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Dennis Schröder ist plötzlich wieder ein Titelkandidat
Der Kapitän der Basketballnationalmannschaft wechselt während der Saison zu den Golden State Warriors
Ein Versprechen vor der Saison wurde Dennis Schröder zum Verhängnis. Zum Beginn der neuen NBA-Spielzeit hatte der Kapitän der deutschen Basketballnationalmannschaft erklärt: »Egal in welchem Team ich war, wollte ich immer die Playoffs erreichen und werde dafür natürlich alles geben.« Die Ankündigung löste Mitte Oktober einiges Erstaunen aus, denn Schröders bisherigem Team, den Brooklyn Nets, wurde kaum etwas zugetraut – erst recht, nachdem die Nets im Sommer ihren besten Spieler Mikal Bridges zum Stadtrivalen, den New York Knicks, transferiert hatten.
Doch Schröder ließ seiner selbstbewussten Aussage den besten Saisonstart seiner NBA-Karriere folgen. Mit 18,4 Punkten und 6,6 Assists im Schnitt führte der 31-Jährige die Nets zu zehn Siegen aus den ersten 25 Spielen. Damit ist das Team aus Brooklyn in diesem Jahr überraschend im Rennen um die Playoff-Plätze dabei. Mit seiner Topform passte der gebürtige Braunschweiger dabei so gar nicht in die Planungen der Nets, die sich im Umbruch befinden, auf junge Spieler setzen wollen und dafür in dieser Spielzeit auch Niederlagen in Kauf nehmen, um im Draft, der Talentelotterie der NBA, im kommenden Sommer bessere Chancen zu haben. Die Teams mit der schlechtesten Bilanz haben dort die größten Chancen, die Toptalente auszuwählen.
Allerdings war Schröder bisher einfach zu gut, um die Nets richtig schlecht sein zu lassen. Auch deswegen muss der Aufbauspieler nach nur zehn Monaten schon wieder das Team wechseln. Von New York geht es für den Nationalmannschaftskapitän weiter nach San Francisco zu den Golden State Warriors. Besonders der frühe Zeitpunkt des Wechsels ging dabei nicht spurlos an ihm vorbei. »So früh, nach 25, 26 Spielen schon getradet zu werden, ist heftig«, sagte Schröder der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die meisten Spielertausche in der NBA kommen erst in den Tagen vor der Trade-Deadline im Februar zustande.
Der zweite entscheidende Grund dafür, dass der 1,88 Meter große Point Guard schon wieder ein neues Team hat – es ist Schröders achte NBA-Station in den vergangenen sechs Jahren – sind die klaren Ziele seines neuen Arbeitgebers. Anders als bei den Brooklyn Nets zählt für die Golden State Warriors und ihren alternden Superstar Steph Curry aktuell nur der NBA-Titel. Seit 2015 haben die Warriors viermal die Meisterschaft gewonnen und sind damit das erfolgreichste Team der vergangenen zehn Jahre. Doch aus dem Kern der Meistermannschaft sind nur noch Curry, Verteidigungs-Ass Draymond Green und Trainer Steve Kerr übrig. Der letzte Titel gelang 2022. In der vergangenen Saison verpassten die Warriors komplett die Playoffs. Bei Olympia in Paris zeigte Klublegende Curry dann aber äußerst eindrucksvoll, dass er auch mit 36 Jahren immer noch in der Lage ist, Endspiele zu entscheiden. Im Finale gegen Frankreich warf der beste Dreierschütze aller Zeiten die USA in den Schlussminuten fast im Alleingang zu Gold.
Entsprechend ambitioniert starteten die Kalifornier in die neue Saison. Doch nach einem vielversprechenden Beginn gab es in den vergangenen zehn Spielen acht Niederlagen. Schröder soll jetzt möglichst schnell dabei helfen, diesen Abwärtstrend zu stoppen und den schwer verletzten De’Anthony Melton zu ersetzen, der im Tausch für den Deutschen nach Brooklyn geht, wo er wegen seines Kreuzbandrisses in dieser Spielzeit nicht mehr zum Einsatz kommen wird.
Das ungewöhnlich frühe Tauschgeschäft sieht Schröder deswegen auch als Vertrauensvorschuss seines neuen Teams. »Es sagt natürlich aus, wie doll sie dich haben wollen. Im Endeffekt ist das sehr, sehr cool«, erklärte der Aufbauspieler, der seit dem Gewinn der Weltmeisterschaft mit Deutschland immer wieder betont hat, wie wichtig es für seine Leistung ist, dass sein Trainer und Team ihm vertrauen. Entsprechend groß dürfte seine Freude über die ersten Äußerungen seines neuen Teams gewesen sein. Warriors-Trainer Kerr zeigte sich begeistert vom Schröder-Transfer: »Er ist ein Zocker, ein Wettkämpfer, ein Pick-and-Roll-Spieler, ein Spieler, der vorne und hinten gut ist.« Der 59-Jährige verkündete auch schon, dass er plant, den Braunschweiger gemeinsam mit Superstar Curry in der Startaufstellung spielen zu lassen. Und auch Curry selbst zeigte sich erfreut über seinen neuen Mitspieler: »Er gibt uns alles, was wir brauchen. Ich bin wirklich begeistert, mit ihm zu spielen.«
Ob der Weltmeister ausreicht, um dem Team aus Kalifornien den nächsten NBA-Titel zu sichern, ist fraglich. Golden State gehört zum erweiterten Titelkandidatenkreis, aber Schröder allein reicht nicht, um die Warriors zum Topfavoriten zu machen. Stattdessen dürfte Golden State versuchen, sich mit weiteren Tauschgeschäften noch zusätzlich zu verstärken. Wenn Dennis Schröder dabei nicht erneut selbst zur Verschiebemasse wird, könnte er in seinem zwölften Jahr in der NBA die beste Chance auf seinen ersten Meistertitel haben.
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