Die AfD ist von Musk und Kickl zum Höhenflug befeuert

Beinahe biederes Programm beim Riesaer Parteitag auf der Tagesordnung

Ein Online-Gespräch mit Tech-Milliardär Elon Musk gibt AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel weiteren Rückenwind.
Ein Online-Gespräch mit Tech-Milliardär Elon Musk gibt AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel weiteren Rückenwind.

Um in aller Munde zu sein, muss die AfD derzeit gar nicht viel tun. Den Jahreswechsel bestimmte die Debatte über einen Gastbeitrag von Tech-Milliardär und Trump-Berater Elon Musk in Springers »Welt«. In dem Musk wenig kenntnisreich zur Wahl der AfD aufrief. Nur die rechte Partei könne Deutschland retten. Nazi-Inhalte könne es in der AfD nicht geben, ihre Vorsitzende Alice Weidel sei immerhin lesbisch und mit einer Ausländerin verheiratet. Die Aufregung um die Wahlempfehlung gefällt Musk offenbar so gut, dass er Alice Weidel für diesen Donnerstag (nach Redaktionsschluss) zur Diskussion auf seiner Plattform X einlud. Millionenfache Reichweite inklusive. Bei der AfD sorgt das für gute Laune.

Der andere Stimmungstreiber kommt aus Österreich und heißt Herbert Kickl. Nachdem alle Koalitionsverhandlungen ohne seine extrem rechte FPÖ geplatzt waren, ist Kickl nun oben auf. Dabei war er in der österreichischen Debatte die Reizfigur und der Grund für die konservative ÖVP, Koalitionsverhandlungen auszuschließen. Nun ist Kickl der Gewinner.

»Der krachende Zusammenbruch der in Österreich von der ÖVP gegen die FPÖ errichteten Brandmauer aus Wahlverlierern sollte der Union und Friedrich Merz ein warnendes Beispiel sein«, stichelt AfD-Chefin Alice Weidel und befeuert Debatten über die Brandmauer in Deutschland. Weidel prophezeit deren Ende. Wähler*innen hätten für »solche Ausgrenzungspolitik, die Parteiinteressen über den Willen der Wähler stellt, kein Verständnis«.

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Bei der CDU gibt man sich zwar noch hart. Markus Söder warnte davor, dass deutsche »Rechtspopulisten« immer »noch mal schlimmer« seien. Aber die Frage nach gemeinsamen Mehrheiten von CDU und AfD wird immer öfter gestellt. Inhaltlich hat sich die CDU mit ihren jüngsten Forderungen auf einen Anti-Migrant*innen-Wahlkampf eingestellt. Viele Forderungen wären mit der AfD umzusetzen.

Deren Wahlprogramm, das am Wochenende in Riesa beschlossen werden soll, gibt sich regelrecht bieder. Das Wort »Remigration« findet sich kein einziges Mal. Stattdessen plant man eine »Rückführungsoffensive« und weitere Einschränkungen beim Asylrecht. In der Partei umstritten ist die Forderung nach einer Fachkräfteeinwanderung. Auffällig: Einige Forderungen zum Thema Islam aus dem ursprünglichen Programmentwurf will die Bundesprogrammkommission der Partei noch entschärfen. So soll die Formulierung »Islamisierung an deutschen Schulen beenden« ersetzt werden durch »Einfluss des politischen Islam an deutschen Schulen konsequent unterbinden«. Die Forderung »Den Islamunterricht lehnt die AfD ab« will man aus rechtlichen Gründen streichen.

In der Außenpolitik hat sich die Partei auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Ein bisschen für die Nato, aber auch Verständnis für Russland. In China sieht man vor allem einen möglichen Wirtschaftspartner. Der Ukraine-Krieg soll enden, weil er Deutschland nicht nützt. Die selbsternannte Friedenspartei wünscht sich eine Stärkung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Außerdem soll die Truppe »ideell revitalisiert« werden. Dafür soll sie »deutsche Werte pflegen« und »die besten Traditionen der deutschen Militärgeschichte leben«.

Großer Streit über diese und andere Inhalte ist in Riesa nicht zu erwarten. Die Partei, die lange von Zerwürfnissen geprägt war, ist derzeit weitgehend stabil aufgestellt. Lediglich in Nordrhein-Westfalen gab es kürzlich größere innerparteiliche Auseinandersetzungen. Personell geht es beim Parteitag in Riesa darum, Geschlossenheit zu zeigen und die Kanzlerkandidatur von Alice Weidel nach vorne zu stellen. Weidel dürfte zuletzt auch den rechten Rand der Mitgliedschaft zufriedengestellt haben. In einem Interview mit der US-Zeitschrift »The American Conservative« bezeichnete sie Deutschland als faktische »Kolonie« der USA. Die Deutschen seien ein besiegtes Volk. Jedoch könnten »Sklaven«, die kämpfen, irgendwann »ihr eigenes Glück anstreben«. Ein Unterdrückungsmythos unterlegt mit Aufstandsfantasien, wie sie in der extremen Rechten beliebt sind. Geäußert von der Vorsitzenden einer Partei, die in Umfragen seit Monaten stabil auf dem zweiten Platz hinter CDU und CSU liegt.

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