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- Israel und Hamas
Kein Deal in Sicht im Nahost-Konflikt
Ein Durchbruch bei den Verhandlungen über eine Waffenpause zwischen Israel und Hamas lässt auf sich warten
Es waren gute Nachrichten, die kurz vor Weihnachten beginnend mit einem Bericht der britischen BBC um die Welt gingen: Die Gespräche über einen Waffenstillstand seien »zu 90 Prozent« beendet, habe ein nicht namentlich genannter palästinensischer Offizieller aus dem Umfeld der Autonomiebehörde mitgeteilt, so der Sender. Letzter Streitpunkt sei nur noch die israelische Forderung nach einer dauerhaften Militärpräsenz in der Philadelphi-Passage.
Dabei handelt es sich um einen 14 Kilometer langen Korridor von der israelischen Grenze entlang der ägyptischen Grenze zum Mittelmeer, über den Israels Militär bis zur Räumung der Siedlungen im Gazastreifen 2005 die Grenze kontrollierte. Nun fordert vor allem Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, das Militär müsse dort wieder dauerhaft stationiert werden, gegen den Widerspruch der Militärführung, die das für sinnlos hält. Es zeichne sich ab, so die Quelle der BBC, dass Israel dort tatsächlich dauerhaft präsent sein könnte, wie auch in einer Pufferzone entlang der restlichen Grenze des Gazastreifens.
Kein Waffenstillstand ohne vollständigen Abzug
Doch die Hamas ist anderer Ansicht. Die Gespräche seien kurz vor dem Scheitern, berichtete der katarische Fernsehsender Al-Araby kurz vor dem Jahreswechsel. Und auch Hamas-Sprecher Osama Hamdan betonte, ohne einen vollständigen Abzug des israelischen Militärs werde es keinen Waffenstillstand geben.
Die widersprüchlichen Aussagen von Hamas und der von der Fatah dominierten Autonomieregierung sind ein deutliches Zeichen dafür, dass eine politische Einigung der beiden größten Fraktionen noch weit entfernt ist. Zwar soll ein unabhängiges Gremium die Führung in Gaza übernehmen. Aber sicher scheint: Der seit 2007 andauernde Machtkampf in Palästina geht weiter, nicht nur Israels Regierung, sondern auch Präsident Mahmud Abbas möchte die Hamas und den Islamischen Dschihad loswerden. Seit Dezember gehen palästinensische Sicherheitskräfte im Westjordanland gegen die beiden Organisationen vor. In Dschenin, wo die beiden Gruppen traditionell stark vertreten sind, kam es zu Kämpfen. Dabei soll Jazid Ja’ayseh, der Kommandeur der Dschenin-Brigaden getötet worden sein, berichtete der Nachrichtensender Al-Dschasira. Die bewaffnete Gruppe wird dem Islamischen Dschihad zugeordnet. Palästinensische Polizisten durchsuchten auch das wichtigste Krankenhaus der Stadt und mehrere Krankenwagen.
Al-Dschasira erhält Sendeverbot
Die Hamas und andere mit der Fatah verfeindete Gruppen werfen der Autonomiebehörde vor, sie führe mit dem Einsatz »die zionistische Agenda« fort, die »eine Zerstörung des Widerstands« vorsehe. Im vergangenen Jahr waren auch mehrfach israelische Truppen in Dschenin eingesetzt worden, es kam zu kriegsähnlichen Zuständen. Doch dass Abbas nun auch seine eigenen Kräfte gegen seine Gegner vorgehen lässt, dürfte vor allem innenpolitische Gründe haben. Der 89-Jährige und seine Regierung haben de facto die Kontrolle über Orte wie Dschenin verloren und versuchen schon seit Langem, mit immer autokratischeren Mitteln, ihre Macht wiederherzustellen. Journalisten werden eingeschüchtert oder inhaftiert. Al-Dschasira wurde vor einigen Tagen abgeschaltet, das Büro in Ramallah geschlossen, nachdem der Sender angeblich zu kritisch über das Vorgehen der Sicherheitskräfte in Dschenin berichtet hatte: Unter anderem wurden dabei auch ein Journalist und ein unbeteiligter 16-Jähriger getötet. Auch an der innerpalästinensischen Front ist eine Befriedung nicht in Sicht.
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