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ICC Berlin: Alu-Monster kommt unter den Hammer

Linke kritisiert Ausschreibung des landeseigenen ICC als Privatisierung

»Investieren mit Strahlkraft«: Berlin sucht privaten Investor für das ICC
»Investieren mit Strahlkraft«: Berlin sucht privaten Investor für das ICC

Das in jüngster Zeit nur noch spärlich genutzte Internationale Congress Centrum Berlin (ICC) soll durch einen Besitzerwechsel wieder zum Leben erweckt werden. Am kommendem Montag startet der Senat ein europaweit ausgeschriebenes Konzeptverfahren, um einen geeigneten Investor für das landeseigene Gebäude mit den – wie im Internetlexikon Wikipedia zu lesen ist – wohl meisten Spitznamen im Berliner Volksmund zu gewinnen.

40 Jahre nach seiner Eröffnung wurde der »Panzerkreuzer Charlottenburg« 2019 unter Denkmalschutz gesetzt. Bereits 2014 war er nach einer Hauptversammlung der damaligen Daimler AG für Veranstaltungen geschlossen worden. Danach wurde das ICC noch einige Zeit als Notunterkunft und Erstanlaufstelle für Geflüchtete genutzt. Während der Corona-Pandemie fungierte es zeitweise als zentrales Impfzentrum.

Besucher*innen und Aktionär*innen der Daimler AG verfolgen am 9. April 2014 die Hauptversammlung der Daimler AG in Berlin.
Besucher*innen und Aktionär*innen der Daimler AG verfolgen am 9. April 2014 die Hauptversammlung der Daimler AG in Berlin.

Nun können Gelände und Gebäude per Erbbaurecht erworben werben. Für die üblichen 99 Jahre werden dabei unter Auflagen Bau- und Unterhaltsrechte übertragen, wie ein Sprecher der Senatsverwaltung »nd« mitteilte. Einen Erbbauzins an das Land müsse der künftige Betreiber nicht veräußern, dafür entstünden dem Land aber auch keine weiteren finanziellen Belastungen, da Betriebs- und Heizkosten vom Investor selbst zu tragen seien. »In Zukunft soll das ICC ein Ort für Kunst, Kultur, Kreativwirtschaft, Innovation und Kongresse sein«, kündigt die Senatsverwaltung für Wirtschaft an. Bereits im September vergangenen Jahres hatte ihre Chefin Franziska Giffey (SPD) deutlich gemacht, wo sie Grenzen der Nutzung sieht: »Sicher ist: Wir wollen keine Shopping-Mall, keine Spielhalle und kein Bordell.«

Aufgrund des Denkmalschutzes, der spezifischen Bauweise und der Lage zwischen Funkturm, Omnibusbahnhof und Autobahnauffahrt sind die Nutzungsmöglichkeiten von Europas größtem Kongresszentrum ohnehin begrenzt. Allerdings gibt es neben dem raumschiffartigen Gebäude auch das nicht unter Denkmalschutz stehende Parkhaus und einen Parkplatz zur Bebauung dazu.

Noch lägen keine Namen von Investor*innen vor, teilt der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung »nd« mit. Allerdings könnten Interessent*innen auch erst mit dem Beginn der Ausschreibung am kommenden Montag die genauen Kriterien des Senats erfahren, die für Art des Konzepts und die Höhe der Mittel maßgeblich sein würden. Klar sei allerdings, dass das Gebäude mit Schadstoffen belastet sei, und dass es je nach Nutzungskonzept umfassend saniert werden müsse. »Es ist klar, dass über den Zuschlag nicht 2025 entschieden wird«, so der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung.

»Dieses Konzeptverfahren ist tatsächlich eine Privatisierung. Wir wissen, was in der Folge droht: Bauruinen und Leerstand, im besten Falle Hotels und Büros.«

Damiano Valgolio (Linke)

»Es ist sehr, sehr schwierig, das ICC-Gebäude sinnvoll zu nutzen«, sagt Damiano Valgolio, wirschaftpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Das sei aber kein Grund, in Ermangelung eigener Konzepte und Mittel das Gelände in private Investorenhände übergehen zu lassen. »Dieses Konzeptverfahren ist tatsächlich eine Privatisierung. Wir wissen, was in der Folge droht: Bauruinen und Leerstand, im besten Falle Hotels und Büros«, sagt Valgolio.

Der Linke-Politiker hält auch eine Nutzung gemäß dem ursprünglichen Konzept für denkbar. »In der Kultur- und Veranstaltungsbranche gibt es durchaus einen Bedarf an Räumen für mittelgroße Messen und große Konferenzen.« Die Internationale Funkausstellung bräuchte das Messegelände und für Versammlungen mit 200 Ärzt*innen fände sich immer ein größeres Hotel. Doch eine Zwischengröße für Computer-Kongresse oder ähnliches gebe es in Berlin nicht. »Aber ja, damit der 70er-Jahre-Bau dafür nutzbar wäre, müsste richtig investiert werden«, sagt Valgolio. Dem schwarz-roten Sparhammer sind allerdings selbst bereits angelaufene Sanierungsprojekte wie der Umbau des Friedrich-Ludwig-Jahnsportparks zum Opfer gefallen. Dort stehen die Bagger erstmal still.

Neben dem Fortschritt des Projekts der Raumschiff-Veräußerung auf dem Messegelände spricht auch die Werbetour des Landes Berlin dagegen, dass der Betrieb in öffentlicher Hand bleibt. Bereits im Oktober konnten Investor*innen auf der Immobilienmesse Expo Real in München per VR-Brille einen Einblick in die Arche Noah bekommen. »Es ist ein Gebäude mit besonderer Strahlkraft weit über die Grenzen der Stadt hinaus«, warb die Geschäftsführerin der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH.

Das ICC 2016 als zentrale Erstanlaufstelle für Geflüchtete
Das ICC 2016 als zentrale Erstanlaufstelle für Geflüchtete

Den Auftritt auf der Expo Real, bei dem auch das ICC-Konzeptverfahren exklusiv vorab einzusehen war, ließ sich der Senat 70 000 Euro kosten, Reise- und Übernachtungskosten nicht inbegriffen. Das teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung der Linke-Abgeordneten Katalin Gennburg mit.

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