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Waldumbau in Berlin: Plädoyer für fremde Bäume
Berlins Wald muss resilienter werden – doch über das Wie besteht Uneinigkeit
Der durchschnittliche Berliner Baum ist vor allem eines: krank. Gerade einmal vier Prozent des gesamten Baumbestandes weisen laut Waldzustandbericht für das Jahr 2024 noch keine sichtbaren Schäden auf. Tiefer lag der Wert noch nie, und Prognosen rechnen eher mit einer Verschärfung in den kommenden Jahren als mit einer Verbesserung.
Darüber, dass Berlin künftig mehr auf resistenten Mischwald statt auf Monokultur setzen soll, herrscht weitestgehend Einigkeit in der Wissenschaft. So zumindest sieht es Ulrike Hagemann, Leiterin des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde, das sich an der Erstellung des Waldzustandsberichts beteiligt hat. »Wir gehen alle davon aus, dass diese widerständiger gegen Waldbrände, Schadorganismen und anderen Risikofaktoren sind«, sagt sie am Donnerstag im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses. Unklarheit herrsche nur über den besten Weg.
Beim Waldumbau, Hagemann spricht lieber von »Waldentwicklung«, plädiert die Forstwissenschaftlerin in Berlin auch für die Anpflanzung nicht-heimischer Arten. »Die Klimakrise entwickelt sich in einem Tempo, das höher ist als alles, was unsere heimischen Baumarten je erlebt haben«, erklärt sie. Viele der Bäume seien über 80 Jahre alt und nicht in der Lage, sich alleine an die künftigen Umstände anzupassen.
Ansätze wie im Lübecker Stadtwald, in dem mit Erfolg auf ausschließlich heimische Baumarten gesetzt wird, können laut Hagemann im trockenen Berlin und Brandenburg nicht funktionieren: »Wir sind hier an der Grenze dessen, was Waldökosysteme mit Blick auf Niederschlag und Wasserkapazität überhaupt ertragen können.« Der Senat dürfe fremde Arten, die mehr Trockenheit gewohnt sind, nicht ausschließen.
»Der Wald befindet sich in einem permanten Adaptionsprozess«, warnt hingegen Paul Scheytt von der Waldinitiative Berlin. Je weniger man über die Zukunft und mögliche Reaktionen auf den Klimawandel wisse, umso wahrscheinlicher sei es auch, dass dieser Adaptionsprozess durch menschliche Eingriffe sogar behindert werden könne. Außerdem verweist Scheytt auf Zertifikate und Förderprogramme, die mit der Einführung fremder Arten wegfielen. »Das halte ich nicht für zielführend.«
Kritik übt Scheytt an dem Vorgehen der Landesforstverwaltung, der Berliner Forsten, zumindest was den Einschlag, also das Fällen von Bäumen, angeht. Unter anderem im Forst Tegel im Berliner Norden habe man rücksichtslos agiert: Zu große Waldlücken und der Einsatz tonnenschwerer Maschinen führten zu Vertrocknung und Vergrasung des Waldbodens. »Wir appellieren, sich den vielen NGOs anzuschließen und einen naturnahen Umgang anzupacken«, sagt Scheytt in Richtung Senat.
Der Umweltschutzbund BUND wiederum mahnt an, gepflanzte Jungbäume mit gezielter Bejagung und Einzäunung besser vor Wild zu schützen, um einen effektiven Waldumbau zu gewährleisten. Entscheidend sei jedoch letztlich, die Belastung durch den Menschen einzudämmen, so BUND-Waldexpertin Angela von Lührte. Der Stadtwald müsse alles gleichzeitig sein: Erholungsort, CO2-Speicher, Ort für landwirtschaftliche Wertschöpfung. »Wir müssen über unsere Ansprüche an den Wald nachdenken.«
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