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Nach »nd«-Bericht: JVA bestätigt wenig Personal, kaum Telefone
Die JVA Tegel äußert sich zu den von »nd« dokumentierten Zuständen
Die Zustände in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel sind desaströs. Das zumindest legt ein offener Brief nahe, den der Gefangene Andreas Krebs im Dezember veröffentlichte und über den »nd« berichtete. Die Senatsverwaltung für Justiz hat nun auf eine nd-Anfrage geantwortet – und die Vorwürfe teilweise bestätigt.
In der Teilanstalt II der JVA Tegel, auf die sich die Beschwerden von Krebs beziehen, seien die Duschen »extrem unhygienisch« und würden nicht regelmäßig gesäubert, so der Gefangene. Die JVA Tegel teilt »nd« mit, dass nach Beschwerden einiger Inhaftierter am 13. Dezember 2024 eine Ortsbegehung der Duschräume stattgefunden habe. Dabei wurden Schimmelstellen festgestellt, die mittlerweile von einer externen Firma beseitigt worden seien. Für die Zukunft wurde das im Anstaltshygieneplan festgelegte Reinigungsprozedere sowie dessen Kontrolle durch die JVA-Bediensteten »nochmals erörtert und für alle bindend festgelegt«, wie die JVA mitteilt.
Neben der Sauberkeit der Duschen hatte Krebs von »sehr große Schwierigkeiten mit der Zahlstelle in der Justizvollzugsanstalt Tegel« berichtet. Die JVA bestätigt, dass es diese gegeben hat. »Es trifft zu, dass es in den letzten Monaten aufgrund personeller Engpässe, aber leider auch aufgrund technischer Probleme mit der Partnerbank zu Problemen in der Zahlstelle der JVA Tegel gekommen ist«, so die JVA. Dies habe Verzögerungen bei sämtlichen Buchungen zur Folge gehabt. Den Gefangenen sei angeboten worden, dass sie sich bei Mahnungen an die Zahlstelle hätten wenden können, damit diese den Gläubigern die Gründe der Probleme darstellen könne. Dieses Angebot sei aber nur von wenigen Gefangenen genutzt worden. Mittlerweile seien die Probleme allerdings behoben. Außerdem seien Vorkehrungen getroffen worden, um eine solche Situation in der Zukunft zu vermeiden.
Gleich bleiben wird vorerst, dass sich pro Station alle rund 30 Gefangenen nur ein Telefon teilen müssen. »Die Situation der Gefangenentelefonie in der Teilanstalt II ist durch bauliche Gegebenheiten bestimmt«, so die JVA. Es wurde zwar geprüft, ob mehr Telefone eingebaut werden könnten, aber Brandschutzvorschriften würden dem entgegenstehen. Seit 2022 wird das Mediensystem der Berliner JVAen überarbeitet. Der Anbieter Telio, der bereits jetzt sein Geld mit Gefangenentelefonie macht, sollte ursprünglich bis Ende 2023 ein »Haftraummediensystem« einschließlich Telefonfunktion in den Zellen der Gefangenen einrichten. Das berichtete »Netzpolitik« Ende 2022. Deswegen sagt die JVA, dass sich die aktuelle Situation perspektivisch deutlich verbessern werde.
Auch die Unterbesetzung bei den Bediensteten bestätigt die JVA. Krebs hatte geschrieben, dass »fast täglich« zu beobachten sei, dass ein Beamter für zwei oder sogar drei Stationen zuständig ist. Der verfügbare Personalbestand liege derzeit bei 85 Prozent, so die JVA. Anstatt der 13 oder 14 täglich für die Dienstsicherung benötigten Stationsbediensteten seien im Durchschnitt nur zwölf Bedienstete anwesend. Deswegen »muss situativ eine unbesetzte Station durch einen beziehungsweise mehrere Bedienstete zusätzlich übernommen werden«, so die JVA.
Was das Anstaltsessen betrifft, von dem Krebs sagt, es sei nicht nur »ungenießbar«, sondern »oft für einen normalen Gefangenen nicht mehr ausreichend«, verweist die Anstalt auf das Zentrale Verpflegungsmanagement in der JVA Plötzensee. Dieses orientiere sich bei der Bemessung der Tagesportionen an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). »Ziel der Richtwerte ist das Erreichen einer ausgeglichenen Energiebilanz beziehungsweise einer Energiebilanz, mit der langfristig ein gesundheitsförderndes Körpergewicht erreicht wird«, so die JVA. Mit durchschnittlich 2500 bis 3000 Kilokalorien pro Tag liegt nach Angaben der JVA die Versorgung über den Richtwerten der DGE. Und: »Zur Qualitätssicherung werden von der Anstaltsverpflegung täglich sowohl von Bediensteten als auch von Gefangenen Kostproben genommen«, so die JVA.
Ob die öffentlich gemachten Missstände über die bereits getroffenen Maßnahmen hinaus Konsequenzen haben werden, ist noch nicht sicher. Zwar könnten Eingaben und Beschwerden von Gefangenen auch dazu führen, dass die Justizverwaltung sich vor Ort ein Bild der Situation mache. »Ob die Notwendigkeit einer Begehung durch die Fachaufsicht besteht, wird noch geprüft«, so die Senatsverwaltung für Justiz.
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