- Berlin
- Satzungsänderung
Brandenburgs Linke macht sich klein
Name der Partei soll künftig in der Satzung nicht mehr in großen Buchstaben geschrieben werden
»Mit der Einführung des neuen Erscheinungsbildes und eines neuen Logos wird im öffentlichen Auftritt der Partei auf Versalien verzichtet.« Da Name und Logo ein wichtiges Erkennungsmerkmal seien, müssten sie konsequent richtig eingesetzt werden. So begründet Brandenburgs Linke eine geplante Satzungsänderung. In der Satzung steht bisher noch als Selbstbezeichnung durchweg in Großbuchstaben: »DIE LINKE LANDESVERBAND BRANDENBURG«. Das soll abgeändert werden zu: »Die Linke Landesverband Brandenburg«. Die Bundespartei legte mit Beschluss vom 20. Oktober in Halle vor. Der Landesverband will am 7. und 8. Dezember bei einem Landesparteitag in Schönefeld nachlegen.
Notwendig ist aber weitaus mehr als diese kosmetische Änderung, um Brandenburgs Linke neu zu organisieren nach der vernichtenden Wahlniederlage vom 22. September. Da hatte die Partei nicht einmal mehr drei Prozent der Stimmen erhalten und war aus dem Landtag geflogen. Von alter Stärke wird vorerst nicht geträumt. Zu illusorisch scheint im Moment die Vorstellung, jemals wieder so gut dazustehen wie vor 15 Jahren. Bei der damaligen Landtagswahl hatte Brandenburgs Linke noch 27,2 Prozent eingefahren. Jetzt muss sie zusehen, wie sie sich auf Fraktionen in den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen stützt, um überhaupt noch gehört zu werden. Ansonsten könnte ein aus der bisherigen Landtagsfraktion heraus gebildeter parlamentarischer Arbeitskreis die Arbeit von Landesregierung und Landtag kritisch begleiten – und Bemerkungen von der Seitenlinie einwerfen.
So ungefähr skizziert es ein acht Seiten umfassender Antrag »Veränderung beginnt mit (außerparlamentarischer) Opposition«, den der Landesvorstand eingebracht hat. »Die Lage ist dramatisch und sie ist nicht auf Brandenburg beschränkt«, wird dort analysiert. Der 22. September 2024 wird als Wendepunkt in der Geschichte der Partei bezeichnet, die erstmals in einem ostdeutschen Landtag nicht mehr vertreten ist. Die Europawahlen im Juni und die Landtagswahlen im September »haben gezeigt, dass Die Linke mittlerweile in allen ostdeutschen Flächenländern mit Ausnahme Thüringens in der Todeszone angekommen ist«, heißt es. Einzig in den Metropolen seien die Sozialisten »als fester Bestandteil des Parteienspektrums etabliert«. Aber selbst das darf bezweifelt werden. Denn mittlerweile kann sich nicht einmal mehr die Hauptstadt-Linke in Sicherheit wiegen, bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2026 die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen.
In Brandenburg soll ein Ausweg sein, die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden fortzusetzen. So wie bei der Volksinitiative »Schule satt«, die allen Grundschülern in Brandenburg ein warmes Mittagessen verschaffen soll – unabhängig vom Einkommen der Eltern allein vom Staat finanziert. Die Linke will Sprachrohr für solcherlei Anliegen sein auch angesichts der Tatsache, dass sie wegen der finanziellen und wirtschaftlichen Situation unter einer Landesregierung aus SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) einen sozialen Kahlschlag erwartet.
»Der Landeshaushalt hält die eine oder andere Herausforderung bereit. Es wird weniger Geld geben als in den früheren Jahren«, hatte der BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach gesagt, als am 4. November die Koalitionsverhandlungen mit der SPD begannen, die sich mittlerweile auf einem guten Weg befinden sollen. »Wir planen keine Rotstiftpolitik, müssen aber klug und sinnvoll priorisieren«, hatte Crumbach erklärt.
