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Zwangsbehandlung daheim

Regelung gekippt, die Maßnahmen nur in Kliniken erlaubte

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Erste Senat nahm die örtlichen Vorgaben für ärztliche Zwangsmaßnahmen unter die Lupe und sieht Änderungsbedarf.
Der Erste Senat nahm die örtlichen Vorgaben für ärztliche Zwangsmaßnahmen unter die Lupe und sieht Änderungsbedarf.

Das ausnahmslose Verbot von ärztlichen Zwangsmaßnahmen außerhalb von Krankenhäusern ist teils verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag entschieden. Die betroffene gesetzliche Regelung sei mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit teils unvereinbar, sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth.

Ärztliche Maßnahmen gegen den Willen von Patienten seien immer nur das letzte Mittel, betonte der Erste Senat in Karlsruhe. Das entsprechende Gesetz sieht bisher vor, dass sie nur während eines stationären Aufenthalts in einer Klinik durchgeführt werden dürfen, in der »die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist«. Grundsätzlich sei die Bindung der ärztlichen Zwangsmaßnahme an einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus zwar zulässig, urteilte Karlsruhe. Dass es keine Ausnahmen gebe, sei aber nicht gerechtfertigt. Den Gesetzgeber verpflichtete der Senat bis Ende 2026 zu einer Neuregelung.

Nach Ansicht des obersten Gerichts ist der Krankenhausvorbehalt unverhältnismäßig, wenn bestimmte Voraussetzungen zusammentreffen. Die erste besteht darin, dass dem Betroffenen dadurch erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit drohen. Zudem müsse diese Beeinträchtigung in der Einrichtung, in der Menschen untergebracht sind, vermieden oder zumindest signifikant reduziert werden können.

Das Verfassungsgericht musste konkret die Situation einer Frau aus Nordrhein-Westfalen begutachten, die laut Bundesgerichtshof (BGH) an paranoider Schizophrenie erkrankt ist. Sie wohnt in einem Wohnverbund und wird regelmäßig in einem nahegelegenen Krankenhaus zwangsbehandelt. 2022 hatte ihr Betreuer beantragt, der Frau ein Medikament auf der Station des Wohnverbundes zu verabreichen. Er argumentierte, ihr Transport in die Klinik sei teils nur möglich gewesen, wenn man sie fixiert habe. Dies führe bei ihr regelmäßig zu Retraumatisierungen. Gerichte lehnten den Antrag ab, sodass der Fall beim BGH landete.

Der BGH hatte das Thema dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil er die geltende Rechtslage für unvereinbar mit Artikel 2 des Grundgesetzes hielt. Aus diesem geht eine Schutzpflicht des Staates vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit hervor. Karlsruhe folgte nun dieser Einschätzung. Der Gesetzgeber kann dem Senat zufolge nun entweder die Pflicht eines stationären Krankenhausaufenthalts aufheben und sie durch eine für alle Anwendungsfälle flexiblere Regelung ersetzen oder das Verbot von ärztlichen Zwangsmaßnahmen außerhalb von Kliniken grundsätzlich beibehalten und es um eine Ausnahmeregelung ergänzen. dpa/nd

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