James Parkinson: Forscher, Aufrührer und Mediziner

Zum 200. Todestag von James Parkinson, dem Erstbeschreiber der Schüttellähmung

  • Angela Stoll
  • Lesedauer: 5 Min.
Historische Zeichnung zu Parkinsonsymptomen, zu denen Zittern, Muskelsteifigkeit und die Neigung zum Fallen gehören
Historische Zeichnung zu Parkinsonsymptomen, zu denen Zittern, Muskelsteifigkeit und die Neigung zum Fallen gehören

Langsame Bewegungen, eine starre Mimik, Zittern: Das sind Symptome, wie sie typischerweise mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht werden. Mit rund 400 000 Betroffenen in Deutschland gehört sie zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen.

Wahrscheinlich hat es das Syndrom schon vor Jahrhunderten gegeben, erstmals beschrieben hat es allerdings der britische Arzt James Parkinson. Dass ihm sein »Essay on the shaking palsy« (Aufsatz über die Schüttellähmung), das er 1817 verfasst hatte, viele Jahre später zu solch großem Ruhm verhelfen sollte, hat Parkinson wahrscheinlich nicht geahnt. Zu seinen Lebzeiten machte der rührige Mediziner nämlich mit ganz anderen Aktivitäten auf sich aufmerksam. Er starb am 21. Dezember 1824, also vor 200 Jahren.

»Es scheint genügend Grund zur Hoffnung zu geben, dass bald ein Heilverfahren entdeckt wird, mit dem zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten werden kann.«

James Parkinsonn
Arzt und Ratgeberautor

Parkinson wurde 1755 in Hoxton, damals eine kleine Ortschaft im Norden Londons, geboren. Nach Abschluss seines Medizinstudiums am London Hospital übernahm er die Praxis seines verstorbenen Vaters am Hoxton Square. Bis zu seinem Lebensende arbeitete Parkinson als Arzt, ging daneben aber zahlreichen weiteren Interessen nach. Zum Beispiel war er, inspiriert von den Ideen der Französischen Revolution, eine Zeit lang politisch aktiv und verfasste unter dem Pseudonym Old Hubert aufrührerische Pamphlete, in denen er die Regierung kritisierte.

Er wurde Mitglied zweier politischer Vereinigungen, die für eine grundlegende Steuer- und Gefängnisreform eintraten. Als mehrere seiner Mitstreiter festgenommen wurden, weil sie angeblich ein Attentat auf König Georg III. geplant hatten, wurde auch Parkinson vor einen Untersuchungsausschuss geladen. Er wurde aber nicht weiter verfolgt. Auch die Anklagen gegen seine Gesinnungsgenossen wurden später fallen gelassen.

Gleichzeitig engagierte sich Parkinson zeitlebens für eine bessere Versorgung der unterprivilegierten Bevölkerung und richtete zum Beispiel eine Krankenstation in einem Arbeitshaus, einer Art Armenhaus, ein. Dazu passt, dass ihm Aufklärung in Sachen Gesundheit wichtig war: Er schrieb zahlreiche Artikel und Bücher, in denen er über Themen wie Kinderernährung, Hygiene und den Umgang mit Epilepsie informierte. 1799 veröffentlichte er einen zweibändigen Gesundheitsratgeber für Familien, in denen er leicht verständlich über gängige Krankheiten und ihre Behandlung aufklärte.

Eine Koryphäe war er seinerzeit aber eher auf einem anderen Gebiet: nämlich der Paläontologie. So baute er eine umfangreiche Fossiliensammlung auf, die ihm viel Achtung verschaffte, und verfasste mehrere paläontologische Bücher – zum Teil versehen mit eigenen Zeichnungen.

Mit gerade einmal 66 Seiten fiel sein Aufsatz über die »Schüttellähmung«, den er mit 62 Jahren verfasste, vergleichsweise bescheiden aus. Grundlage waren sechs Fälle aus seiner Umgebung, die Parkinson beobachtet, teilweise auch untersucht hatte. Das Leiden der Betroffenen schildert er folgendermaßen: »Unwillkürliche, zitternde Bewegungen, verbunden mit verminderter Muskelkraft, zeitweise selbst mit Unterstützung völlig unbeweglich; Neigung zu vornübergebeugter Körperhaltung und zum Übergang von einer laufenden in eine vorwärts rennende Bewegung, die Sinne und der Intellekt bleiben unbeeinflusst.«

Damit hat er wesentliche Merkmale der Krankheit treffend beschrieben. Nur bezüglich des letzten Details würde man sich heute anders äußern: Die Parkinson-Krankheit betrifft nicht nur die Motorik, sondern geht auch häufig mit kognitiven Defiziten oder einer Demenz einher.

Jahrzehnte nach Parkinsons Tod stieß der französische Neurologe Jean-Martin Charcot (1825–1893) auf den Aufsatz und erkannte seine Bedeutung. »So kurz das Werk auch ist, so enthält es doch eine Anzahl außerordentlicher Ideen«, schrieb er 1884 an die Adresse seiner Schüler und sprach in seinen Vorlesungen von »Morbus Parkinson« – eine Bezeichnung, die blieb.

James Parkinson konnte den Menschen, die an der nach ihm benannten Krankheit litten, zwar nicht helfen, war aber recht optimistisch, was den medizinischen Fortschritt betraf. »Es scheint genügend Grund zur Hoffnung zu geben, dass bald ein Heilverfahren entdeckt wird, mit dem zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten werden kann«, schrieb er. Allerdings dauerte es noch mehr als 150 Jahre, bis L-Dopa auf den Markt kam, mit dem sich die Symptome der Krankheit behandeln lassen.

Heilen kann man die Parkinson-Krankheit immer noch nicht, doch hat sich die Situation der Betroffenen erheblich verbessert. »Der bisher größte Fortschritt mit erheblichem Gewinn an Lebensqualität für viele Patienten sind medikamentöse Therapien, die das fehlende Dopamin ersetzen«, erklärt Joseph Claßen, Zweiter Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen. »Therapeutisch ist auch die Entwicklung der tiefen Hirnstimulation ein Meilenstein.« In aktuellen Studien geht es unter anderem darum, das Absterben von Dopamin-Neuronen zu stoppen, bevor überhaupt Symptome auftreten. Wichtig ist dabei, die Krankheit möglichst früh zu diagnostizieren.

Hier kann Künstliche Intelligenz helfen: Laut einer britischen Studie können Bewegungssensoren, die am Handgelenk getragen werden, bis zu sieben Jahre vor der Diagnosestellung auf eine beginnende Parkinson-Erkrankung hinweisen.
James Parkinson hatte von all diesen Entwicklungen nichts geahnt. Zu Lebzeiten wurde er in anderer Weise geehrt: 1823 verlieh ihm das Royal College of Surgeons die goldene Ehrenmedaille – in erster Linie für seine Werke über Fossilien.

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