Die BVG hat ein Werkstattproblem

Modernisierung und Ausbau der Infrastruktur bei U-Bahn, Tram und Bus liegen weit hinter Plan

Unter anderem die BVG-Werkstatt in Friedirchsfelde soll modernisiert und erweitert werden.
Unter anderem die BVG-Werkstatt in Friedirchsfelde soll modernisiert und erweitert werden.

»Wir müssen eine komplett neue U-Bahn-Werkstatt bauen. Die muss Ende der 20er Jahre fertig sein«, sagt BVG-Chef Henrik Falk und verdeutlicht: »Wenn das nicht zeitgerecht fertig ist, haben wir ein Problem.« Er sagt das vergangene Woche im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Falk hat nicht ganz recht, denn eine neue U-Bahn-Werkstatt ist vorerst nicht geplant. Vielmehr sollen die drei Betriebswerkstätten in Britz, Friedrichsfelde und Machandelweg am Olympiastadion modernisiert und erweitert werden. Aber die BVG hat tatsächlich ein Problem. Denn die Suche nach einem Generalplaner für das über 300 Millionen Euro schwere Projekt war ergebnislos. »Es wurde kein Wettbewerbsgewinner ermittelt, und der Wettbewerb ist abgeschlossen«, heißt es in der Ausschreibungsplattform. »Es sind keine Angebote, Teilnahmeanträge oder Projekte eingegangen«, so die Begründung.

Damit wird immer unwahrscheinlicher, dass die Umbauten der Werkstätten rechtzeitig abgeschlossen werden. Bereits im Sommer sagte ein Insider zu »nd«: »Wirklich auf gutem Wege ist bisher nur der Umbau der Betriebswerkstatt Machandelweg. Bei den Werkstätten Britz und Friedrichsfelde sorgt der dramatische Fachkräftemangel sowohl bei der BVG als auch bei externen Auftragnehmern dafür, dass Planungsleistungen nicht ausreichend erbracht werden können.« Er erwartete ähnliche Probleme bei der späteren Vergabe der Bauleistungen. Denn: »Auch hier fehlt massiv Personal.« Auch sei nach wie vor die Finanzierung dieser Maßnahme nicht abschließend zwischen BVG und Senat geklärt, so der Insider weiter.

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Bis heute hat sich daran nichts geändert. Bei einer Mitarbeiterveranstaltung der BVG am vergangenen Freitag wurden noch zu erreichende Meilensteine beim Werkstättenumbau genannt. Noch ausstehend sei die »Umsetzung der Planungsziele bis zur Genehmigungsreife« sowie die »Budgetbestätigung durch den Aufsichtsrat«. Dabei liegt das Umbaukonzept bereits seit 2018 vor.

Mangelnde Werkstattkapazitäten haben schwerwiegende Folgen: »Wir würden jedes Jahr mehr Fahrzeuge abstellen, bis ein Netzteil der U-Bahn komplett eingestellt werden muss«, beschrieb Stefan Kärgel, Abteilungsleiter U-Bahn-Fahrzeuge bei der BVG, bereits im Jahr 2022. Sollte also tatsächlich irgendwann im Herbst oder Winter 2025 Stadler Rail in der Lage sein, mit der Serienlieferung der neuen U-Bahn-Wagen zu beginnen, könnten viele der neuen Züge in wenigen Jahren wieder abgestellt werden müssen.

Auch bei der Straßenbahn hakt es beim Um- und Neubau von Betriebshöfen. Trotz der um ein Jahr verspäteten Auslieferung der ersten neuen 50-Meter-Straßenbahn vom Typ Urbanliner ist der dafür nötige Umbau des Betriebshofs Weißensee noch längst nicht auf der Zielgeraden. Der nächste zu erreichende Meilenstein sei die »Vorbereitung der Budgetfreigabe durch den Aufsichtsrat«, heißt es bei der BVG-Mitarbeiterveranstaltung am Freitag.

Der geplante Betriebshof-Neubau nahe dem S-Bahnhof Adlershof kommt ebenfalls nur zäh voran. Zunächst war ein Baustart 2022 angekündigt worden. Doch bisher gibt es noch kein Baurecht – der Planfeststellungsbeschluss liegt noch nicht vor. Die BVG hofft auf den baldigen »Übergang in die Realisierungsphase«.

