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Chemnitz erhält eine Bank für Justin Sonder
Skulptur erinnert an den Auschwitz-Überlebenden und Ehrenbürger
In der Chemnitzer Brühl-Schule wurden im Juni 1938 »Sonderklassen« eingeführt. Diese mussten zum Beispiel Kinder besuchen, deren Väter zwar Frontkämpfer gewesen waren, aber auch Juden. Die Nationalsozialisten, die eine strikte Politik der »Rassentrennung« verfolgten, wollten sie nicht mehr mit anderen Kindern gemeinsam unterrichten lassen. Der Schulleiter wehrte sich vergebens gegen die vermeintliche »Abwertung« seiner Schule. Das Experiment, eines von vielen Beispielen für den Antisemitismus der Nazis, war aber ohnehin von kurzer Dauer. Im Dezember 1938 wurde es beendet.
In Sichtweite der ehemaligen Brühl-Schule wird an diesem Samstag eine Skulptur eingeweiht, die dem 2020 im Alter von 95 Jahren verstorbenen Chemnitzer Ehrenbürger Justin Sonder gewidmet ist: einem Mann, der als Jugendlicher die Grauen des Vernichtungslagers Auschwitz erleben musste, der später als Zeitzeuge unermüdlich an diese erinnerte und trotz seiner schlimmen Erfahrungen doch auch immer »zu Solidarität und Freundlichkeit unter den Menschen aufrief«. So steht es in einem Aufruf des Auschwitz-Komitees, mit dem dieses zu Spenden für die von ihm angeregte Skulptur einlud.
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Diese wird Passanten einladen, sich zu Sonder zu setzen und »mit ihm gedanklich ins Gespräch zu kommen«, wie die Stadtverwaltung formuliert. Schließlich handelt es sich bei dem Kunstwerk um eine Bank, auf der in Bronze gegossen ein Abbild Sonders sitzt, »denjenigen zugewandt, die sich zu ihm setzen: Um nicht zu vergessen!«, wie das Auschwitz-Komitee formuliert. Die Skulptur wurde von der Rostocker Künstlerin Julia Kausch entworfen und vom Chemnitzer Steinmetz Till Apfel umgesetzt. Eingeweiht wird sie an diesem Samstag bei einer Festveranstaltung, an der neben Familienmitgliedern und Freunden auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (beide CDU) teilnehmen.
»Es ist eine würdige und sympathische Figur. Justin hätte sich gefreut.«
Enrico Hilbert VVN-BdA Chemnitz
Wulff kannte Sonder, seitdem er ihn im Jahr 2011 eingeladen hatte, ihn nach Auschwitz zu begleiten. Er durfte dort als erstes bundesdeutsches Staatsoberhaupt am Jahrestag der Befreiung des Lagers am 27. Januar sprechen. Beide hätten sich dabei »lange und intensiv ausgetauscht«, sagt Enrico Hilbert, Vorsitzender des Opferverbandes VVN-BdA in Chemnitz und langjähriger persönlicher Freund Sonders. Er merkt an, dass es nach 1990 dessen einzige Rückkehr an den Ort war, an dem er als 17-Jähriger gepeinigt wurde.
Hilbert und andere Mitstreiter im VVN-BdA hatten sich lange für eine angemessene Ehrung Sonders eingesetzt. Das gestaltete sich im Nachwende-Sachsen schwierig, weil dieser nach 1945 Kriminalpolizist wurde und als »systemnah« galt. Die PDS schickte ihn 2009 als Wahlmann in die Bundesversammlung, in der Wulffs Vorgänger Horst Köhler gewählt wurde: »Das hat ihn gefreut«, sagt Hilbert. 2017 wurde Sonder Chemnitzer Ehrenbürger.
Nun wird es rechtzeitig zum Kulturhauptstadt-Jahr eine Ehrung geben, auf die Passanten zufällig stoßen können – und die dem Geehrten sehr gerecht wird, wie Hilbert findet. Sein Gesicht wirke von der einen Seite nachdenklich, von der anderen verschmitzt. »Es ist eine würdige und sympathische Figur«, sagt Hilbert: »Justin hätte sich gefreut.«
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