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Sachsens Linke springt in die Bresche
Genossen bieten nach Brombeer-Aus befristete Tolerierung an. Protest nach Gespräch Kretschmers mit AfD
In Sachsen könnte es vorübergehend zu einem informellen Bündnis von CDU, SPD, Grünen und Linken kommen. Nach dem Scheitern der Sondierungen über eine sogenannte Brombeer-Koalition von CDU, SPD und BSW boten die Genossen an, das seit der Landtagswahl 2019 regierende Kenia-Bündnis zeitweilig zu tolerieren. Dessen Minister führen so lange die Amtsgeschäfte, bis im Landtag ein neuer Regierungschef gewählt ist, der dann ihre Nachfolger benennt. Wann das geschehen kann, steht nach dem Ausstieg des BSW aus der Regierungsbildung in den Sternen. Die CDU unter Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich zunächst eine Denkpause bis kommende Woche verordnet.
Im neuen Landtag, der am 1. September gewählt wurde, hat die Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD keine Mehrheit mehr. Wahlsieger CDU bringt es auf 41 statt bisher 45 Abgeordnete, die Grünen erhielten sieben statt zwölf Sitze, die SPD wie bisher zehn. In Summe sind das 58 Sitze, drei weniger, als im 120 Abgeordnete zählenden Parlament für eine Mehrheit erforderlich sind. Die Linke wiederum schaffte es zwar nur durch die Hintertür zweier gewonnener Direktmandate ins Parlament, verfügt dort aber nun über sechs Sitze. Man sei angesichts der schwierigen Lage »bereit für verantwortungsvolle Politik«, erklärten Susanne Schaper und Stefan Hartmann, die Partei und Fraktion führen, und boten eine Tolerierung an.
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Diese wäre zeitlich eingegrenzt. Sie würde gelten »bis zum Beschluss eines verantwortungsvollen Haushalts«, betonten beide. Der aktuelle Doppelhaushalt läuft Ende 2024 aus. Gibt es auf absehbare Zeit keinen neuen, würde das Freistaat, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in eine schwierige Lage bringen. Man müsse »die notwendigen Mittel für die soziale, kulturelle und bauliche Infrastruktur sichern«, betonten die Linke-Chefs. Auch DGB-Landeschef Markus Schlimbach kritisierte, nun könnten »wichtige Themen, die die Menschen in Sachsen bewegen und die einer Lösung bedürfen, nicht zeitnah und entschlossen angegangen werden«. Er drängte darauf, »zügig Klarheit darüber zu schaffen, wie Sachsen über die kommenden Jahre regiert werden soll«.
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Theoretisch könnte das Viererbündnis unter Einschluss der Linken auch für die gesamte Wahlperiode amtieren. Allerdings gilt das als äußerst unwahrscheinlich. Mit der Linken schließt die CDU wie mit der AfD eine Zusammenarbeit aus; es gibt einen Unvereinbarkeitsbeschluss. Nur in wenigen Fällen, etwa bei einer Verfassungsänderung 2013, mit der auch die Schuldenbremse eingeführt wurde, waren die Genossen an wichtigen Entscheidungen beteiligt.
Bei den Grünen wiederum hält sich derzeit die Bereitschaft, der CDU aus der Patsche zu helfen, wegen des aggressiven Wahlkampfs von Kretschmer gegen die Ökopartei in Grenzen. Man sehe sich nicht in der Pflicht, sagte Fraktionschefin Franziska Schubert. Der Ministerpräsident trage die Schuld am »Schlamassel« und stehe in der Verantwortung, Auswege zu finden: »Wir warten daher jetzt erst mal ab.«
Daneben hat Kretschmer wenige Optionen. Die wahrscheinlichste ist eine Minderheitsregierung mit der SPD, die aber regelmäßig zehn Stimmen aus anderen Fraktionen bräuchte. Mit der im Freistaat als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD will Kretschmer nicht regieren. Zwar appellierte diese, wie schon unmittelbar nach der Wahl, sie zu beteiligen. »Wir sind immer gesprächsbereit«, sagte Landeschef Jörg Urban: »Die Brandmauer muss weg.« Auch in der CDU gibt es entsprechende Forderungen, zumal die Abgrenzung mittlerweile in vielen Kommunen nicht mehr aufrechterhalten wird. Kretschmer bleibt aber auf Abstand, auch nachdem er Urban am Dienstag zum Gespräch traf. Am Mittwoch gab es in Dresden eine Demonstration gegen eine »Zusammenarbeit mit Faschisten«.
Endlos Zeit für die Mehrheitssuche hat Kretschmer nicht. Laut der Landesverfassung muss die Wahl des Ministerpräsidenten spätestens vier Monate nach der Konstituierung des Landtags erfolgen, die am 1. Oktober vollzogenen wurde. Weil der 1. Februar ein Samstag ist, läuft die Frist am 3. Februar ab. Klappt das nicht, löst sich das Parlament auf. Neuwahlen sind laut Verfassung binnen 60 Tagen abzuhalten. Der letzte mögliche Sonntag wäre der 30. März – ein Tag, an dem auch die nächste Bundestagswahl stattfinden könnte.
»Wir warten jetzt erst mal ab.«
Franziska Schubert Fraktionschefin Grüne
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