RBB-Skandal vor Berliner Gericht: Ex-Intendantin will Geld

Gerichtstermin: Gütliche Einigung über 18 300 Euro Ruhegehalt für Patricia Schlesinger noch möglich

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Wieder einmal im Rampenlicht: Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger am Mittwoch im Landgericht an der Berliner Littenstraße.
Wieder einmal im Rampenlicht: Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger am Mittwoch im Landgericht an der Berliner Littenstraße.

Ist es nicht unanständig, ist es nicht sogar sittenwidrig von der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger, so einen Batzen Geld zu verlangen vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB)? Für eine Arbeitsleistung im Wert von rund drei Millionen Euro letztendlich neun Millionen kassieren, dies wäre doch »ein grobes Missverhältnis«?

Das fragen die Anwälte des Senders am Mittwoch bei einem Termin vor dem Landgericht Berlin II. Sie reagieren verärgert, als sie merken, dass Richter Thomas Markfort über moralische Fragen anscheinend nicht diskutieren will, da sie in der Sache nicht entscheidend sind. »Sonst noch was?«, fragt der Richter langsam ungeduldig. Der RBB habe Schlesinger solche Konditionen nun einmal angeboten, als sie 2016 vom Sender NDR zum RBB wechselte. Ob der RBB die vertraglichen Vereinbarungen wegen möglicher grober Pflichtverletzungen widerrufen darf, ist nicht heraus. Unklar bleibt auch, ob sich Schlesinger auf die Unterschrift des Verwaltungsratsvorsitzenden verlassen durfte oder ob sie sich hätte vergewissern müssen, dass der gesamte RBB-Verwaltungsrat eine besondere Vergütung für Chefposten beim Sender wirklich beschlossen hatte.

Die Einkünfte und die Vorwürfe

Es geht vor allem um 18 300 Euro Ruhegehalt monatlich und lebenslang, die Schlesinger nach ihrer Entlassung begehrt. Die Summe würde ihr laut Vertrag rückwirkend ab Januar 2023 zustehen. Irgendwie anzurechnen wären immerhin die 25 000 Euro monatlich, die sie von Februar bis November 2023 anderweitig verdiente – aber wie genau, das bleibt am Mittwoch offen. Schlesingers Vertrag soll an dieser Stelle nicht eindeutig formuliert sein. Eine Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303 000 Euro im Jahr und ein teurer Dienstwagen mit Massagesitzen. Neun Einladungen an drei bis elf Gäste zum Essen bei sich daheim, abgerechnet als Spesen beim RBB. Fragwürdige Beraterverträge und ein laxer Umgang mit den Regeln zur Kollision privater und beruflicher Interessen. Das waren kurz zusammengefasst die Vorwürfe, die 2022 zum Rauswurf von Schlesinger führten.

Eine Art Rente schon vor der Rente

Doch die inzwischen 63-Jährige könnte sofort 18 300 Euro Ruhegehalt beanspruchen – nicht erst, wenn sie im Februar 2028 das Rentenalter erreicht. Das wären 60 Prozent ihres Arbeitseinkommens plus eine jährliche Steigerung um drei Prozent, heißt es von den RBB-Anwälten. Schlesinger ist wie vom Gericht verlangt persönlich erschienen und sagt auch ein paar Worte zu ihrer sogenannten ARD-Zulage: Dass dieser Aufschlag auch bei anderen Rundfunkanstalten gewährt wurde, wisse sie noch aus ihrer Zeit beim NDR. Zumeist spricht aber einer von Schlesingers Anwälten für sie.

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Er schlägt dann nach Absprache mit ihr einen Vergleich vor. Die Ex-Intendantin würde demnach die 18 300 Euro nicht rückwirkend ab Januar 2023 erhalten, sondern erst ab Juli 2024. Auf rund 300 000 Euro würde Schlesinger damit verzichten. Die Gegenseite will sich das bis Mai überlegen und mit dem RBB-Verwaltungsrat besprechen. Eine Summe als Gegenangebot wird am Mittwoch nicht genannt. Wenn es eine gütliche Einigung gibt, soll der Fall aber damit insgesamt abgeräumt werden. Das gehört zu den wenigen Dingen, über die man sich einig ist.

Darum gibt es am Mittwoch auch noch keine Verständigung über leichter zu klärende Fragen: Bezahlt Schlesinger 5696 Euro für ihren beschädigten Dienstwagen? Noch einfacher zu beantworten: Erstattet sie den Preis für ein Frühstück, das bei einer Dienstreise ihr mitgekommener Ehemann verzehrte? Schlesinger hatte auch das beim RBB abgerechnet – »versehentlich«, wie ihr Anwalt versichert.

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