Lobbyverband beschwert sich über Naturschutz

Bauern, Jäger, Fischer und Waldbesitzer fordern von der neuen Landesregierung ein radikales Umsteuern

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.
Angeln entspannt, aber der Brandenburger Anglerverband ärgert sich sehr über die Politik der vergangenen Jahre.
Angeln entspannt, aber der Brandenburger Anglerverband ärgert sich sehr über die Politik der vergangenen Jahre.

Brandenburgs Landnutzer fordern von der im Dezember gebildeten Landesregierung ein komplettes Umsteuern in der Umweltpolitik. Die Phase nach dem abgelösten Umweltminister Axel Vogel (Grüne) müsse genutzt werden, um »den Boden zu entrümpeln«, sagte am Montag Gernot Schmidt als Präsident des Forums Natur Brandenburg. Zugleich ist Schmidt Sozialdemokrat und Landrat von Märkisch-Oderland.

Nicht eine großstädtische »Berliner Sicht« dürfe den Ton angeben, sondern Sachverstand und Ortskenntnis der Menschen im ländlichen Raum seien dabei gefragt, sagte Schmidt. Mit Konflikten sollte so umgegangen werden, »dass die Demokratie nicht gefährdet wird«. Als einer der größten Landbesitzer in Brandenburg müsse die Stadt Berlin endlich ihrer Verantwortung gerecht werden.

Auf brandenburgischem Territorium gibt es die Berliner Stadtgüter und Berliner Forsten. »Die wissen gar nicht, welches Potenzial in diesen Flächen liegt«, bedauerte Schmidt. Das Forum Natur ist kein Naturschutzverband, sondern ein Zusammenschluss von Landwirten, Waldbesitzern, Anglern, Jägern und Fischern. Schmidt spricht unumwunden von einem »Lobbyverband« und davon, dass der Koalitionsvertrag von SPD und BSW die Vermutung nahelegt, dass Fehlentwicklungen in der Land- und Umweltpolitik nun korrigiert werden. »Wir stehen dafür bereit.« Schmidt stellte »fachliche Expertisen unserer Mitglieder« in Aussicht.

Zu den »negativen Entwicklungen der letzten Jahre« zählte Schmidt den misslungenen Versuch, ein zeitgemäßes Jagdgesetz für Brandenburg zu verabschieden. Das Umweltministerium habe tragfähige Kompromisse hintertrieben und »eine Politik gegen uns« gemacht, sagte Schmidt. Dies scheine nun beendet zu sein. »Wir stehen zu Windkraft und Sonnenenergie«, unterstrich er. Ausgleichszahlungen müssten dort erfolgen, wo die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dies erfordere. Man dürfe mit dem Geld nicht länger »Spielereien von Naturschutzverbänden« finanzieren.

Als Präsident des Anglerverbandes schilderte der kürzlich aus der SPD ausgetretene Ex-Sozialminister Günter Baaske, wie der aus seiner Sicht übertriebene Artenschutz von Biber und Fischotter inzwischen die Fischbestände bedrohe. Dort, wo sich einst jahrhundertelang Bachforellen tummelten, gebe es sie heute nicht mehr. »Der Fischotter holt sie raus.« Das Verbot, Schilf zu entnehmen, führe zur Verlandung von Seen und Teichen. »Wir werden drangsaliert, und den Gewässern hat es überhaupt nicht genutzt. Das treibt die Leute auf die Palme«, sagte Baaske.

Er beschwerte sich auch, dass Zusagen nicht gehalten worden seien, das Flüsschen Stepenitz in der Prignitz für Lachse wieder durchgängig passierbar zu machen. Auch Geld sei reichlich versprochen worden. Aber »allen Versicherungen zum Trotz – geschehen ist nichts«.

Rund um sein Dorf haben vor Jahrzehnten Schafherden das Gras kurz gehalten, fuhr Baaske fort. Wegen der hohen Wolfdichte sei es inzwischen jedoch unmöglich, dort Schafe zu halten. Baaske sprach von »spinnerten Ideen des Naturschutzes«. Er meinte: »Das ist kein Naturschutz.«

Eine »Charmeoffensive« der Landesregierung wünschte sich Thomas Weber, Vorsitzender des brandenburgischen Waldbesitzerverbands. Pflege, Schutz und Umbau der Wälder – weg von Kiefernmonokulturen, hin zu Mischwäldern – seien inzwischen mit so hohen Kosten verbunden, dass viele Eigentümer dazu nicht in der Lage seien, beklagte er. Eine Wende sei nur mit motivierten Eigentümern, Jägern und einer kompetenten Landesforstverwaltung zu erwarten. Neben der Neuanpflanzung von Bäumen sei auch die Errichtung von Holzhäusern ein geeignetes Mittel, Kohlendioxid dauerhaft zu binden.

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