Acht Pflegekräfte von Abschiebung bedroht

Asylanträge wurden abgelehnt, weil Kolumbien als sicheres Herkunftsland eingestuft ist

Die Betreiber des Hauses Wilstedt, Andrea (l.) und Tino Wohlmacher (r.), mit drei der von Abschiebung bedrohten Pflegekräfte (2.v.l.-r.) Liliana Arenas, Camila Carrillo und Diego Carrillo Arenas
Die Betreiber des Hauses Wilstedt, Andrea (l.) und Tino Wohlmacher (r.), mit drei der von Abschiebung bedrohten Pflegekräfte (2.v.l.-r.) Liliana Arenas, Camila Carrillo und Diego Carrillo Arenas

In Niedersachsen sorgt der Fall seit Tagen für Schlagzeilen: Ein kleines Heim für schwer Demenzkranke in Wilstedt im Landkreis Rotenburg könnte demnächst ein Viertel seiner Mitarbeitenden verlieren. Denn zehn von ihnen stammen aus Kolumbien und leben seit etwa zwei Jahren in Deutschland. Sie hatten Asylanträge gestellt, die aber inzwischen abgelehnt wurden. Deshalb droht ihnen die Abschiebung.

Andrea und Tino Wohlmacher, Betreiber der kleinen Einrichtung, müssten diese schließen, wenn es dazu käme. Deshalb haben sie sich mit einem offenen Brief an die Landesregierung gewandt und Ministerpräsident Stephan Weil, Innenministerin Daniela Behrens und Gesundheitsminister Andreas Philippi (alle SPD) eingeladen, um ihnen eine Petition zu übergeben. Die Staatskanzlei bestätigte am Mittwoch den Eingang der Einladung.

In der am 15. November auf der Plattform innn.it gestarteten Petition, die bereits mehr als 51 000 Menschen unterzeichnet haben, fordern Angehörige und die Belegschaft ein Bleiberecht für die Kolleg*innen. Darin heißt es: »Deutschlands Behörden-Unsinn macht uns fassungslos: Weil die Asylanträge der Pfleger – trotz akuter Bedrohung durch paramilitärische Organisationen – abgelehnt wurden, dürfen sie auch nicht über die sogenannte Fachkräftezuwanderung bleiben.« Während Heime und Kliniken im ganzen Land »unter dem Pflegenotstand ächzen«, sollten erfahrene Kräfte nun abgeschoben werden. Derweil würden deutsche Minister vielleicht demnächst wieder Pfleger*innen aus dem Ausland anwerben, während die Perspektiven der Abgeschobenen zerstört seien. Betreiber Tino Wohlmacher sagte dem NDR, letztlich stehe auch seine Existenz als Unternehmer auf dem Spiel.

Die Unterzeichner*innen der Petition weisen auch darauf hin, dass Haus Wilstedt die »einzige auf Gerontopsychiatrie spezialisierte Einrichtung der Region« sei, weshalb die Bewohner und ihre Familien bei einer Schließung »in weit entfernte Einrichtungen, schlimmstenfalls sogar in die geschlossene Psychiatrie« wechseln müssten. Sie fordern »ein Ende der Abschiebungen und eine Asyl- und Sozialpolitik, die Perspektiven für die Pflegekräfte schafft, die bereits hier sind«.

Betreiberin Andrea Wohlmacher sagte dem NDR, die Kolleg*innen hätten nicht über Fachkräfteeinwanderungsprogramme nach Deutschland kommen können. Bislang seien sie Ungelernte, die aber gern eine Ausbildung zum Pflegehelfer beginnen würden. Nach ihren Angaben arbeiten acht der von Abschiebung Bedrohten als Pflege- und zwei als Reinigungskräfte. In der Einrichtung werden 48 Demenzkranke betreut. Sie hat inklusive der Betreiber 40 Mitarbeiter*innen.

Die Bleibeperspektive der von Abschiebung Bedrohten ist schlecht, weil Kolumbien trotz der Herrschaft von Drogenkartellen und der Bandenkriege in großen Teilen des Landes als sicheres Herkunftsland eingestuft wurde. Zugleich rät das Auswärtige Amt von Reisen in viele Distrikte und Gebiete Kolumbiens dringend ab. Eine entsprechend lange Liste der Regionen, für die eine Reisewarnung besteht, findet sich auf der AA-Webseite.

Aus dem niedersächsischen Innenministerium hieß es, man sei mit der zuständigen Ausländerbehörde in Kontakt, um die rechtlichen Gegebenheiten zu prüfen. Die Fälle seien komplex und müssten inidividuell begutachtet werden. Einen Abschiebebescheid haben nach Angaben des Heims bislang fünf der zehn kolumbianischen Kolleg*innen erhalten. Zwei von ihnen haben Anträge auf erneute Prüfung ihrer Schutzgesuche an die Härtefallkommission des Landes gestellt. Regierungssprecherin Anke Pörksen sagte vergangenen Freitag in Hannover: »Das ist eine absurde Situation, die die Landesregierung außerordentlich bedauert.« Ihr seien jedoch die Hände gebunden.

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