»Wir würden jedes Jahr mehr Fahrzeuge abstellen, bis ein Netzteil der U-Bahn komplett eingestellt werden muss.«

Stefan Kärgel BVG-Abteilungsleiter

Um mehr Abstellkapazität für ihre Straßenbahnen zu erhalten, soll der seit über 20 Jahren nicht mehr regulär genutzte und seit 2022 komplett für Schienenfahrzeuge gesperrte Betriebshof Niederschönhausen nun teilreaktiviert werden. Die Planungen dafür sind aber gerade erst angelaufen.

Und auch bei den geplanten zwei neuen Elektrobus-Betriebshöfen in Treptow-Köpenick und in Mariendorf ist die BVG zeitlich im Rückstand. Im Südosten wartet man weiter auf den Abschluss des Bebauungsplanverfahrens und die Baugenehmigung. Ob der für 2026 geplante Eröffnungstermin gehalten werden kann, ist unklar. Die Verzögerungen könnten auch dazu führen, dass bereits zugesagte Bundesförderung am Ende nicht gewährt wird. Für den E-Bus-Standort in Mariendorf ist noch nicht einmal der Bauantrag gestellt worden. Die bisher geplante Eröffnung 2027 dürfte damit – vorsichtig ausgedrückt – äußerst ambitioniert sein.

»Also wenn Sie mich fragen, was eigentlich mein Hauptthema ist, dann ist es das Thema Grundinstandsetzung«, bekannte BVG-Chef Henrik Falk kürzlich beim Fahrgast-Sprechtag des Berliner Fahrgastverbands IGEB. »Da müssen wir richtig Gas geben, weil so eine Infrastruktur kippt irgendwann«, so Falk weiter. Auf 2,8 Milliarden Euro wird der Sanierungsaufwand bis 2035 allein im U-Bahn-Netz geschätzt, für die Straßenbahn werden weitere Hunderte Millionen Euro benötigt. Die Kolleginnen und Kollegen müssten einen »deutlichen Schritt zulegen«, sagte der BVG-Chef.

Wie Falk im Mobilitätsausschuss ausführte, ist die Personalgewinnung im Bereich Infrastruktur »mit die größte Herausforderung«. »Wir reden über alles das, was am Markt gerade wahnsinnig gesucht wird und die haben alle keine Lust auf Grundinstandsetzung«, sagte er.

Falk hatte beim Fahrgast-Sprechtag auch eine Botschaft zum Thema Neubaustrecken. »Ich weiß gar nicht, ob es noch eine Stadt gibt, wo es so viele Studien gibt, was man alles machen will. Das ist wirklich Wahnsinn«, sagte er. Man könne »ganz viele Ideen haben«, müsse sich aber irgendwann mal festlegen, was umgesetzt werden solle, so seine Erkenntnis aus seiner Zeit als Chef der Hamburger Hochbahn.

In der Hansestadt hatte er vor zwei Jahren den ersten Spatenstich für die neue U5 gelegt, die nach etappenweiser Eröffnung schließlich 2040 auf einer Gesamtlänge von 24 Kilometern verkehren soll. Derzeit werden die Kosten auf 14 bis 16 Milliarden Euro geschätzt. »Wenn es ein Geheimnis gibt dahinter, dann ist es wirklich, sich auf ein Projekt zu konzentrieren und zu sagen, das wollen wir jetzt machen«, erläuterte er.

Das irritiert, wenn man sich vor Augen führt, wie viele U-Bahn-Projekte Schwarz-Rot vorantreiben möchte. Da ist die planerisch weit vorangeschrittene Verlängerung der U3 um eine Station bis Mexikoplatz. Die U7 soll an beiden Enden erweitert werden – von Rathaus Spandau zur Heerstraße und von Rudow zum Flughafen BER. Dazu noch die U8 von Wittenau ins Märkische Viertel, wo mit dem 29. Mai 2026 zwar schon der Termin für den ersten Spatenstich feststeht, aber die Planung erst im Juli ausgeschrieben worden ist. Und nicht mal die Wirtschaftlichkeit ist geklärt. Dann sollen auch noch U2 und U9 künftig weite Teile Pankows erschließen.

Es sei für ihn »gar kein Widerspruch, gewisse Dinge zu prüfen«, sagte Falk dazu. Dabei hatte er zuvor noch zu immer neuen Planungen erklärt: »Das kostet immer Geld, das kostet Personale, Leute, die sich damit beschäftigen – und das kostet Energie. Und das ist nicht beliebig vorhanden.«

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