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Köpi bleibt: Berliner Gericht weist Räumungsklage zurück
Richter hält fristlose Kündigung gegen linkes Hausprojekt »Köpi 137« für unbegründet
Voller Erfolg für die Bewohner*innen der Köpenicker Straße 137 in Mitte: Die Räumungsklage der Eigentümer-GmbH wurde abgewiesen. »Es besteht kein Anspruch auf Räumung, weil die fristlose Kündigung das Mietverhältnis nicht beendet hat«, so Richter Reichel am Mittwoch zur Begründung des Urteils im Landgericht Tegel. Zum Verkündungstermin im Tegeler Weg in Charlottenburg waren weder die Streitparteien noch deren anwaltliche Vertretungen erschienen.
Die fristlose Kündigung des regulär bis 2037 laufenden Mietvertrags zwischen dem Unternehmen und dem Verein des linken Hausprojekts ist nach Auffassung des Gerichts nicht gültig. Die Eigentümerin hatte die Kündigung damit begründet, dass die Bewohner*innen gegen die vertraglich festgelegte Verpflichtung verstoßen hätten, Maßnahmen zur Instandhaltung des Hauses zu tätigen. Durch diese Vernachlässigung bestehe akute Einsturzgefahr. Selbst wenn das alles stimmen würde, wäre die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt, sagte Reichel. Denn die Vermieterin hätte den Bewohner*innen vorher eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzen müssen. Das ist nicht passiert, so der Richter.
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Auch andere Gründe, die die Eigentümerin in der Gerichtsverhandlung im November für die fristlose Kündigung vorgebracht hat, reichen dem Gericht nicht aus. So sei schon die »unterstellte drohende Einsturzgefahr« nicht erwiesen, sagte Reichel. Denn in einem Gutachten eines Sachverständigen, das die Eigentümerfirma vorgelegt hat, würde eine Beeinträchtigung der Tragfähigkeit des Mauerwerks und von Metallträgern nur vermutet, nicht aber berechnet. Vermeintlich einsturzgefährdete Keller habe der Sachverständige nicht einmal begangen. »Das reicht nicht aus«, so der Richter.
Auch eine von der Eigentümer-Gesellschaft behauptete Gefahr für Leib und Leben überzeugte den Richter nicht, denn die Firma habe schließlich erst fünf Monate nach Erstellung des Gutachtens die fristlose Kündigung an die Bewohner*innen geschickt. Es sei nicht ersichtlich, warum innerhalb dieser Zeit den Bewohner*innen weder eine Frist zur Beseitung von Mängeln gesetzt noch ihnen das Ausmaß der vemeintlichen Gefahr deutlich gemacht wurde.
Auch etwaige Verstöße gegen Brandschutzvorgaben seien kein Anlass für eine fristlose Kündigung, sagte Reichel. Dennoch seien die Bewohner*innen verpflichtet, die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften einzuhalten. Gegen Verstöße könnten ansonsten die »zuständigen Behörden« vorgehen. »Eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung ergibt sich nicht«, so der Richter. Ebenso könne die Eigentümerin der Hausgemeinschaft nicht vorwerfen, sie würde Kellerräume für Versammlungen und Dachgeschossräume als Wohnungen nutzen, denn eine solche Nutzung sei im Mietvertrag nicht ausgeschlossen worden.
Richter Reichel ließ auch vermeintliche Angriffe auf Sicherheitspersonal der Eigentümerin durch die Hausbewohner*innen oder zu ihnen gehörende Personen nicht als Begründung gelten. »Nach eigenen Angaben konnte die Identität der Täter nicht festgestellt werden«, so Reichel.
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