Drohende Abschiebung in den Iran

Ein iranischer Aktivist wurde nach einem Flughafenverfahren von Deutschland nach Zypern abgeschoben

Ein Flugzeug hebt am Flughafen BER hinter einem Zaun mit Natodraht ab.
Ein Flugzeug hebt am Flughafen BER hinter einem Zaun mit Natodraht ab.

Einem am Samstag vom Hauptstadtflughafen BER nach Zypern abgeschobenen Aktivisten der »Frau-Leben-Freiheit«-Bewegung droht die Ausweisung in den Iran. Das teilt die Aktivistin Daniela Sephari auf der Plattform X mit. Nach ihren Angaben wurde der Mann nach seiner Rückkehr nach Zypern direkt in Haft genommen und konnte erst zwei Tage später eine SMS schreiben. Er solle in wenigen Tage in den Iran abgeschoben werden, so Sephari. Der Name des Mannes ist »nd« bekannt, wird aber wegen möglicher negativer Konsequenzen nicht genannt.

Der Mann war am 8. Dezember 2024 mit einem gefälschten Pass nach Deutschland eingereist und hatte am Flughafen einen Asylantrag gestellt. Das Verfahren war ein sogenanntes Flughafenverfahren, das die Abschiebung vereinfacht. »Flughafenverfahren stellen signifikant qualitativ schlechtere Asylverfahren dar als reguläre Asylverfahren«, sagt Emily Barnickel vom Berliner Flüchtlingsrat zu »nd«. Die Menschen seien in Isolation und hätten kaum oder nur beschränkten Kontakt zur Außenwelt.

Nachdem der Asylantrag schon nach zwei Tagen abgelehnt worden war, wurde ein Rechtsbeistand kontaktiert. Eine Klage gegen die Einreisesperre beim Verwaltungsgericht Potsdam wurde am 23. Dezember negativ beschieden, der einstweilige Rechtsschutz abgelehnt. Nachdem Zypern der Rücknahme zugestimmt hatte, scheiterte ein erster Abschiebeversuch am 2. Januar: Der Pilot des Flugzeuges weigerte sich, den Mann mitzunehmen. Am 4. Januar erfolgte die Abschiebung dann doch.

»Wir verurteilen das Handeln der Bundespolizei scharf, vor allem, weil auch die betroffene Anwältin immer nur bruchstückhaft und spät informiert wurde«, so Barnickel. Die Sprecherin kritisiert auch, dass ihre Nichtregierungsorganisation keinen Zugang zu dem Geflüchteten bekommen habe. »Dass die betroffene Person so schnell, noch vor Entscheidung über die Klage in der Hauptsache, abgeschoben wurde, ist für die Verwirklichung ihrer Rechte skandalös. Und das alles zwischen Weihnachten und Neujahr, wenn in Deutschland eigentlich der Weihnachtsfriede gilt.«

Erst Ende 2024 hatte die Organisation Amnesty International publik gemacht, dass zehn Menschen in Verbindung mit den Protesten, die den Iran 2022 erschütterten, in ihrer Heimat im Todestrakt sitzen. Zehn weitere Demonstrant*innen seien bereits hingerichtet worden. »Gerichte stützten sich auf durch Folter erlangte ›Geständnisse‹ und staatliche Medien strahlten vor den Prozessen einiger Angeklagter deren erzwungene ›Geständnisse‹ aus«, so die Menschenrechtsorganisation.

Die Linke kritisiert die jetzige Abschiebung scharf. »Es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass deutsche Politiker*innen reihenweise ihre Solidarität mit den Protestierenden der Frau-Leben-Freiheit-Bewegung erklärten«, sagt die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger (Linke) zu »nd«. Doch wenn Menschen in Deutschland Schutz suchten, die wegen ihrer Teilnahme an den Protesten im Iran verfolgt werden, erfahren sie nicht Solidarität, sondern unfaire Schnellverfahren, Haft, Isolation und Abschiebung, sagt Bünger. »Das ist das wahre Gesicht der EU und es entlarvt alles Gerede von Werten und feministischer Außenpolitik als Heuchelei.«

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