DFB-Frauen in England: Giovanna Hoffmann als neue Alexandra Popp

Die Leipzigerin soll nach dem Abschied der Vorzeigefußalllerin die Probleme im Sturmzentrum lösen

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Hat sich über Leipzig ins Nationalteam gespielt: Giovanna Hoffmann
Hat sich über Leipzig ins Nationalteam gespielt: Giovanna Hoffmann

Kein Blatt vor den Mund zu nehmen, dafür ist Alexandra Popp bekannt. Und so gab Deutschlands Vorzeigefußballerin am Mittwoch auch ehrlich zu, dass sie eigentlich ganz froh sei, im Trainingszentrum des VfL Wolfsburg zu sitzen, während das deutsche Nationalteam fast zur selben Zeit von Frankfurt nach London flog. Dort bestreiten die DFB-Frauen am Freitagabend gegen England dann ihren ersten Härtetest ohne die langjährige Anführerin. »Ich kann nicht leugnen, dass ich es genieße, noch hier in Wolfsburg zu sein. Es fühlt sich nicht komisch an: Es ist vollkommen okay«, versicherte die 33-Jährige, die sich zwischendrin an ihr erstes Länderspiel erinnerte: vor mehr als 14 Jahren in Duisburg gegen Nordkorea, »als kleines Mädchen ohne Körperspannung mit schlottrigen Knien«.

Ihre Nachfolgerin könnte Giovanna Hoffmann heißen, mit 26 Jahren zwar kein Mädchen mehr, aber wacklige Knie schließt die Angreiferin von RB Leipzig auch nicht aus. Mit der Berufung habe sie »ehrlich gesagt nicht mehr gerechnet«. Von Normalität vor einem Debüt in Wembley könne man sicherlich nicht sprechen. »Ich war noch nie dort. Man stellt sich innerlich darauf ein, dass das eine krasse Erfahrung ist – egal, ob man jetzt spielen darf oder nicht.«

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Nichts illustriert den gewaltigen Umbruch besser als der Wechsel auf Popps Paradeposition. Und nach den Absagen von Lea Schüller und Laura Freigang gibt es auch kaum Alternativen. Die Novizin Hoffmann kommt in ihren 85 Bundesligaspielen für Werder Bremen, den SC Freiburg und Leipzig gerade mal auf neun Tore, für die Torjägerin vom VfL Wolfsburg sind es alleine im Nationaltrikot 67 Treffer. Ihr 145. Länderspiel gegen Australien am Montag in Duisburg wird ihr letztes sein.

Popp glaubt an eine »gute und erfolgreiche Zukunft« ohne ihr Zutun: »Wir haben eine wahnsinnige Qualität in unserem Kader – auch die Spielerinnen, die jetzt nominiert sind. Ich wünsche mir, dass die Mädels zusammen mit dem Trainerteam diese Qualität als Einheit auf den Platz bringen können. Das haben wir einfach in der Vergangenheit in den letzten Jahren nicht konstant geschafft, um richtig erfolgreich zu sein.« Damit war sicherlich nicht Interimscoach Horst Hrubesch, sondern eher seine Vorgängerin Martina Voss-Tecklenburg gemeint. Der neue Bundestrainer Christian Wück versucht sich nach monatelanger Sichtung nun an einem Neuanfang.

Dabei soll mit Hoffmann eine Offensivkraft helfen, die kaum einer auf dem Zettel hatte. Sie erfülle »unser Positionsprofil einer Mittelstürmerin nahezu zu 100 Prozent«. Der Auftrag des ehemaligen Stürmers: »Tore schießen und vorbereiten und Bälle unter Druck festmachen. Dafür brauche es eine gewisse Körperlichkeit.« Er sei selbst gespannt, ob die 1,78 Meter große Fußballerin ihre Leistungen »auch international auf hohem Niveau abrufen kann«.

Mehr als 50 000 Fans erwartet Englands Verband für die Wiederauflage des EM-Finals von 2022. Seitdem hat die Popularität des Fußballs der Frauen neue Dimensionen erreicht. Popp wurde es zu viel: »Gefühlt gibt es Privatleben nicht mehr.« Man müsse lernen, damit umzugehen. Hoffmann hat in Frankfurt beim öffentlichen Training brav alle Wünsche nach Autogrammen und Selfies erfüllt. Sie gilt als bodenständiges Nordlicht: in Bremerhaven geboren, in Bremen ausgebildet. Zweimal stieg sie mit dem SV Werder in die Bundesliga auf, ehe sie 2020 nach Freiburg wechselte. Wie viele Spielerinnen hat sie bereits einen Kreuzbandriss und andere Verletzungen hinter sich.

Die Rückschläge seien ihr durch den Kopf gegangen, verriet Hoffmann, als Wück sich bei ihr meldete. »Man kann das in dem Moment nicht realisieren.« Ko-Trainerin Maren Meinert kennt sie noch aus ihren Zeiten bei den Juniorinnen-Nationalteams. Jetzt sei sie gespannt, »wie es mit den Mitspielerinnen passt«. Logisch, dass sie sich direkt an ihrer Vorgängerin Popp orientiert, die sich in der Karriere alles hart erarbeiten musste: »Sie ist für uns alle gewissermaßen ein Vorbild, weil sie das Gesicht des deutschen Frauenfußballs ist. Sie macht im Sturm viele Sachen, die ich mir abgucken kann. Sie interpretiert die Position wie ich.«

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