Erbschaftssteuer: Teure Wissenslücken für Berlin

Dem Berliner Senat liegen kaum Daten zu Erbschaften und Schenkungen vor

Der Senat weiß nur wenig über in Berlin anfallende Erbschaften und Schenkungen.
Der Senat weiß nur wenig über in Berlin anfallende Erbschaften und Schenkungen.

Dass die Berliner Finanzämter Probleme haben, Steuerrückstände einzutreiben, ist bereits länger bekannt. Die Grünen wollen nun eine weitere Lücke auf der Einnahmeseite entdeckt haben: Dem Senat liegen demnach kaum Informationen zu Höhe von Erbschaften und Schenkungen vor. Dies geht aus einer noch unveröffentlichten Anfrage des Grünen-Abgeordneten André Schulze hervor, die »nd« vorliegt.

Zur großen Mehrheit der von Schulze gestellten Fragen fällt die Antwort knapp aus: »Dem Senat ist die Beantwortung dieser Frage nicht möglich.« Dem Senat liegen demnach weder Daten zur Höhe der jährlich anfallenden Erbschaften und Schenkungen vor, noch weiß der Senat, wie groß der Anteil von Betriebsvermögen und Wohneigentum unter den vererbten Vermögenswerten ist. Beide werden im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht privilegiert behandelt und müssen teilweise gar nicht versteuert werden.

Für einen Großteil der angefragten Daten wäre eine statistische Erfassung dabei relativ einfach: Das Finanzamt Schöneberg übernimmt für ganz Berlin die Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuern. Alle notwendigen Daten liegen dort also theoretisch vor. Da dort aber nicht die Mittel vorhanden sind, um die Daten sachgerecht aufzuarbeiten, werden die Datensätze an das Landesamt für Statistik weitergeleitet. Auch dort findet seit 2014 allerdings keine Aufstellung mehr statt. Stattdessen werden die Daten an das Statistische Bundesamt weitergeleitet, wo sie am Ende nur noch in stark zusammengefasster Form veröffentlicht werden.

Bei einem kleineren Teil der angeforderten Daten ist eine Veröffentlichung nicht möglich, weil wegen der geringen Fallzahlen auf einzelne Betroffene geschlossen werden könnte. Dies widerspräche dem Steuergeheimnis, so der Senat. Dies gilt etwa für Verschonungsbedarfsprüfungen, also wenn Erben beantragen, keine Erbschaftssteuer zu zahlen, weil sie diese nicht aus »verfügbarem Vermögen« begleichen können.

Konkrete Daten kann der Senat nur zu zwei Punkten liefern: Die Gesamtzahl der steuerlich berücksichtigten Erbschaften und Schenkungen schwankte demnach in den vergangenen zehn Jahren zwischen 5305 (2018) und 7413 (2022). Im laufenden Jahr 2024 wurden Erbschafts- oder Schenkungssteuern demnach bis zum Juni 3200 Mal fällig. Seit 2015 wurden zudem etwa 360 Millionen Euro an Erbschafts- und Schenkungssteuern nachträglich erlassen.

»Während Menschen, die Grundsicherung, Arbeitslosen- oder Bürgergeld beziehen, alle Informationen über sich offenlegen müssen, weiß der Senat wenig bis nichts über Schenkungen und Erbschaften in dieser Stadt«, kommentiert Fragesteller André Schulze die Antwort des Senats. »Ohne eine solide Datengrundlage zu Erbschaften und Schenkungen entgehen dem Land Berlin womöglich wichtige Einnahmen aus dieser Ländersteuer. Dabei kann dieser Senat in der aktuellen schwarz-roten Haushaltskrise jeden Cent gut gebrauchen.«

Die Senatsverwaltung für Finanzen sieht die Sache dagegen weniger dramatisch: »Es wird keine Notwendigkeit gesehen, die Transparenz und parlamentarische Kontrolle bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer weiter zu erhöhen«, heißt es in dem Antwortschreiben des Senats. Die Transparenz sei demnach durch bestehende Steuerstatistiken schon genügend gegeben.

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