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Hönow: In den Klauen der Seuche

Brandenburgs Auftritt auf der Grünen Woche und die Maul- und Klauenseuche

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.
Im Kampf gegen die Maul- und Klauenseuche: Mit Gewehr und in Schutzkleidung geht es in Hönow zum Stall.
Im Kampf gegen die Maul- und Klauenseuche: Mit Gewehr und in Schutzkleidung geht es in Hönow zum Stall.

Dass Brandenburgs bisheriger Agrarminister Axel Vogel (Grüne) ein Herz für die Biobauern hatte, musste er nicht extra hervorheben. Das verstand sich von selbst. Wegen seines Rufes hatte er aber seine Mühe, die konventionellen Landwirte nicht zu verprellen. Bei der neuen Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) verhält es sich genau umgekehrt. Wenn sie nun ankündigt, sie wolle die Wettbewerbsfähigkeit der Brandenburger Agrarbetriebe erhalten, so fügt sie hinzu: »Und da bitte ich zu erwähnen, dass ich sowohl konventionelle als auch ökologische Betriebe damit meine.«

Ihr Familienbetrieb Ucker-Ei GmbH ist alles andere als ein Biohof und rechtfertigt mit 39 900 Legehennen unter einem Dach durchaus die Bezeichnung Massentierhaltung. Die Frage, ob den Tieren dort vorsorglich Antibiotika verabreicht werden, blockt Mittelstädt ab. Man solle sich an ihre Mutter wenden. In deren Hände übergab Hanka Mittelstädt die Ucker-Ei GmbH, bevor sie im Dezember zur Agrarministerin ernannt wurde.

Dass Mittelstädt bei der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin die Brandenburg-Halle 21a aufsucht, ist nicht neu für sie. Nur ist die 38-Jährige erstmals als Landwirtschaftsministerin dort zu finden. Früher war sie als Vorsitzende der Marketingorganisation Pro Agro präsent. Sie weiß, was Brandenburgs Bauern leisten und wo ihnen der Schuh drückt. Sie weiß auch, welche Möglichkeiten die Grüne Woche eröffnet. Die Brandenburg-Halle sei »seit nunmehr 31 Jahren das Schaufenster für Unternehmen der heimischen Land- und Ernährungswirtschaft«, sagt Mittelstädt.

Vom 17. bis 26. Januar wird die Grüne Woche in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm abgehalten. Pro Agro organisiert zwölf Rundgänge in der Halle 21a unter anderem für Mitarbeiter der Handelsketten Edeka und Rewe. 220 Edeka-Mitarbeiter hatten vergangenes Jahr teilgenommen, für dieses Jahr haben sich mehr als 300 angemeldet, berichtet Dorothee Berger, die bei Pro Agro von der Stellvertreterin Mittelstädts zur Vorsitzenden aufgerückt ist. »Manch ein guter Kontakt ist schon auf der Grünen Woche entstanden. So kommen mehr Brandenburger Produkte in den Handel«, erzählt Berger.

Etwa 250 vor allem kleine und mittelständische Agrarfirmen präsentieren sich in der Brandenburg-Halle an mehr als 70 Ständen. Eberswalder Wüstchen, Teltower Rübchen, Spreewaldgurken und Beelitzer Spargel dürfen dabei nicht fehlen. Auch die Agrargenossenschaft Groß Machnow ist vertreten. Die sagt von sich: »Wir arbeiten sowohl konventionell als auch ökologisch.«

Die aus einer LPG hervorgegangene Agrargenossenschaft Groß Machnow bewirtschaftet etwa 3000 Hektar und hält Schweine und Kühe. Sie zählt zu den Kunden der 2018 gegründeten Stenon GmbH mit Sitz in Potsdam. Die GmbH entwickelte mit dem Farmlab ein Instrument zur Bodenanalyse, mit dem Bauern sekundenschnell und billig bestimmen können, wie viel und welchen Dünger ihr Acker benötigt. Man müsse sich das vorstellen wie einen Spaten, der ins Erdreich gestoßen wird und alle erforderlichen Daten ausspuckt, erläutert Sebastian Saule, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung des Landes Brandenburg. Beim Düngen ließen sich so bis zu 20 Prozent der Kosten sparen. Die Stenon GmbH habe mit dem Farmlab einen Innovationspreis gewonnen, zähle mittlerweile 65 Mitarbeiter und sei in 35 Staaten aktiv, insbesondere in Brasilien, berichtet Saule.

»Mit dem Farmlab kann ich schnell und effizient meine Böden analysieren, ohne lange Wartezeiten und Abhängigkeit von einem Labor«, schwärmt Daniel Töppe, Vizevorsitzender der Agrargenossenschaft Groß Machnow.

»Mit dem Farmlab kann ich schnell und effizient meine Böden analysieren, ohne lange Wartezeiten und Abhängigkeit von einem Labor.«

Daniel Töppe Landwirt

Deutschland steckt in einer Wirtschaftskrise. Doch junge, innovative Firmen – neudeutsch Start-ups genannt – entwickeln sich gegen den Trend gut, sagt Wirtschaftsförderer Saule. 2023 seien in Brandenburg 52 Start-ups gegründet worden, 2024 dann schon 62. Pro Kopf der Bevölkerung gerechnet liege Brandburg damit auf Platz sechs der Flächenländer und sei das bei den Start-ups erfolgreichtste ostdeutsche Bundesland.

Traditionsunternehmen und innovative Start-ups – dem Publikum könne bei der Grünen Woche die ganze Bandbreite der heimischen Land- und Ernährungswirtschaft vorgestellt werden, freut sich Agrarministerin Mittelstädt.

Dass junge Generationen immer weniger Fleisch verzehren, ist Denny Tumlirsch vom Landesbauernverband vergleichsweise egal. Was Veganer zu sich nehmen, wachse schließlich auf den Feldern. »Jeder soll essen, jede soll essen, jeder, jede soll genießen, was er oder sie möchte«, formuliert Tumlirsch flüssig. Er verweist aber darauf, dass Brandenburgs Bauern auf Veredelung angewiesen sind. So fruchtbar wie in der Magdeburger Börde sind die Böden in Brandenburg nicht. Da bleibt den Bauern traditionell oft kaum etwas anderes übrig, als Rinder auf die Weide zu treiben oder Futter für Schweine anzubauen. Dass die Viehbestände sich verringern, bedauert Tumlirsch. Brandenburg schaffe es nicht, den Fleischbedarf der Hauptstadtregion zu decken. Es werde Fleisch importiert.

Nun ist unter Wasserbüffeln in Hönow auch noch die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Nachdem Labortests den Verdacht bei drei verendeten Büffeln am Freitag bestätigten, sind bislang elf weitere Büffel, 170 Schweine, 55 Schafe und Ziegen sowie drei Rinder getötet worden, um die Seuche einzudämmen. Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff nannte die Seuche am Montag einen »Supergau«. Wirtschaftlich seien die Auswirkungen sofort spürbar gewesen. Die Höhe des Schadens sei aber noch nicht zu beziffern.

In Berlin schlossen der Tierpark und der Zoo ihre Pforten genauso wie einige Kinderbauernhöfe. Für wie lange, steht noch nicht fest. Das Zooaquarium bleibt geöffnet. Fische können sich mit der Maul- und Klauenseuche nicht anstecken, aber Giraffen, Kamele und Elefanten. »Als erfahrender Veterinärmediziner bin ich mir der immensen Brisanz der Lage bewusst«, erklärte Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knieriem. Ein Ausbruch der Seuche »hätte katastrophale Konsequenzen für unsere Tiere«.

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