Weltcup am Feldberg: »Historisch für den Behindertensport«

Im Hochschwarzwald wird der erste Weltcup im Para-Alpin-Ski in Deutschland ausgetragen

  • Lars Becker
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch für die mehrmalige Paralympics-Siegerin Anna-Lena Forster ist der erste Heim-Weltcup etwas Besonderes.
Auch für die mehrmalige Paralympics-Siegerin Anna-Lena Forster ist der erste Heim-Weltcup etwas Besonderes.

Justus Wolf ist eigentlich Bundestrainer der deutschen Para-Alpin-Skifahrer. In den letzten Wochen war er jedoch »Mädchen für alles«. Vom Hotelmanager über den Sponsoring-Beauftragten bis zum Streckenverantwortlichen. Natürlich hat der Coach deshalb auch das nötige Pistenmaterial von Stangen bis zu Absperrungen vom Tegernsee an den Feldberg gekarrt. Denn dort steht seit Dienstag ein dreitägiger Weltcup auf dem Plan – der erste Para-Alpin-Weltcup der Geschichte in Deutschland.

»Das ist ein historisches Event für den Behindertensport«, wählte der ehemalige Monoski-Doppel-Weltmeister Georg Kreiter vor dem Start des Events große Worte. Die sind tatsächlich angebracht, denn es ist endlich gelungen, die außergewöhnlichen Sportler mit Handicap auch außerhalb der Paralympics stärker in den Blick zu rücken. Mehr als zwei Millionen Menschen schauten in Deutschland bei den Weltspielen für Menschen mit Behinderung an den Bildschirmen zu – ob nun im vergangenen Sommer teilweise zur Prime Time in Paris oder 2022 bei den letzten Winter-Paralympics in Peking zu Corona-Zeiten.

»Zwischen den Paralympics verschwinden wir dann regelmäßig in der Versenkung«, bemängelte Bundestrainer Wolf. Bis jetzt – denn der Weltcup am Feldberg wird durchgängig im ZDF-Livestream übertragen. Georg Kreiter wird dann als Experte dabei sein: »Die Zuschauer werden sehen, was das für ein superspannender Sport ist, meiner Meinung nach der schönste Para-Sport. Und das in Deutschland, bei einem Weltcup vor der Haustür.« Möglich gemacht wurden die Übertragungen durch einen Produktionskostenzuschuss des öffentlich-rechtlichen Senders und das Engagement von Sponsoren.

Natürlich hatte Wolf auch dabei seine Finger im Spiel. Mit Paravan, einem Weltmarktführer für den behindertengerechten Umbau von Autos, wurde ein passender Titelsponsor gefunden. »Ansonsten ist dieser Weltcup eine Kooperation der Feldbergbahnen als Event-Gastgeber und des Skiverbands Schwarzwald, der für die Ausrichtung und die Helfer verantwortlich ist«, berichtet der Bundestrainer. »Alle sehen das als Investition in die Sportart, damit endlich einmal in Deutschland in unserem Sport etwas in Gang kommt.«

Bisher schien nämlich hierzulande das Finanzierungsproblem für derlei Para-Alpin-Events schier unlösbar – obwohl speziell die Sportlerinnen um die mehrmalige Paralympics-Siegerin Anna-Lena Forster die Weltspitze mit dominieren. Sponsoren machen ihr Engagement oft von TV-Übertragungen abhängig, die wiederum (zu viel) Geld kosten. Nun scheint dieser Kreislauf endlich durchbrochen, auch dank des Engagements von Justus Wolf. »Ich hoffe, dass wir aus diesem Event mit Null rauskommen, und ich hoffe, dass wir das in den nächsten Jahren wiederholen können. Schließlich sind die Strukturen einmal da, und das bleibt für die nächsten Jahre.«

Da kann es Wolf auch verschmerzen, dass er in den letzten Tagen vor dem Premieren-Weltcup nicht besonders viel zum Schlafen gekommen ist: »Das Ganze war schon eine verrückte Idee.« Auch deshalb, weil es in der Feldbergregion vor allem viele kleine Gasthöfe gibt, bei denen es mit der Zugänglichkeit für Rollstühle das eine oder andere Problem gibt. Aber auch diese Hindernisse wurden mit Hilfe der Hochschwarzwald Tourismus GmbH aus dem Weg geräumt – die etwa 160 Aktiven wurden auf Hotels verteilt. Die Helfer dürfen in der Bundeswehr-Kaserne gegenüber dem Zielhang wohnen, wo es Bewirtung und sogar eine Videoleinwand gibt.

Bleibt für den Bundestrainer nur noch ein Problem zu lösen: »Beim nächsten Weltcup muss in der Kalenderplanung berücksichtigt werden, dass am Feldberg dann auch am Wochenende gefahren wird.« Damit künftig noch mehr Zuschauer und Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft live dabei sein können. Das »historische Event« soll bei all der Arbeit schließlich keine Eintagsfliege bleiben.

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