Späte Einsicht von Joe Biden

US-Präsident will Kuba nach vier Jahren wieder von der Terrorliste streichen

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Frau geht am 14. Januar 2025 an der US-Botschaft in Havanna vorbei. Präsident Joe Biden hebt die Einstufung Kubas als Staat, der den Terrorismus unterstützt, auf.
Eine Frau geht am 14. Januar 2025 an der US-Botschaft in Havanna vorbei. Präsident Joe Biden hebt die Einstufung Kubas als Staat, der den Terrorismus unterstützt, auf.

Es ist eine überraschende Kehrtwende: Noch im Dezember hatte das US-Außenministerium Kuba neben Iran und Nordkorea erneut als »staatlichen Sponsor des Terrorismus« gelistet. Am Dienstag gab das Weiße Haus die Aufhebung der Einstufung Kubas als »staatlicher Sponsor des Terrorismus« bekannt. Gleichzeitig lässt die kubanische Regierung in einer humanitären Geste 553 Strafgefangene schrittweise frei.

»In den ersten Januartagen richtete Präsident Miguel Díaz-Canel ein Schreiben an den Papst, in dem er im Geiste des von Seiner Heiligkeit ausgerufenen und soeben begonnenen Ordentlichen Jubiläums des Jahres 2025 die Entscheidung mitteilte, 553 Personen, die in einem ordnungsgemäßen Verfahren wegen verschiedener Vergehen nach dem Gesetz bestraft wurden, die Freiheit zu gewähren«, schrieb die kubanische Regierung. Ob und wie viele der Freigelassenen Verurteilte im Nachgang der Proteste des 11. Juli 2021 sind, als es auf der Insel zu landesweiten Straßenprotesten kam, war zunächst unklar.

Die Entscheidung der Vereinigten Staaten sei ein Schritt in die richtige Richtung, komme aber zu spät, erklärte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez. Gleichzeitig forderte er ein Ende des seit 1962 bestehenden US-Handelsembargos gegen Kuba. »Kuba hätte niemals in die willkürliche Liste der staatlichen Sponsoren des Terrorismus aufgenommen werden dürfen«, schrieb Rodríguez auf der Plattform X. Die US-Politik der harten Sanktionen gegen Kuba habe schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung von elf Millionen Menschen, schade der Wirtschaft des Inselstaates und fördere die Migration in die USA.

US-Medien berichten von einem von der katholischen Kirche vermittelten Deal. Im Gegenzug lockern die USA einen Teil des wirtschaftlichen Drucks auf Kuba. Neben der Streichung Kubas von der Terrorliste gab Biden die Aussetzung des Klagerechts gemäß Titel III des Helms-Burton-Gesetzes bekannt – eine 1996 vom US-Kongress erlassene Verschärfung der US-Blockade gegen Kuba.

Anfang 2019 hatte Donald Trump als erster US-Präsident die Titel III und IV dieses Gesetzes aktiviert und damit den Weg geebnet für Schadenersatzklagen vor US-Gerichten gegen Unternehmen in Kuba, die nach der Revolution verstaatlichtes Eigentum nutzen. Zudem streicht Washington die schwarze Liste kubanischer Unternehmen, mit denen US-Bürger und -Unternehmen keine Geschäftsbeziehungen unterhalten dürfen.

Kubas Einstufung als »staatlicher Sponsor des Terrorismus« ist seit jeher eine politische Entscheidung der jeweiligen US-Regierung. Kuba war 2015 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama während der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen beider Länder von der Terrorliste gestrichen worden. In einer ihrer letzten Amtshandlungen verkündete die Trump-Administration im Januar 2021 mit scheinheiligen Argumenten die Wiederaufnahme Kubas in die Liste. Dadurch wurden Handel und Finanztransaktionen der ohnehin mit einer Blockade belegten Insel automatisch weiter eingeschränkt.

Unter Trump beendete Washington die Annäherungspolitik Obamas und verfügte insgesamt 243 Sanktionen gegen Kuba. Die Trump-Administration erließ neue Reisebeschränkungen; Flug- und Kreuzfahrtschiffsrouten wurden eingestellt, Diplomaten abgezogen, Geldüberweisungen erschwert und Kuba in Kalter-Krieg-Rhetorik wieder zur »Achse des Bösen« gezählt. Mit dem Amtsantritt Bidens waren auf Kuba Hoffnungen auf einen Neuanfang der US-amerikanisch-kubanischen Beziehungen verbunden. Die aber haben sich nie erfüllt.

Wenige Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Amt erfolgt nun der lange von Havanna geforderte Schritt. Unklar ist, ob Trump, der in der kommenden Woche sein Amt als US-Präsident antritt, die Entscheidung Bidens revidieren wird. Einige seiner Anhänger und republikanische Politiker fordern dies bereits. John S. Kavulich, Präsident des in New York ansässigen US-Cuba Trade and Economic Council, schlug vor, Wetten abzuschließen, »wie viele Tage die Trump-Vance-Administration brauchen wird, um die Entscheidung rückgängig zu machen«, und sprach von »politischem Fehlverhalten« der Biden-Regierung.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -