Leverkusen erhöht mit Achtelfinal-Sieg den Druck beim FC Bayern

Der erste Titel ist schon weg – und der Widerstand gegen die Münchner wächst weiter

Münchner Abwehrproblem: Manuel Neuer (r.) kann Bayers Jeremie Frimpong nur mit der Notbremse stoppen.
Münchner Abwehrproblem: Manuel Neuer (r.) kann Bayers Jeremie Frimpong nur mit der Notbremse stoppen.

Über verlorene Spiele ärgern sich Fußballer immer. Den Frust beim FC Bayern erhöht der Fakt, dass die Münchner die erste Trophäe dieser Saison schon im Dezember verspielt haben. Es gehe einzig und allein um das Gewinnen, sagte Mittelfeldchef Joshua Kimmich nach dem 0:1 im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen Bayer Leverkusen. »Es nervt extrem, dass der Titel weg ist.« Für den Rekordpokalsieger kam damit schon im fünften Jahr nacheinander das Aus weit vor dem Endspiel.

Die wichtigste Wortmeldung kam am Dienstagabend von Max Eberl. Angesprochen auf eine mögliche Schwäche der Münchner Mannschaft in Spitzenspielen, antwortete der Sportchef des FC Bayern: »Ich weiß, dass sie alles in Frage stellen. Das ist mir relativ scheißegal.« Der Ärger über die gerade erlebte Heimpleite bestimmte auch hier den Tonfall. Darüber hinaus hatte diese Frage allem Anschein nach jedoch einen wunden Punkt getroffen. Denn in München glauben sie zwar, dass nach der ersten titellosen Saison seit zwölf Jahren und dem Trainerwechsel zu Vincent Kompany die Richtung wieder stimmt. »Wir fühlen uns immer noch auf dem richtigen Weg«, versicherte Kimmich direkt nach der Niederlage. Aber nicht zu wissen, wohin genau die sportliche Reise geht, macht den entthronten Meister nervös und unsicher – verstärkt durch den wachsenden Widerstand der Konkurrenz.

Lächerliches und Unsinniges

Mit seiner versteckten Medienkritik liegt Eberl richtig. Der Überhöhung von sieben Siegen zum Saisonbeginn folgte nach zwei Niederlagen und zwei Unentschieden sofort die ebenso lächerliche Generalkritik. Die Münchner sind keineswegs »besser als unter Pep Guardiola«, wie der ewige Experte Lothar Matthäus früh urteilte, der den FC Bayern hinter Liverpool sogar als Nummer zwei in Europa sieht. Und selbst wenn Unsinniges aus den eigenen Reihen wie von Ehrenpräsident Uli Hoeneß kommt, der die Meisterschale jüngst schon wieder in München gesehen hat – verantwortlich für Freud und Leid auf dem Fußballplatz sind nicht andere, sondern allein Spieler, Trainer und Funktionäre des Vereins.

Was der FC Bayern ist und kann, zeigte er am Dienstagabend. Die dominante Anfangsphase wurde durch die Rote Karte für Torwart Manuel Neuer nach 17 Minuten gestoppt. In Unterzahl spielten die Münchner dann auf Augenhöhe mit dem Doublesieger aus Leverkusen. Das Manko: Torgefahr entstand meist nur bei Standardsituationen. Dies lag einerseits am klug verteidigenden Gegner. Andererseits konnte der FC Bayern den verletzt fehlenden Harry Kane nicht ersetzen. Und das nicht nur, weil ein Angreifer, der in dieser Saison schon 20 Tore geschossen hat, kaum zu finden ist. Sondern auch, weil die Münchner keinen anderen Mittelstürmer im Kader haben. Diesen Vorwurf muss sich die sportliche Führung um Eberl gefallen lassen.

Unsichere Abwehr

Was der FC Bayern sein will, ist er nicht. Die nicht nur medial, sondern auch intern nach zuletzt sieben Spielen ohne Gegentor hochgelobte Verteidigung, machte wie schon beim jüngsten 1:1 in der Bundesliga nun auch im Pokal-Achtelfinale nicht den sichersten Eindruck. Da hießen die Gegner eben nicht Bochum, Union Berlin, St. Pauli oder Augsburg – sondern Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen. Schwächen in der Abwehr offenbaren sich ebenso wie Probleme im Angriffsspiel logischerweise gegen gute Gegner.

Die Frage nach der Münchner Schwäche in Spitzenspielen ist also durchaus berechtigt. Und das nach den Niederlagen in der Champions League gegen Aston Villa und den FC Barcelona nicht nur international, sondern auch hierzulande. Diese Frage stellt sich wiederum nur dann, wenn der FC Bayern auf seine verlorene Vormachtstellung pocht. Denn dafür reichen weder eine Tabellenführung nach zwölf Spieltagen in der Bundesliga noch das Mia-san-mia-Geschwätz von Hoeneß.

Eine Frage der Zeit

Den größten Druck machen sich die Münchner also selbst. Die Leverkusener haben ihn nun erhöht – und werden weiter daran arbeiten. Nach Startschwierigkeiten scheint die Meisterelf ihren Rhythmus langsam gefunden zu haben. Der Erfolg am Dienstagabend ist ein Beleg dafür. Zwar fiel der Siegtreffer erst nach langer Zeit der Überzahl in der 69. Minute, doch das Kopfballtor von Nathan Tella war wie einige andere Szenen ein Beispiel dafür, wie die bajuwarische Nuss zu knacken ist. Schon der Platzverweis für Manuel Neuer war ein Ergebnis aus taktisch hervorragendem Leverkusener Offensivspiel und mangelhafter Münchner Abwehrarbeit.

Einem Führungsspieler wie Kimmich darf man dennoch glauben, sich mit Team und Trainer immer noch auf dem richtigen Weg zu fühlen. Entscheidend ist, wie lang dieser sein darf, um tatsächlich wieder die nationale Nummer eins zu sein. Sollte Kompany, der im Sommer bei weitem nicht die erste Wahl war, nach dem DFB-Pokal auch den Meistertitel verpassen, könnte dem vielen Lob der Rausschmiss folgen. Denn der FC Bayern München funktioniert oft ähnlich wie die Medienbranche.

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