Verdrängung in Berlin: Noch kein Urteil zur »Brauni«

Neuköllner Hausprojekt kämpft um den eigenen Erhalt – der Vermieter will es räumen lassen

Über 40 Leute kämpfen um ihre Wohnungen in Neukölln und vor gericht gegen die Räumjungsklage des Vermieters.
Über 40 Leute kämpfen um ihre Wohnungen in Neukölln und vor gericht gegen die Räumjungsklage des Vermieters.

Die Bewohner*innen des linken Hausprojekts »Brauni« in der Braunschweiger Straße 53/55 in Neukölln stehen am Dienstagmorgen in Regen und Schnee vor dem Rathaus Neukölln. Sie machen darauf aufmerksam, dass ihr Zuhause bedroht ist. »Wir wollen nicht obdachlos werden«, sagt eine*r der Bewohner*innen zu »nd«. Anlass für die Befürchtung ist eine Gerichtsverhandlung am Amtsgericht Neukölln. Dort streiten sich ehemalige und aktuelle Hausbewohner*innen mit der Vermieter-GmbH. Erstere wollen Wechsel im Hauptmietvertrag gerichtlich durchsetzen, Letztere will das gesamte Hausprojekt räumen lassen.

»Es gibt jetzt schon 12 bis 13 Kündigungen von Mietverträgen«, sagt Brauni-Anwalt Andreas Günzler zu »nd«. Dem Hausprojekt sei wiederholt aus verschiedenen Gründen gekündigt worden: Aufgeführte Gründe sind zum Beispiel Müll auf dem Hof, an Wände gesprühte Schriftzüge oder fehlende Prüfbescheinigungen für selbst installierte Elektroanlagen.

»Wir geben nicht auf. Wir kämpfen gegen das Immobilienkapital, das diese Stadt übernehmen will.«

Bewohner*innen des Hausprojekts Brauni

In der Verhandlung am Amtsgericht wurde jedoch vorrangig über angebliche Mietschulden diskutiert. Die Vermieterseite spricht von zwei Monatsmieten, nur eine davon sei nachgezahlt worden. Die Bewohner*innen widersprechen: nur eine Monatsmiete sei verspätet gezahlt worden, alle anderen pünktlich.

Ein anderes Streitthema der Parteien ist der Zustand des Hauses: Die Vermieterseite argumentiert, dass die Mieter*innen entsprechenden Aufforderungen zur Sicherung der elektrischen Infrastruktur nicht nachgekommen seien. Die Richterin hält ein bereits vorliegendes Gerichtsgutachten für nicht aussagekräftig. Sie bezweifelt, dass die von der Vermieterseite angeführten Gründe für eine Kündigung reichen – mit Ausnahme der angeblich nicht gezahlten Miete. »Wenn das stimmt, dann brauchen wir nicht weiterzuverhandeln, dann ist die Kündigung gültig«, sagt sie. Wenn nicht, dann müsse gegebenenfalls ein neues Gutachten angefertigt werden oder sie müsse sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen.

Der Vermieterseite geht es offensichtlich darum, das Hausprojekt loszuwerden. Deshalb sei schon der Mieterwechsel untersagt worden, der überhaupt erst zur ursprünglichen Klage der Hausbewohner*innen führte. Eigentlich gab es laut Vermieter-Anwalt eine Befristung auf zehn Jahre im Mietvertrag von 2010, der als Gewerbemietvertrag betrachtet worden sei. Nun deute zwar vieles darauf hin, dass es sich stattdessen um einen Wohnmietvertrag handelt und die Befristung deshalb nicht gelte. Mieter*innenwechsel will der Vermieter aber dennoch nicht mehr gestatten. »Sonst würde das Mietverhältnis ja nie enden; der Vermieter käme da nie wieder ran«, sagt dessen Anwalt.

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Andreas Günzler ist nach der Verhandlung »vorsichtig optimistisch«, sagt er zu »nd«. Das Verfahren wird sich aber noch weiter hinziehen. Das Gericht beschloss lediglich, am kommenden Dienstag eine Entscheidung zu verkünden – Günzler erwartet aber noch kein Urteil, denn die Kündigungsgründe müssten noch weiter aufgeklärt werden.

Die Brauni-Bewohner*innen wollen mit ihrer Kundgebung Unterstützung für den Erhalt des Hausprojekts organisieren. »Heute ist die Brauni ein Ort für Menschen mit eingeschränktem Zugang zum Immobilienmarkt, der diskriminierend, klassistisch und rassistisch ist. Die meisten von uns gehören verschiedenen marginalisierten Gruppen an«, heißt es in einem Redebeitrag.

Seit mehr als vier Jahren sei man mit der Räumungsklage konfrontiert. »Wir verstehen, dass dies ein weiterer Schritt zur Gentrifizierung Neuköllns ist.« Mit der Brauni stünden Räume auf dem Spiel, in denen Gruppen Essen auf Spendenbasis ausgeben und solidarische und politische Veranstaltungen organisieren. »Wir geben nicht auf. Wir kämpfen gegen das Immobilienkapital, das diese Stadt übernehmen will.«

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