt die Kreisvorsitzende Anja Kreisel. »So bleibt leider auch ein schales Gefühl.« Kreisel findet: »Eine Überlebenschance hat Die Linke, wenn ihre Mitglieder bei der Entwicklung mitwirken.« Brandenburgs Linke zählt rund 4300 Mitglieder.

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