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Berlin: Klima und Verkehr müssen bluten
Senat beschließt Investitionsplan bis 2028
Für die dauerkrisengebeutelte Berliner Haushaltslage setzt Finanzsenator Stefan Evers (CDU) inzwischen offenbar auf eine Finanzspritze von ganz oben: »Allzeit Gottes Segen, wir werden ihn brauchen«, eröffnete er am Dienstag die Pressekonferenz nach der Senatssitzung. Zuvor hatte der Senat die Investitionsplanung bis zum Jahr 2028 beschlossen.
Zwar sprach Evers davon, dass das Investitionsvolumen auf ein »historisch hohes Niveau« steigen werde, das »wir perspektivisch sogar steigern werden«. Jedoch werden keinesfalls neue Projekte geplant. Vielmehr werden bei etwa 40 Bauvorhaben die Mittel gekürzt oder sogar ganz gestrichen. Dass der Senat trotzdem mehr Ausgaben für Investitionen plant, liegt primär an den gestiegenen Baukosten. »Aus den gestiegenen Baukosten folgt natürlich eine Steigerung der notwendigen Mittel«, sagte Evers.
Vor allem bei den Mitteln für Umwelt- und Klimaschutz wird die Axt angesetzt: Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm soll nach der Investitionsplanung statt aktuell 24,5 Millionen nur noch mit sieben Millionen Euro auskommen. Auch das als »BENE II« bekannte Förderprogramm für energetische Sanierungen soll knapp die Hälfte seines Umfangs verlieren. Dies entspreche den »Schwerpunkten, die von der Koalition gesetzt wurden«, sagte Evers und verwies auf »harte Entscheidungen, die getroffen werden mussten«.
Der Investitionsplan ist nicht verbindlich, stellt aber ein wichtiges Orientierungs- und Koordinationsinstrument für die Finanzplanung des Senats dar. »Es wird mit Sicherheit noch Änderungen im Doppelhaushalt geben«, sagte Evers. Der Doppelhaushalt 2026/2027 soll im laufenden Jahr beschlossen werden. Evers nannte Unsicherheiten in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung und Steuereinnahmen sowie mögliche Beschlüsse einer neuen Koalition im Bund nach der Bundestagswahl im Februar als Faktoren, die die Finanzlage noch erheblich ändern könnten.
Neben dem Umwelt- und Klimaschutz soll auch der Bereich Verkehr bluten: Auch die Mittel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sollen um knapp die Hälfte der ursprünglich veranschlagten Mittel sinken. Wie der Senat nun seine ambitionierten U-Bahn-Ausbaupläne erreichen will, bleibt vorerst offen. Der Radwegeausbau wird sogar radikal von 6,5 Millionen Euro auf 500 000 Euro gekürzt. Finanzsenator Evers schwächte dies allerdings auf der Pressekonferenz ab. »Es ist falsch, dass wir nichts mehr für den Radverkehr verausgaben«, sagte er. Vielmehr würden die Mittel auf die Bezirke und das Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt umgeschichtet.
Andere Bauprojekte werden mit einem sogenannten Sperrvermerk versehen – alle Mittel zur Bauvorbereitung müssen also von der Finanzverwaltung individuell freigegeben werden. So soll verhindert werden, dass Geld für Planungen für Projekte ausgegeben wird, die am Ende ohnehin nicht realisiert werden können. »Es soll kein Geld für Luftschlösser ausgegeben werden«, sagte Evers.
»Allzeit Gottes Segen, wir werden ihn brauchen«
Stefan Evers (CDU) Finanzsenator
Auch andere Projekte sollen weiterlaufen, obwohl im Investitionsplan keine Mittel mehr für sie bereitgestellt werden. Möglich machen sollen das »alternative Finanzierungswege« – gemeint ist damit in den meisten Fällen ein Umstieg auf Kreditfinanzierungsmodelle. Dabei nimmt der Senat zu günstigen Konditionen Kredite auf und gibt diese an landeseigene Gesellschaften weiter. Der Kernhaushalt wird so entlastet. Evers nannte Hochschulgebäude und die geplante Feuerwehrakademie als mögliche Kandidaten für diese Finanzierungswege.
»Ich warne davor, die Möglichkeiten für unendlich zu halten«, sagte Evers aber auch. Man werde bei der Kreditfinanzierung »enge Planken« setzen. So solle verhindert werden, dass künftige Landeshaushalte durch die Kreditaufnahme übermäßig belastet werden.
Ein »ganz individuelles alternatives Finanzierungsmodell« wurde laut Evers für die Komische Oper gefunden. Die schon laufende Sanierung des traditionsreichen Opernhauses ist von finanziellen Problemen geplagt. Nach dem Plan des Senats soll die Stiftung, die die Komische Oper betreibt, nun ein stiftungseigenes Gebäude mit einer Hypothek belasten, um die Sanierung zu finanzieren. »Die Sanierung kann ohne Unterbrechung fortgesetzt werden«, versprach Evers.
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»Die Klimaschutzpolitik von CDU und SPD bleibt eine Tragödie«, sagt Ferat Koçak, der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordentenhaus, gegenüber »nd«. Die Kürzungen seien »eine soziale und klimapolitische Katastrophe«. Klimaschutz müsse eine Priorität des Senats sein, zudem müsse sich der Senat für ein Ende der Schuldenbremse im Bund einsetzen.
Protest kommt auch von eher unerwarteter Seite. Die ehemalige Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), die im vergangenen Jahr nach einer Plagiatsaffäre zurücktrat und inzwischen als Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer fungiert, nennt die Kürzungen in einer Presseaussendung »kritisch«. »Der Rückgang der Mittel für die Verkehrsinfrastruktur gefährdet zentrale Ziele der Stadtentwicklung«. Schreiner war während ihrer Amtszeit selbst immer wieder in die Kritik geraten, den Radwegeausbau nicht energisch genug voranzutreiben.
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