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Musk und Thiel: Für die Herrschaft des Bosses
Wie weiße Unternehmer mit Wurzeln in Südafrikas Apartheid die US-Wahlen zu beeinflussen versuchen
Elon Musk wurde 1971 in Pretoria geboren. Er ging dort zur Schule, ehe er mit 17 nach Kanada auswanderte, zwei Jahre vor der Überwindung der Apartheid. Auch der Investor Peter Thiel, in Deutschland geboren, lebte als Kind in den 70er Jahren in Südafrika, als sein Vater dort beim Uranabbau als Ingenieur tätig war. In diesen Kreis gehört zudem der in Kapstadt geborene Unternehmer David Sachs, der im Juni bei einem Event in seinem Haus in San Francisco mehr als zwölf Millionen Dollar Spenden für Donald Trumps Wahlkampf eingesammelt haben soll.
Musk, Thiel und Sachs verbindet nicht nur ihre Vergangenheit in Südafrika, sie sind zudem Teil der sogenannten Paypal-Mafia. Diese rund 20-köpfige Gruppe war zur Jahrtausendwende an der Gründung des Internet-Bezahldienstes beteiligt und gründete nach dessen Verkauf weiter gemeinsam Unternehmen. Spätestens als Elon Musk im Jahr 2022 Twitter kaufte und damit in die Politik drängte, interessierte sich die US-Presse für die Wurzeln einzelner Gruppenmitglieder im rassistischen Südafrika. Dies steigerte sich noch, als Donald Trump den Thiel-Protegé James D. Vance zu seinem Vizepräsidentschafts-Kandidaten kürte und Musk eine immer größere Rolle im Wahlkampf spielte.
Abkehr vom Laissez-Faire
Großunternehmer greifen für gewöhnlich nicht selbst nach dem Steuer, sie beeinflussen lieber aus dem Hintergrund. Die Paypal-Mafia macht das etwas anders. Thiel gab seinen ursprünglichen radikalen Libertarismus auf, und Musk zeigte seine Wandlung vom Laissez-Faire zur Intervention in die Politik in den vergangenen zwei Jahren deutlicher. Ihre Warnungen vor dem Ende der weißen Vorherrschaft erinnern an eine Wiederkehr von Ängsten weißer Südafrikaner vor dem Regieren des siegreichen ANC. Als der radikale schwarze Politiker Julius Malema im Jahr 2022 erneut das Lied »Tötet die Buren, tötet die Farmer« in der Öffentlichkeit sang, twitterte Musk, dass dieser damit für einen »Genozid an den Weißen« plädiere. Davon reden in den USA nur Rechtsradikale.
Peter Thiel seinerseits unterstützt finanziell den Politphilosophen Curtis Yarvin, der sich ähnlich über Südafrika äußert: So setzt er die Taten des rechten Massenmörders Anders Breivik in Norwegen mit dem gewaltsamen Freiheitskampf des ANC vor der Machtübernahme Nelson Mandelas gleich. Diese Rhetorik trifft in den USA auf ein weißes Publikum, das teilweise große Angst vor dem irgendwann bevorstehenden Verlust seines Mehrheitsstatusses hegt.
Hinter dieser Politoffensive steht auch das Plädoyer für einen starken Mann an der Spitze in Politik und Wirtschaft. Beim Unternehmer Musk lief das auf rabiate Entlassungen bei Tesla und Twitter sowie das Bekämpfen von Gewerkschaften hinaus. Thiel plädiert dafür, dass der Intelligenteste und Fähigste herrschen solle, denn Freiheit und Demokratie seien nicht miteinander kompatibel. Yarvin schlug sogar ein Wahlsystem vor, in dem nur die Stimmen von Menschen mit einem IQ ab 120 gezählt werden sollten – ohne dass die »Dummen« davon erfahren.
Hetze gegen die Unterklasse
In der rechten Debatte der USA sind Intelligenzquotienten schon länger eine verklausulierte Methode, zwischen verschiedenen Ethnien pseudo-wissenschaftlich zu unterscheiden und zu postulieren: Die (nicht weiße) Unterklasse sei arm, weil dumm. Auf seinem Blog »Unpopular Front« summierte der progressive US-Journalist John Ganz solche Tendenzen unter den Afrikaans-Begriff »Baasskap« (etwa: Herrschaft des Bosses), der in der Apartheid-Zeit in Südafrika für die Vorherrschaft der Weißen stand.
Ein kaputtes Amerika soll also von einem starken Mann wie Donald Trump wieder in den Griff bekommen werden. Immer wieder skandalisieren Musk und Thiel daher die Verhältnisse in von Linken regierten kalifornischen Städten, sie hetzen gegen Arme, ihren Dreck und die dort angeblich grassierende Gewalt. Die selbst in Kalifornien ansässige Paypal-Mafia argumentiert nicht im Sinne der Emanzipation, sondern für eine Ordnung im Sinne der Elite.
John Ganz beobachtet mit Schrecken, wie sein ins Spiel gebrachtes »Baasskap« von Teilen der Presse verharmlost wird. Der Begriff hat seinen Schrecken verloren und beschreibt nur noch den starken, fähigen Chef, der die Nation retten solle nach dem alten Trump-Motto: »Make America great again!«
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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