»Die Lage ist dramatisch und sie ist nicht auf Brandenburg beschränkt.«
Aus einem Antrag für den Landesparteitag
Die Linke will »ab sofort« für ihren Wiedereinzug in den Landtag kämpfen – ob es nun erst 2029 bei der nächsten regulären Wahl dazu kommt oder bei vorgezogenen Neuwahlen schon früher. Etappenziel sollte die Bundestagswahl im September 2025 sein. Da wollten die Sozialisten in Brandenburg mehr als fünf Prozent erreichen und damit unterstreichen, dass mit ihnen wieder zu rechnen sei. Sie hatten vor, in Brandenburg bis zur Sommerpause und zum Beginn des Bundestagswahlkampfes an 30 000 Haustüren zu klingeln.
Doch die Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) durch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wirft alle diese Pläne über den Haufen. Nach dem Bruch der Koalition könnte es eine Neuwahl im März, vielleicht auch schon im Februar geben, theoretisch sogar schon im Januar. Brandenburgs Linke kann deshalb nicht wie beabsichtigt einen Schritt nach dem anderen gehen. Sie kann nicht zunächst im Dezember in Schönefeld einen neuen Landesvorstand wählen und sich erst danach um die Bundestagswahl kümmern. Denn der Wahlkampf hat faktisch bereits begonnen. Seit das in der vergangenen Woche klar wurde, gab es eine Besprechung nach der anderen. Auch die politische Konkurrenz ist mit dieser Situation konfrontiert.
Eine gute Nachricht gibt es immerhin. Fast 400 Neueintritte verzeichnete Brandenburgs Linke im zurückliegenden Jahr. Junge und Alte sind gekommen, und dies übers gesamte Bundesland verteilt. Der bis dahin gewohnte Mitgliederschwund konnte damit aufgehalten werden. Die Mitgliederzahl blieb unter dem Strich stabil bei rund 4050.
Bewerbungen als Landesvorsitzende oder für die übrigen Funktionen im Landesvorstand liegen noch nicht vor, wie Linke-Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg am Montag sagt. Es hat sich auch noch niemand öffentlich geäußert, ob er im Vorstand weitermachen oder aufhören wolle. Selbst die Zahl der künftigen Vorstandsmitglieder ist offen. Bisher schreibt die Satzung 18 vom Parteitag zu wählende Mitglieder vor. Doch diese Vorgabe soll beim Parteitag in Schönefeld aus der Satzung gestrichen werden. Begründung: »Die Linke befindet sich in einem Umbruchprozess, in dem wir die Strukturen auf allen Ebenen immer wieder auf den Prüfstand stellen müssen. Daher soll die Entscheidung über die Größe des Landesvorstands in die Hände des Parteitags gelegt werden.«
Vorgesehen ist auch eine Satzungsänderung, wonach die Mitglieder innerparteilicher Zusammenschlüsse keiner konkurrierenden Partei angehören dürfen, wobei die Landesarbeitsgemeinschaften aber hiervon abweichende Regelungen treffen dürften. Parteilose sollen wie bisher unproblematisch in solchen Zusammenschlüssen mitarbeiten können. Hintergrund sind Übertritte zum Bündnis Sahra Wagenknecht. Der Wechsel zu einer anderen Partei soll künftig gleichbedeutend mit einem Austritt aus den Landesarbeitsgemeinschaften sein.
Nicht vom Landesvorstand, sondern vom Kreisvorstand Potsdam-Mittelmark beantragt ist eine sogenannte Erneuerungsquote. Es soll bei der Aufstellung von Landeslisten darauf hingewirkt werden, »dass mindestens jeder vierte Listenplatz mit einer Person besetzt wird, die dem Bundestag in den 36 Monaten vor dem Wahltag nicht angehört hat«. Im Moment sitzen nur zwei Brandenburger Genossen im Bundestag: Christian Görke und Anke Domscheit-Berg. Für mehr Mandate hatte es angesichts von 8,5 Prozent in Brandenburg und 4,9 Prozent bundesweit bei der Wahl im September 2021 nicht gereicht. Ohne die in Berlin und Leipzig gewonnenen drei Wahlkreise wären diese beiden nicht in den Bundestag eingezogen.
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