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Lungenentzündungen: Woher kommt der aktuelle Anstieg?
Überdurchschnittlich viele Menschen und vor allem Kinder und Jugendliche leiden derzeit an einer Lungenentzündung
Spezielle Bakterien können schwere Lungenentzündungen auslösen: die Mykoplasmen. Infektionen mit diesem Erreger treten zwar jedes Jahr auf, aber nicht in dem hohen Maße wie aktuell.
Was sind Mykoplasmen?
Der Erreger mit dem lateinischen Namen Mycoplasma pneumoniae ist kein Virus, sondern ein parasitär lebendes Bakterium. »Mykoplasmen sind im Wesentlichen auf den Wirt angewiesen, und das ist ausschließlich der Mensch«, erklärt der Biologe Roger Dumke, der am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie am Uniklinikum Dresden das Konsiliarlabor des Robert-Koch-Instituts für Mykoplasmen leitet. Die Erreger unterscheiden sich von anderen Bakterien darin, dass sie keine Zellwände haben und daher nicht mit weit verbreiteten Antibiotika wie Penicillin bekämpft werden können. Der Erreger wurde bereits 1938 beobachtet.
Wie sieht die Infektionslage aktuell aus?
»Wir haben aktuell wesentlich mehr Fälle, und damit auch einen höheren Prozentsatz an schweren Erkrankungen. Die Welle ist unbestritten. Im Vergleich zur Corona-Pandemie gibt es einen Anstieg der Infektionen um das 10- bis 20-fache«, so Dumke. Seit Sommer werden weit mehr Lungenentzündungen festgestellt als in den vergangenen Jahren, darunter viele durch Mykoplasmen. Eine flächendeckende Untersuchung, ob Infektionen mit Mykoplasmen vorliegen, gibt es hierzulande nicht. Eine Meldepflicht, sollte der Erreger über einen Abstrich aus Nase oder Rachen oder einer Messung im Blut festgestellt werden, hat in Deutschland gegenwärtig nur das Bundesland Sachsen. Nach Angaben der dortigen Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen gab es in Sachsen in diesem Jahr bis Mitte September mehr als 12.000 Meldungen für eine Infektion. Darunter fallen zwar auch andere Mykoplasmen-Arten als Mycoplasma pneumoniae, aber dennoch ist der Lungen-Erreger dem Mikrobiologen Dumke zufolge hauptverantwortlich für den Anstieg. Zum Vergleich: 2023 lag die Zahl der Mykoplasmen-Meldungen zu diesem Zeitpunkt bei rund 2000, im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es knapp 1200.
Wie gefährlich ist eine von diesem Erreger ausgelöste Infektion?
Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae verlaufen im Allgemeinen mild, können aber auch schwerwiegend sein. Vor allem durch Husten und Niesen wird der Erreger verbreitet. Die meisten Menschen erholen sich ohne Medikamente. »Patienten mit intaktem Immunsystem können mit dem Erreger relativ gut umgehen«, so Roger Dumke. Manche jedoch brauchen spezielle Medikamente, um wieder gesund zu werden.
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Warum kommt es jetzt vermehrt zu Infektionen?
Der Biologe Dumke spricht von einem »späten Nachholeffekt nach der Corona-Pandemie«. Einerseits könne dieser mit Untertypen des Erregers zusammenhängen. Alle paar Jahre gibt es dort leichte Veränderungen, wodurch es auch früher schon zu Anstiegen der Infektionszahlen kam. Nach dem Wegfall der Corona-Schutzmaßnahmen könnten mögliche Veränderungen der Verteilung der Untertypen diesmal besonders ausgeprägt sein und somit das Immunsystem von mehr Menschen umgehen. Andererseits hatten nach Dumkes Auffassung die Menschen durch die Hygienemaßnahmen während der Pandemie auch wenig Kontakt mit dem Erreger. Die spezifische Immunantwort in der Bevölkerung in Deutschland auf Mycoplasma pneumoniae müsse erst wieder aufgebaut werden. Die Welle werde irgendwann wieder abebben, ist sich Dumnke sicher, unklar aber sei der Zeitpunkt.
Was sind typische Symptome der Infektion?
Am häufigsten ähneln sie einer Erkältung: Husten, Müdigkeit, Fieber oder Halsschmerzen. Bei Jüngeren können Durchfall, Erbrechen oder Keuchen auftreten. Wenn es Komplikationen gibt, können auch Asthmaanfälle oder schwere Lungenentzündungen dazukommen. Wichtig: Die Krankheit beginnt eher schleichend und wird nicht unbedingt sofort erkannt. Auch weil sie anders als bei einer typischen Lungenentzündung, die unter anderem mit hohem Fieber, Schüttelfrost und starkem Husten einhergeht, eher leichtes Fieber, trockenen Husten und Kurzatmigkeit hervorruft. Lungenentzündungen, die durch Mykoplasmen entstehen, verlaufen schwerer und dauern länger als bei sonstigen Erregern. dpa/nd
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